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1848 - Zerrspiegel

Titel: 1848 - Zerrspiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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der eifrigsten Betenden. Doch anscheinend war die Erinnerung an die ständigen Alpträume zu lebendig und trübte ihre Willenskraft.
    Vor ihren Augen und gegen ihren Willen entstanden kleine Schreckgespenster und Quälgeister, die später die schwirrenden Enacho genannt wurden.
    Voller Schrecken versuchte die Mahnerin, diese Schöpfung rückgängig zu machen, gezielt die schwirrenden Enacho zum Erlöschen zu bringen und statt dessen die guten Wesen hervorzubringen.
    Sie war hoch begabt, und es war nicht ihr erstes Gebet! Es maßte ihr doch gelingen!
    Aber sie schaffte es nicht, sie konnte die Trance nicht mehr steuern - sie nicht und alle anderen Herreach auch nicht; nicht einmal Presto Go.
    Die schwirrenden Enacho entstanden zu Hunderten, in unkontrollierbarer Zahl. Ebenso unkontrolliert suchten sie die Herreach heim. Sie schienen nur aus Feuer und Rauch zu bestehen, sie besaßen keine Gesichter oder genaue Körperformen.
    Wie glühende Braadstückchen sausten sie durch die Luft, fielen schrill pfeifend über die Betenden her.
    Sie zwickten in die durchscheinende Haut, zogen und zerrten an ihren Gewändern, rissen sie nahezu in Fetzen und trommelten mit feurigen Fäustchen auf die haarlosen Köpfe ein.
    Die Herreach konnten sich nicht gegen sie wehren; sie versuchten sie mit den Händen wegzuschlagen, doch die schwirrenden Enacho bissen sich an ihnen fest, hingen in Kletten zu zehn oder zwanzig an fliehenden Herreach, schlugen ihnen die Füße weg und rissen sie zu Boden.
    Die Gebetsrunden wurden abrupt unterbrochen. Zahlreiche Herreach rannten umher und versuchten, der kleinen Quälgeister Herr zu werden. Glücklicherweise lösten sie sich nach dem Abbruch der Trance relativ schnell auf, aber Schrecken und leichtere Verletzungen blieben als Erinnerung zurück.
    Und die beginnende Furcht vor neuen Sitzungen ...
    Presto Go wurde mit Fragen bestürmt: „Was ist das? Was ist nur mit uns geschehen? Wo kommen diese Biester her?" Sie wußte keinen Rat.
    Ihr war im Verlauf des Gebets bewußt geworden, daß diese winzigen Plagen von den Herreach selbst geschaffen wurden, nicht von jener fremden Macht. Diese Entwicklung machte ihr große Sorge.
    Das Wesen der Herreach veränderte sich, und es schien, als ob verborgene Ängste aus der Urzeit, dem Beginn der Entwicklung, wieder erwachten.
    Sie konnte das ihren Anhängern nicht sagen, um ihre Ängste nicht noch mehr anzuschüren - nicht zu diesem Zeitpunkt. Sie wußte, daß die schwirrenden Enacho aus der Unsicherheit geboren worden waren auch aus ihrer eigenen Unsicherheit. Das Unterbewußte kämpfte sich frei an die Oberfläche, übernahm die Herrschaft über den sachlichen Verstand.
    Sie selbst hatte zu der Erschaffung dieser Geschöpfe beigetragen, hatte sich selbst nicht mehr unter Kontrolle. Obwohl sie die Ursache kannte, konnte sie sie nicht bekämpfen.
    Das zermürbte Presto Go am allermeisten: daß sie nicht besser, stärker oder erhabener als die anderen Herreach war. Sie war vielleicht klüger als die anderen, konnte Zusammenhänge rascher und schneller erkennen und übergreifende Dinge besser verstehen.
    Ihr Verstand konnte sich schnell den Gegebenheiten anpassen und sein Begriffsvermögen stetig erweitern. Doch trotzdem beherrschte ihr Verstand nicht vollständig ihren Körper, ihre Instinkte.
    Das Bedrohliche, das immer mehr von ihrem Volk Besitz ergriff, war stärker als sie, ihr noch weit überlegen. Es blieb weiterhin nicht zu fassen, weil es seinen Herausforderern nie begegnete, sich ihnen niemals stellte.
    Es griff sie weder direkt mit Waffen an noch auf mentaler Ebene. Das hatte es gar nicht nötig. Was immer es auch war, es verstand es, Zusammenhänge auf einer Ebene zu begreifen, die Presto Gos Verständnis überstieg, und für sich nutzbar zu machen.
    In diesem Fall nutzte es das Wesen der Herreach, so daß sie sich selbst bekämpften statt das Grauen.
    Der fremde Feind weckte einfach die Urängste der Herreach, stachelte ihre beginnende Panik an. Er hatte leichtes Spiel, da er mit den Alpträumen und dem ständigen Gefühl, von etwas Unheilvollem beobachtet zu werden, gute Vorarbeit geleistet hatte.
    Das unsichtbare Grauen hatte die Herreach voll und ganz in der Hand.
     
    7.
     
    Trokan: Schrecken ohne Ende Presto Go war weit entfernt davon, einfach aufzugeben. Sie verstand, worum es ging, auch wenn sie nicht dagegen angehen konnte.
    Sie bemerkte wohl die aufsteigende Furcht der Herreach vor neuen Gebetsrunden, durfte aber nicht nachgeben. Wenn sie

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