1861 - Bomben für den Brutkosmos
Hintertür in sein Verhalten ein.
„Was gibt es?" fragte Dao-Lin-H’ay „Spann uns nicht auf die Folter!"
„Ich habe gerade eine Anweisung an alle Kommandanten entdeckt", berichtete Myles Kantor. Er drehte sich halb um und blickte uns an; auf seinen Zügen deutete sich ein Lächeln an. „Es ist allen Gliederschiffen grundsätzlich verboten, die Energiespeicher ihrer Schiffe innerhalb des Brutkosmos aufzuladen ..."
„Und warum das?"
Myles hob die Schultern.
„Daran arbeite ich noch", sagte er. „Es ist sehr schwierig, mit tolkandischen Unterlagen zu arbeiten; sie denken in vielen Punkten ganz anders als wir Menschen. Diese Anweisung beispielsweise: In einem Flottenhandbuch der LFT wäre diese Information fett gedruckt, in großen Buchstaben und mit allen Mitteln so gestaltet, daß selbst der Dümmste auf den ersten Blick sehen kann: Achtung, ganz außerordentlich wichtig! Bei den Tolkandern ist das anders. Bei ihnen scheint es keinen Schlendrian zu geben, keine Faulheit, kein Drückebergertum - und schon gar keine Befehlsverweigerung. Die Anweisung steht irgendwo, weil ohnehin jeder Tolkander alle Anweisungen und Befehle liest oder zur Kenntnis nimmt. Da er sie in jedem Fall auch befolgen wird, braucht eine besondere Betonung der Wichtigkeit dieser Anweisung gar nicht erst ausgesprochen zu werden. Und wer immer diesen Befehl gegeben hat, er hat es nicht für nötig befunden, ihn unmittelbar anschließend auch zu begründen ..."
„Was für eine prächtige Welt für Militaristen!" spottete Dao-Lin-H’ay.
Ich schüttelte den Kopf.
„Wenn alle wie die Automaten gehorchen, macht das Befehlen keinen Spaß mehr", schätzte ich die Sache ein. „Das Vergnügen für den Kommandierenden besteht vor allem darin, daß er sehr genau weiß, daß sein Untergebener nicht die geringste Lust hat, den Befehl zu befolgen es aber tun muß, wenn er nicht großen Ärger bekommen will ... !"
„Spricht da der ehemalige Admiral einer arkonidischen Kampfflotte?" wollte Dao-Lin-H’ay wissen.
„Jedenfalls spreche ich aus Erfahrung", gab ich zurück. „Was wird passieren, wenn gegen die Anordnung verstoßen wird?"
„Ich bin gerade dabei, genau das herauszubekommen", antwortete Myles Kantor, der sich wieder voll und ganz auf den Datenfluß konzentrierte, den er selbst ausgelöst hatte. „Wahrscheinlich liegt es daran, daß Goeddas Brutkosmos in den Hyperraum eingebettet ist ..."
„Ist das unser Normalraum nicht auch?"
„Stimmt, aber auf ganz andere Art und Weise. Es macht einen Unterschied, ob man eine Hyperraumblase in den Normalkosmos hineinwölbt oder umgekehrt. Und in diesem Fall sieht es eher nach der zweiten Variante aus. Würde man von hier aus ... Wartet einen Augenblick!"
Er hielt inne und studierte den Plan, den er sich zeigen ließ. Mit dem Zeigefinger fuhr er gewisse Linien nach, nickte dann und wann, gab ein zustimmendes Brummen ab - Dao-Lin-H’ay. und ich grinsten uns dabei vergnügt an - und zauberte dann ein breites Lächeln auf sein Gesicht.
„Also", sagte er feierlich und wandte sich uns zu. „Würde man versuchen, den Hyperraum von hier aus anzuzapfen, kann das zu einer furchtbaren Katastrophe führen, zu Energieausbrüchen von verheeren‘ der Stärke. Der Brutkosmos könnte. regelrecht in den Hyperraum hinein aufplatzen, in jedem Fall würden die Energiespeicher dieses Antriebsblocks sich spontan entladen. Wahrscheinlich würde es sogar zu einer Kettenreaktion kommen, bei der die Speicher der anderen Schiffe ebenfalls hochgehen ..."
„Reicht das, um Goedda zu zerstören?"
„Allemal", versicherte Myles. „Diese Urgewalten würden Goedda in Stücke reißen und in den Hyperraum verwehen lassen ..."
Ich blickte ihn zweifelnd an.
„Und was wird dabei aus dem Sonnensystem?" wollte ich wissen.
„Ich sagte es schon", antwortete Myles, jetzt ein bißchen zögerlich. „Der Brutkosmos wird wahrscheinlich in den Hyperraum hinein aufplatzen ... Die Trennung zwischen dem Brutkosmos und unserem Normalraum ist entschieden stärker und weniger leicht zu durchdringen als die zwischen Brutkosmos und Hyperraum. Für die Erde besteht eigentlich keine Gefahr ..."
„Eigentlich?"
Myles zuckte mit den Achseln und wiegte den Kopf.
„Ein gewisses Restrisiko bleibt immer", sagte er zögernd. „Ich werde die Sache im Auge behalten."
Er vollführte eine Geste, die ich seit langem bei ihm kannte - eine Strähne seines glatten Haares war ihm wieder einmal über die Augen gerutscht, und jetzt versuchte er,
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