185 - Die drei Gesichter des Todes
interessierte sie nicht, was im Geschäft passierte.
Ein Kunde ließ sich goldene Armbänder zeigen, ein anderer beriet sich mit seiner Frau, welche Armbanduhr er nehmen solle. Der Holländer griff sich die Armbänder und stopfte sie in seine Taschen. Dann zertrümmerte er den Glastisch mit der Faust und schnappte sich auch noch zwei Perlenkolliers.
Der Juwelier überwand die Schrecksekunde in Gedankenschnelle und drückte auf den Knopf der Alarmanlage. Die beiden Kunden halfen ihm, den Holländer zu überwältigen.
Wie von Sinnen schlug der Bärtige um sich, doch gegen drei kräftige Männer war er machtlos. Sehr bald mußte er kapitulieren. Sie sperrten ihn in einen fensterlosen Raum, und als die Polizei fünf Minuten später zur Stelle war, holten sie ihn wieder heraus.
Er hatte sich inzwischen beruhigt und gab dem aufgebrachten Juwelier freiwillig dessen Eigentum zurück. Er sagte, er könne sich diesen »Ausrutscher« nicht erklären, doch niemand glaubte ihm.
»Dieses Mädchen!« sagte er. »Es muß mich hypnotisiert haben.«
Etwas Dümmeres hatten die Polizisten noch nicht gehört. Sie führten ihn ab.
Und Xematha wartete auf der Mole neben dem Fischerhafen auf die Nacht…
***
Lance Selby war im Begriff, Paddington zu verlassen, als Mago zuschlug. Ein zweistöckiger Autobus kam plötzlich von links auf sie zu. Der Fahrer schien die Herrschaft über das Riesengefährt verloren zu haben.
Mit aufgerissenen Augen saß er hinter dem Steuer. Er lenkte nicht, bremste nicht, starrte nur auf den Wagen, in dem Chrysa, Lance Selby und Mr. Silver saßen.
Der Parapsychologe versuchte den Zusammenstoß zu vermeiden. Er rammte den Fuß gegen das Bremspedal und riß das Lenkrad herum, doch der Bus fuhr zu schnell.
Schon krachte es.
Der monströse rote Bus schob Lance Selbys Wagen vor sich her und drückte ihn gegen eine Hausmauer. Chrom klapperte auf den Asphalt. Glas splitterte, Kühlerwasser plätscherte dampfend auf den Gehsteig.
Es wäre auch möglich gewesen, daß Benzin auslief.
Aber Mago brauchte den Treibstoff nicht, um noch größere Verwirrung zu stiften. Er schuf einen Flammenteppich, damit Chrysa, Lance Selby und Mr. Silver schnellstens den Wagen verlassen mußten.
»Raus!« schrie der Parapsychologe auch prompt.
Mago lag auf der Lauer.
Das von ihm entfachte Feuer qualmte, rußige Schwaden stiegen hoch und hüllten die beiden Fahrzeuge ein. Der Busfahrer sprang auf die Fahrbahn. »O mein Gott!« Er schlug die Hände über dem Kopf zusammen.
Sein Bus war nur mit wenigen Leuten besetzt gewesen. Sie brachten sich hastig in Sicherheit.
»Dafür kann ich nichts!« schrie der Fahrer. »Ein technisches Versagen… Ist jemand verletzt?«
Lance Selby stolperte hustend durch die schwarzen Schwaden. Mr. Silver verlor Chrysa aus den Augen, und im nächsten Moment war Mago neben ihr.
Sein magischer Schlag traf sie völlig unvorbereitet. Sie hatte nicht einmal Zeit zu schreien, von einer Gegenwehr ganz zu schweigen.
Als der Ex-Dämon aus den Schwaden kam, rief Lance: »Wo ist Chrysa?«
»Ich dachte, sie wäre bei dir.«
Sie tauchten noch einmal ein in den Rauch und suchten die weiße Hexe, doch sie fanden sie nicht. Da begriffen sie, daß diesen Unfall Mago perfekt inszeniert hatte.
Mr. Silver zerbiß einen Fluch zwischen den Zähnen.
***
»Ich gehe nach Marokko«, sagte Juan Avilas im Speisesaal. Lustlos schaufelte er den grauen Brei in sich hinein, um bei Kräften zu bleiben. »Habe dort Freunde. Sie werden mir helfen, unterzutauchen, und wenn ich aus der Versenkung wieder hochkomme, wird es Juan Avilas nicht mehr geben. Dann werde ich Manolo Casso oder sonstwie heißen und ein Leben in Frieden führen.«
Kezal hatte bis jetzt nichts gegen mich unternommen, das fand ich eigenartig. Aber Juan Avilas meinte, es wäre bloß die Ruhe vor dem Sturm.
Der Aufseher würde sich auf das, was er mir antun wollte, gründlich vorbereiten, damit ihm niemand daraus einen Strick drehen konnte.
Diesmal würde er die Arbeit nicht die anderen tun lassen, war Juans Ansicht. Kezal selbst würde mich »ganz langsam in Stücke reißen«.
Einer von Horace Vargas’ Leibwächtern stand plötzlich mit seinem Blechnapf neben mir. »Ballard.«
»Hm?«
»Sollst zu Vargas kommen.«
Ich schielte nach Kezal, der das bestimmt nicht zugelassen hätte, aber mein Todfeind war soeben im Begriff, den Speisesaal zu verlassen.
Ich nahm mein Aluminiumgeschirr auf und setzte mich auf den freien Platz neben Vargas, der mich
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