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186 - Wächter der Stille

186 - Wächter der Stille

Titel: 186 - Wächter der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
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hing ein bionetisches Anzeigefeld. Der Schriftzug wechselte alle zehn Sekunden. Hin und zurück.
    »Ich bin nicht sicher, was da steht«, sagte Vogler. »Aber das ganze Szenario hier erinnert mich fatal an einen Ort auf dem Mars, den ich kenne. An eine Anlage der Alten… der Hydree«, verbesserte er sich. Er blickte Clarice an. »So weit ich mich erinnerte, handelte es sich um einen Sperrbereich, in dem Genkapseln gelagert wurden.«
    »Genkapseln?«, echote Quart’ol.
    »Große Kugeln, in denen ein Stasisfeld erzeugt wurde, mit Hunderten von genetischen Proben ausgestorbener Tiere und Pflanzen«, erklärte Vogler. »Unsere Wissenschaftler hatten seinerzeit damit experimentiert, um Nutztiere nachzuzüchten. Einige der Arten waren… gefährlich. Im Nachhinein wurde uns klar, dass der Bereich als Sperrzone deklariert gewesen sein muss.«
    »Ah, verstehe! Jurassic Park!« Quart’ol nickte.
    »Ju… was?«, fragte Vogler irritiert.
    Der Hydrit winkte ab. Er brauchte mit dem alten Film aus Matts Erinnerung gar nicht erst anzufangen; die Marsianer würden den Vergleich kaum nachvollziehen können.
    Clarice enthob ihn einer Antwort. »Sie sind weg!«, sagte sie plötzlich. »Die Zeichen sind erloschen! Seht nur!«
    Beim Anblick des dunklen, stillen Anzeigenfeldes beschlich Quart’ol ein ungutes Gefühl.
    »Vielleicht sollten wir besser verschwinden«, sagte er noch, als die mikrobiologischen Deckenorganismen unvermittelt zu blinken begannen. Hell, dunkel, hell, dunkel – wie das Licht in den Tunnelröhren der Hydriten, wenn jemand aus einer Querverbindung kam. Quart’ols Nackenkamm sträubte sich, dass die Spitzen ins Fleisch der Transportqualle stachen.
    Fließend und unaufhaltsam schwang das innere Schleusentor auf…
    ***
    Im ersten Moment musste es für Quart’ol und die Marsianer so aussehen, als sei die Schleuse ein Weg zurück ins Meer, denn hinter dem zweiten Tor lag – offenes Wasser! Dass es sich aber nicht um den Pazifik handelte, wurde ihnen spätestens klar, als sie nach oben schauten.
    Irgendwo in schwindelnder Höhe spannte sich eine Art Himmelskuppel, von biolumineszenten Kleinstlebewesen besetzt, die eine merkwürdige Helligkeit verbreiteten. Es war, als würde man durch ein Nachtsichtgerät blicken. Alles erschien intensiv grün.
    Sie waren in einer gigantischen Höhle gelandet – in einem Meer im Meer sozusagen, das vom Gilam’esh’gad-Felsen eingeschlossen wurde. Ein vergessener Ozean.
    Lag die Stadt an seinem Grund? Dort unten war es stockfinster; nicht der geringste Schimmer war zu erkennen.
    Jedenfalls war dieses Meer nicht tot; das bewiesen die zahllosen Kleinstlebewesen, die der Scheinwerfer der Transportqualle erfasste.
    Als die schweren Portalhälften der Felsenschleuse wummernd aneinander prallten, aktivierte Quart’ol den Antrieb und steuerte die Qualle an den Felsen entlang, Ausschau haltend nach einem Öffnungsmechanismus, einer bionetischen Verriegelung, einer Türklinke…
    Doch er fand nichts. Dafür merkte er, dass die gesamte Fauna ringsum vor dem Scheinwerferlicht floh. Es vermittelte ihm ein Gefühl der Sicherheit, und so entschied er sich für eine Erkundungsfahrt.
    Erst einmal hinab; dort war die Wahrscheinlichkeit am größten, auf Spuren einer Zivilisation zu stoßen.
    Nach anderthalb Kilometern Sinkfahrt erreichten sie den Boden der Unterwasserhöhle. Furchen durchzogen den sandigen Grund. Sie wurden von Schalentieren und kleinen Fischen bewohnt. Die Vegetation, die sich träge in der Strömung wiegte, war ebenfalls nichts Besonderes. Sie bestand aus Algen und Seegras. Kalmare nutzten das wogende Grün als Zufluchtsort.
    Den brauchten sie auch, denn im freien Wasser waren Jäger unterwegs.
    Bei flüchtigem Hinsehen hätte man sie für Delfiine halten können: gleiche Körperform, tief angesetzte Seitenflossen, langer Kopf. Doch die rau geschuppte, senkrechte Schwanzflosse und das kräftige Raubtiergebiss genügten eigentlich schon, um den Betrachter misstrauisch zu machen.
    Was die Tiere letztlich verriet, waren ihre Augen. Sie wurden als Schutz vor dem Wasserdruck von einem Sklerotikalring umgeben. Dieser unverhältnismäßig große Knochenring lag direkt unter der Haut; er stand an den Rändern ab und erweiterte die Augen dadurch zu riesigen Scheiben.
    Quart’ol wollte nicht glauben, was er sah – und doch entsprach es den Fakten. Was die Transportqualle umkreiste, waren keine Meeressäuger. Es waren nicht einmal Fische.
    Es waren Reptilien aus dem

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