1864 - Vorabend der Apokalypse
geschlossen. Einige trugen sie im Nacken, und Kaif sah ihre schmerzverzerrten Gesichter. Sie alle versuchten, den Haß zu unterdrücken, den sie plötzlich so stark spürten, und in Schmerz umzuwandeln.
Und Kaif sah noch etwas.
Ein weiterer Galorne trat aus dem Transmitterkreis, brach unter dem Ansturm der alles erfüllenden Aggressivität fast zusammen, gab sich einen Ruck und taumelte auf die anderen zu. Sein Helm war ebenfalls geöffnet. Es war Duum Trelber!
„Warte!" rief sie ihm zu, als sie sah, wie er fast fiel. „Ich stütze dich!"
Sie war erleichtert darüber, daß er doch gekommen war, denn von seiner Erfahrung mußten alle anderen nur profitieren können. Doch als sie zu ihm eilte, verzog sich sein Faltengesicht zu einer Grimasse, und er stieß sie heftig fort. Dieser alte Mann schien über Riesenkräfte zu verfügen.
Oder das Böse verleiht sie ihm! dachte Kaif entsetzt.
„Misch dich hier nicht ein!" fuhr Trelber sie an. „Du hast uns genug Unglück gebracht!"
Sie wußte nicht, was er damit meinte. Sie bezog es natürlich auf die Zusammenkunft in der Raumstation, spürte aber gleichzeitig, daß es das nicht allein sein konnte.
Duum Trelber hatte die anderen Drachenbauer fast erreicht, als diese nur noch wenige Dutzend Schritte vor dem Rand des Drachenschachts angelangt waren. Kaif kam es vor, als müsse sie sich gegen einen Sturm stemmen, als sie ihnen vorsichtig folgte. Einen Sturm aus Angriffslust, Haß, Zerstörungswut und Hitze, schmerzender Glut in der Seele. Es kam in heftigen Wellen, und es kam vom Schacht, dessen Leuchten ihr abermals stärker vorkam.
Sie sah sich nach etwas um, an dem sie sich abreagieren konnte. Es wurde unerträglich. Die Galornin versuchte, an Thoregon zu denken und an die großen Ideale der Koalition; an Ce Rhioton und alles, was sie von ihm und Muum Dugesm gelernt hatte. An den Frieden in Plantagoo und die wichtige Rolle der Galornen als Mitglieder der Koalition; an das, was im Weltraum entstand ...
Es war fast unmöglich. Es waren plötzlich nur noch abstrakte Begriffe, scheinbar ohne jeden Sinn.
Kaif Chiriatha blieb stehen. Rote Schleier schienen vor ihren Augen zu tanzen. Oder war es der Atem des Drachen?
Da hatte Duum Trelber die Drachenbauer endgültig erreicht und sich zu Pega Mrion vorgearbeitet. Der Ur alte war schneller und kräftiger als die vergleichsweise Jungen! Und jetzt packte er Mrion von hinten an der Schulter, mit beiden Händen, und riß ihn in dem Augenblick zu sich herum, als Mrion schon den Fuß auf den Rand des Schachts setzen wollte.
Pega Mrion schrie gellend auf - aber war das nicht, bevor Trelber ihn überhaupt berührte?
Kaif Chiriatha bekam alles nur mit, als würden sich die Bilder eines langsam laufenden Films gestückelt aneinanderreihen, immer wieder unterbrochen von dem orangeroten Flakkern, das ihr beinahe den Verstand raubte. Sie wußte, daß sie fort von hier mußte, oder sie war verloren. Sie alle waren verloren, wenn sie nicht zum Transmitter flohen.
Die Drachenbauer, die zusammen mit Pega Mrion dem Schacht am nächsten gewesen waren, schrien und machten Verrenkungen, wie Kaif es noch nie bei Galornen gesehen hatte. Jeder Schritt zum Rand hin schien die Qualen und die Aggressivität nochmals zu vervielfachen. Und da begann Duum Trelber auch schon, auf Pega Mrion einzuschlagen! Er prügelte ihn, und um die beiden herum griffen sich auch die anderen an.
Es war ein Traum, es konnte nur ein furchtbarer Alptraum sein!
Doch Kaif Chiriatha wußte es besser. Sie kämpfte den vielleicht schwersten Kampf ihres sicher nicht ereignislosen und leichten Lebens. Es war fast so wie damals im Drachen, als auch etwas nach ihr griff und ihr die Seele aus dem Leib zu reißen drohte ...
Etwas trieb sie, hinzulaufen und mitzukämpfen. Etwas wollte ihr befehlen, die Roboter zu holen und alle Drachenbauer paralysieren zu lassen und dann - nein, besser noch ...
Zum Glück waren die auf Helter Baaken stationierten Maschinen nicht für das ausgerüstet, was Kaif wie ein Blitz durch den Kopf schoß. Sie würgte bei dem Gedanken. Etwas wollte von ihr Besitz nehmen. Etwas wollte sie in ein Monstrum verwandeln. Etwas ...
„Aufhören!" schrie sie. „Hört endlich auf!"
Die Drachenbauer hörten sie nicht. Sie schlugen und traten aufeinander ein. Einige lagen am Boden und wurden dennoch nicht verschont.
So etwas hatte es nie gegeben! So etwas .wollte sie nicht sehen!
Es war, als wehre sich der Drache dagegen, daß jemand sich ihm näherte und
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