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1864 - Vorabend der Apokalypse

Titel: 1864 - Vorabend der Apokalypse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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mehr sicher waren?
    Der Weltraum bot keine weiteren Möglichkeiten zur Unterbringung. Die beiden inneren Planeten waren Glut-, die beiden äußeren Öd- und Eiswelten. Auf keinem davon gab es Siedlungen. Und Planet Nummer vier des Doogerasch-Doppelsternsystems war zwar in der Theorie zum Überleben für eine gewisse Zeit geeignet, in der Praxis aber nicht. Denn Tribath war die Tabuwelt mit den Schiffen der Schwarzen Sternenflotte.
    Kaif Chiriatha erschrak, als ihr die ganze Konsequenz dieser Gedanken zum Bewußtsein kam.
    In Baaken Bauu würde es, solange dies noch möglich war, schwierig genug sein, die „kleinen Bestien" aus der Kinderstadt unter Kontrolle zu halten. Die erwachsenen Galornen hatten mit sich selbst schon mehr als genug zu tun. Bis zu dieser Minute wären insgesamt zweihundertdrei Tote und viele Schwerverletzte gemeldet worden ausnahmslos Opfer von Gewalttaten.
    Kaif versuchte, in ihren Ansprachen an ihr Volk mit gutem Beispiel dazustehen. Sie versuchte, durch ruhiges und besonnenes Auftreten ein Vorbild zu sein, während tatsächlich Verzweiflung und eigene aufsteigende Aggressionsgefühle sie marterten. Sie kämpfte gegen das, was in ihr arbeitete, und forderte alle Galornen zu gleichem Tun auf.
    Und jetzt, an dem Punkt ihres Denkens angelangt, der jede positive Überlegung fast lähmte, fragte sie sich, wie sie ihnen sagen sollte; daß es keinen Ausweg mehr für sie gab, falls der Einfluß nicht wie durch ein Wunder aufhörte.
    „Dann sind wir verloren", sagte sie leise, nach langer Pause, während sie zärtlich Schuschers Fell kraulte.
    Das kleine, rund zusammengerollte Pelztier mit den sechs immer wachen Augen schnurrte und ließ sie seine Zufriedenheit spüren. Schuscher war seit einigen Jahren ihr Hausgenosse. Jetzt, da sie für jedes bißchen Wärme dankbar war, bereute sie, daß sie sich in letzter Zeit viel zuwenig um ihn gekümmert hatte.
    „Unser ganzes Volk, Pega. Wir haben keine so große Flotte, um alle Galornen aus der Pentrischen Wolke zu einem neuen Planeten zu führen. Wir haben noch nicht einmal einen solchen Planeten ausgewählt, weil wir damit rechneten, daß der Drache von Helter Baaken noch Tausende von Jahren funktionieren würde.
    Und nun das ..."
    Sie fand keine Worte mehr. Doch dann sagte sie etwas sehr Frevlerisches: „Falls ... wenn einer von uns, ein sehr willensstarker Galorne, nun nach Tribath ginge und mit einem der Schwarzen Schiffe nach Helter Baaken käme und wenn er eine Bombe in den Schacht schicken würde, um den Drachen zu töten ..."
    „Es wäre das sofortige Ende", wehrte Mrion entsetzt ab. „Was ich und meine Kollegen vermuten, ist, daß etwas am Drachen defekt ist und er uns die. Aggressivität zurückgibt, die er eigentlich in sich speichern und für immer versiegeln sollte. Dies geschieht vorerst noch langsam, aber immer schneller. Zerstörst du den Drachen aber, dann gibt er alle seit zwei Jahrtausenden in ihm gelagerte Aggressivität auf einen einzigen Schlag frei - und das würde kein Galorne überleben, Kaif. Nirgendwo in der Pentrischen Wolke. Es wäre das Ende unserer Zivilisation."
     
    *
     
    An diesem Abend blieb Pega Mrion ihr Gast. Sie aßen gemeinsam, aber nur wenig. Appetit hatten sie keinen.
    Danach zogen sie sich in Kaifs „Sternenzimmer" zurück, wo sich die „Löcher" in der Decke wieder geschlossen hatten, und versuchten zu meditieren, um zu neuer innerer Ruhe zu gelangen - und sei es auch nur für einige kostbare Stunden.
    Sie schafften es nicht, weder sie noch er.
    Sie kamen nicht mehr an ihr Zentrum des Ichs, der Kern allen Seins schien für sie wie von einer harten Schale umschlossen.
    Also taten sie sich zusammen und ließen ihre Auren und ihre Geister zu einer Einheit zusammenfließen, um die Schale gemeinsam zu sprengen.
    Der Innere Kosmos öffnete sich für die zwei Galornen. Sie reisten tief hinein in das Wesen der Dinge, doch überall, wo sonst Oasen des Friedens und des Seinsansich gewesen waren, streckten ihnen hungrige Ungeheuer ihre gräßlichen Schädel entgegen.
    Die Innere Welt war voller Farben, die ineinander verflossen und Muster bildeten, von denen nie eins dem anderen glich. Die beiden Galornen waren tief eingetaucht in ihre Körper und ihre Seelen, die beides eins waren, und versuchten das Tor zu öffnen, hinter dem das Universum lag, mit allen seinen Wundern und dem tiefen Frieden, der es erfüllte - von den Trauergesängen sterbender Sterne bis hin zum ekstatischen Freudensschrei neugeborener Sonnen und

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