1853 - Im Zeichen von Thoregon
METHARE verließ die Pentrische Wolke durch einen der nur den Galornen bekannten Korridore und erreichte den freien Weltraum.
Für Kaif Chiriatha war es ein überwältigendes Erlebnis. Zum erstenmal sah sie die Sterne, von denen sie immer geträumt hatte, in der Realität funkeln, und sie hörte ihre ungeheure Lockung: Komm, Kaif, komm zu uns ...
Als Kind hatte sie davon geträumt, das Universum zu erobern. Heute war sie demütiger und atmete den Hauch des Kosmos.
Als sehr junge Schülerin war sie vor dem Lebenden Nichts im Zentrum des Navigationstisches einer nachgebauten Schiffszentrale zurückgeschreckt. Jetzt fühlte sie das Atmen des Weltalls mit allen seinen Sonnen und Planeten; das Kommen und Gehen der Gezeiten mit ihren Gravitationsstürmen; Geburt und Tod von Gestirnen, Nebeln und Galaxien.
„Wie lange werden wir bis nach Tasch-Term brauchen, Meeno?" fragte sie den Piloten der METHARE.
Die Frage war an sich überflüssig, sie wußte es. Sie hatte den Kurs gewählt und jede einzelne Etappe genau im Kopf.
Doch sie wollte es von ihm, Meeno Haaff, hören. Er war der erfahrene Raumfahrer, sie nicht. Was sie theoretisch errechnet hatte, konnte sich hier, außerhalb der Sicherheit der Pentrischen Wolke, als ungenau, vielleicht sogar falsch erweisen. In der Theorie beherrschte sie die Raumfahrt längst souverän, aber es gab so viele Faktoren und Einflüsse, denen sie nie in der Praxis begegnet war ...
... und weshalb, das begriff sie erst jetzt, es so wichtig für sie gewesen war, auf diese Reise zu gehen. Sie hatte sich in ihrem bisherigen Leben stets durchsetzen müssen, war an Grenzen gestoßen und hatte sie durchbrochen. Sie hatte alles erreichbare Wissen in sich aufgesogen, bis es ihr schließlich in Fleisch und Blut übergegangen war.
Nur von der Welt jenseits der Dunkelwolke, da wußte sie nichts - jedenfalls nicht wirklich. Sie verstand, warum Ce Rhioton ihr zu der Reise geraten hatte.
Sollte sie eines Tages zu seiner Nachfolgerin werden, dann durfte sich ihre Erfahrung nicht auf das Innere der Wolke und das beschränken, was sie aus den Datenträgern über die Welt außerhalb, die wirkliche Welt, erfahren konnte. Sie mußte das Universum erfühlen - vor Ort, nicht in ihren Meditationen.
„Dank unseres Triebwerks nur etwa zwei Tage", sagte Meeno Haaff auf ihre Frage.
*
Plantagoo war von der Ausdehnung und Form her in etwa mit einer Galaxis zu vergleichen, mit deren Bewohnern die Galornen noch niemals direkten Kontakt gehabt hatten, die von einem Teil ihrer Bewohner „Milchstraße" genannt wurde. Es gab hier wie dort eine große Völkervielfalt mit wichtigen, raumfahrenden Zivilisationen und solchen, die ihre Heimatwelt nicht verließen und es vorzogen, in ihrer Ruhe und Abgeschiedenheit zu leben.
Längst hatten die Völker sich vom Terror der alten Galornen erholt, es herrschte der Friede für Plantagoo. Die Galornen, die einst den Krieg verherrlicht und durch Plantagoo getragen hatten, waren nunmehr der Garant dafür, daß dieser Friede von niemand ernsthaft gestört wurde.
Tat ein Volk dies dann doch, so hatte es im Extremfall mit einer schweren Bestrafung zu rechnen.
Zuletzt war dies vor knapp tausend Jahren nötig geworden - im Fall der Zentrifaal.
Kaif Chiriatha war noch nicht sicher, ob sie auch ihnen einen Besuch abstatten sollte. Ihr war bekannt, daß es dort seit geraumer Zeit bereits wieder zu beunruhigenden Vorfällen gekommen war, die ein zweites Shifting nicht ausschließen mochten. Kaif dachte mit Schaudern daran, daß sie es sein könnte, die einmal den Befehl dazu geben mußte.
Sie wollte ihre Rundreise jedoch mit positiven Eindrücken beginnen und landete zwei Tage nach dem Verlassen der Dunkelwolke mit der METHARE auf dem Planeten Tasch-Term im System der Sonne Gronen.
Ein Gefühl der Andacht überwältigte sie für einige Augenblicke, als sie sich klarmachte, daß sie gewissermaßen auf den Spuren von Londa Dad wandelte. Hier hatte diese Galornin das gefunden, was die Geschicke ihres ganzen Volkes zum Guten hin gelenkt hatte.
Kaif Chiriatha stieg auf dem Raumhafen Prevven aus. Ein spezielles Deflektorfeld schützte sie vor optischer Beobachtung wie auch vor Ortung jeglicher Art, während ihre Adlaten mit den auf Tasch-Term lebenden Artgenossen Gespräche führten. Sie begründeten den Besuch offiziell damit, daß sie über effizientere Wege des Kasch-Phee-Transports in die Pentrische Wolke beraten wollten.
Zwei Adlaten aus der METHARE-Besatzung, die dabei
Weitere Kostenlose Bücher