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186 - Wächter der Stille

186 - Wächter der Stille

Titel: 186 - Wächter der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
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wurde.
    »Was machst du da?«, schimpfte Quart’ol. »Das ist ein Transporter, kein Rammbock!«
    Vogler betrachtete nachdenklich die Zeichen an der Quallenwand, die im Scheinwerferlicht zu Schatten wurden.
    »Komisch«, murmelte er. »Irgendwie habe ich das Gefühl, ich hätte das schon mal gesehen.«
    »Das Tor?«, scholl Quart’ols Stimme aus dem Helmlautsprecher.
    Der Marsianer schrak auf. »Hmm-m? Nein, ich meinte die Schrift auf dem mittleren Oval! Schwimm mal näher ran! Kannst du lesen, was da steht?«
    »Nicht mal, wenn ich mit der Nase dran stoße! Das ist eine uralte Schreibweise, die kennt heute keiner mehr«, scholl es zurück.
    Quart’ol suchte das komplette Portal ab, den Rahmen, sogar die nähere Umgebung. Nirgends fand sich etwas, das auch nur annähernd nach einem Öffnungsmechanismus ausgesehen hätte.
    »Verdammt! Irgendwie muss man da reinkommen!«, zischte er und drückte in seiner Verzweiflung sogar auf einzelne Schriftzeichen. Seit Quart’ol ein halbes Jahr in Matts Verstand zugebracht hatte, erinnerte er sich oft an die Lieblingsfilme seines Menschenfreundes. Doch was bei Indiana Jones gut funktionierte, versagte am Tor von Gilam’esh’gad kläglich.
    »Warum sprengen wir das Ding nicht einfach?«, fragte Clarice.
    Überrascht fuhr Quart’ol herum. »Das wäre eine Möglichkeit«, sagte er stirnrunzelnd und setzte sich in Bewegung. »Wenn ich so darüber nachdenke, ist es sogar eine richtig gute Idee, Clarice!«
    Vor Reiseantritt hatte Quart’ol die Transportqualle mit zwei hydritischen Torpedos bestücken lassen. Sie waren nicht dafür gedacht, Menschenschiffe anzugreifen, oder gar einen Waal zu durchlöchern; sie dienten nur zur Abwehr großflächig auftretender Gefahren, zum Beispiel aggressiven Fischschwärmen. Deshalb besaßen diese bionetischen Superkavitationsgeschosse
    (Hochgeschwindigkeitstorpedos, werden mit sehr geringem Strömungswiderstand durchs Wasser geführt) keinen Aufschlagzünder, sondern wurden ferngesteuert kurz vor dem Ziel zur Explosion gebracht. Es war die Druckwelle, die den Gegner ausschaltete, nicht der Torpedo selbst.
    »Mit einer Druckwelle lassen sich auch widerborstige Türen öffnen«, sagte Quart’ol, als er wieder an Bord war und die Steuerung übernahm. Er lenkte die Transportqualle rückwärts vom Portal weg. »Wir gehen jetzt auf Sicherheitsabstand. Wappnet euch für die Druckwelle; die wird uns ganz schön durchschütteln. Fertig? Gut!« Er nickte grimmig. »Dann wollen wir dem Ding mal eine Türklinke verpassen!«
    Clarice lächelte, Vogler wirkte angespannt. Er schien noch immer über die Frage nachzudenken, ob und wo er diese Schriftzeichen schon gesehen hatte.
    Quart’ol berührte ein rotes Kontaktfeld, schwenkte sofort auf ein anderes, ließ die Hand darüber schweben. Ein akustischer Countdown lief an. Vom Unterbauch der Qualle löste sich ein schlankes spitzes Objekt und zischte davon. Das Wasser hinter seinem Heck verdampfte, machte den Torpedo unsichtbar. Der Countdown endete. Quart’ols Hand schlug herunter, und es gab einen Donnerschlag draußen, dass die Welt erbebte.
    Der ganze Pazifik schien nach rechts und links zu fliehen!
    Eine Millisekunde lang stand die Außenwand des Portals im Trockenen. Dann flogen die Türhälften auf, wie von einer Urgewalt getroffen. Als das Wasser zurück ins Vakuum strömte, wurde auch die Transportqualle erfasst, nach vorne gerissen und mitsamt ihren Passagieren durch das Tor gesaugt.
    Sie drehte sich noch um sich selbst, von ihren eigenen verwirbelten Tentakeln umhüllt, als irgendwo in den Mauern von Gilam’esh’gad, außer Sicht und Reichweite, eine uralte bionetische Sicherungsautomatik zum Leben erwachte.
    Quart’ol versuchte die Transportqualle zu stabilisieren, während die Marsianer damit beschäftigt waren, ihre Übelkeit niederzukämpfen. Alle drei fuhren plötzlich herum.
    Hinter ihnen schloss sich rumpelnd das Felsportal.
    »Wir sind gefangen!«, sagte Clarice entsetzt.
    »Nein, wir sind drin«, verbesserte Quart’ol. Er breitete die Arme aus. »Willkommen in Gilam’esh’gad!«
    »Könnte sein, dass du dich irrst.« Voglers Stimme klang nach Verdruss, und den gab es auch. Der Waldmann zeigte wortlos nach draußen. Die Transportqualle befand sich in einer Schleuse. Es war hell hier, das wurde Quart’ol und Clarice anfangs gar nicht bewusst. Gelb leuchtende Mikroorganismen an der Decke sorgten für das angenehme Licht. In der gegenüberliegenden Wand war ein hohes Tor, und darüber

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