1874 - Die Stunde der Zentrifaal
Funkgerät sandte in jeder Sekunde einige Millionen Kombinationen aus. Es war eine Frage der Zeit, bis die richtige darunter sein würde.
Nach zwei Minuten sprang die Schranktür auf.
„Bingo!" rief Reginald Bull. Mein alter Freund kniete vor dem Schrank nieder und leuchtete hinein.
Dann zeigte sein Gesicht Enttäuschung. „Mist, Perry! Das Ding ist leer."
„Wir haben ja noch Nummer zwei", versuchte ich ihn zu trösten.
Ich ließ die gesamte Prozedur wiederholen, wieder über den Mikrocomputer und das Funkgerät.
Diesmal dauerte es fünf Minuten - und wieder kniete Bull als erster vor dem geöffneten Schrank.
Sein Gesichtsausdruck wirkte reichlich sparsam. Aber zumindest fluchte er nicht. Statt dessen förderte er ein Objekt von der Form eines Zigarrenkästchens zutage.
„Das ist alles, Perry Was zum Teufel stellt es dar?"
„Ich habe keine Ahnung."
Er reichte mir das Kästchen herüber. Ich versuchte, eine Klappe oder einen Öffnungsmechanismus zu finden, hatte aber keinen Erfolg. Schließlich zog ich einen Handschuh aus und berührte das Objekt mit bloßen Fingern. Es fühlte sich warm an, und es vibrierte.
Außerdem war da noch etwas. Anfangs konnte ich das Gefühl nicht definieren; ein seltsames Bohren und Tasten reichte bis in meinen Schädel.
Dann aber fühlte ich mich in eine plastische Szenerie versetzt. Ich hörte Stimmen, und ich schaute für einen Moment in faltige blaue Gesichter.
Das Kästchen war eine Art Tagebuch. Es enthielt die Aufzeichnungen eines noch unbekannten Galornen.
„Was ist mit dir, Perry?"
Bullys Stimme erreichte mich durch einen engen Tunnel, aus weiter Ferne. „Keine Sorge", versuchte ich zu sagen, „ich verschwinde nur für eine Weile." Ich wußte nicht, ob ich den Mund tatsächlich noch geöffnet hatte.
*
Mein Name war Londa Dad, und ich war die Kommandantin des schwarzen Galornenschiffes KEMPEST.
Mein Alter ego namens Perry Rhodan erinnerte sich daran, daß er schon einmal von der KEMPEST gehört hatte. Auch der Name Londa Dad war ihm nicht fremd.
Ich verließ mein Schiff unter größter Geheimhaltung. Das war nötig, weil sich die KEMPEST mit meiner Politik des Friedens nicht abzufinden vermochte. Das Schiff unterstützte mich nicht mehr, sondern es bekämpfte mich. Oder besser: Es würde mich bekämpfen, wüßte es über die Mission auf jenem Planeten Bescheid, der unter uns lag.
Der Planet trug den Namen Tasch-Term. Es handelte sich um die Heimat der Tasch-Ter-Man, eines galaktisch unbekannten Volkes.
Normalerweise gab sich eine galornische Kommandantin nicht mit Hinterwäldlern ab. Mächtige Schiffe wie die KEMPEST waren für den Kampf gebaut, nicht für stilles Abwarten in einem ereignisarmen Orbit. Über einer Sumpfwelt, die nicht den Schimmer einer Gefahr bereithielt.
Allerdings verfügten die Tasch-Ter-Man über eine Fähigkeit, die sie für mich interessant werden ließ: Sie waren imstande, mittels organischer Bio-Reaktoren die eigenartigsten Stoffe herzustellen.
Einer jener Stoffe trug den Namen Schoudam-Hormon.
Wir hatten festgestellt, daß die Gabe von Schoudam auf meine Artgenossen eine aggressionshemmende Wirkung ausübte. Und auf mich selbst, nicht zu vergessen. Ich stand seither praktisch ständig unter Schoudam.
Es gab zwingende Gründe dafür; die Galornen waren nach meinen Berechnungen dem Untergang geweiht. Wenn wir so weitermachten, würden wir uns innerhalb weniger Generationen selbst ausgelöschen. Als Ursache hatte ich die Angriffslust der Galornen ausgemacht, die verderbliche Sucht nach Herrschaft und Bestätigung.
Mit Hilfe des Schoudam hielt ich meine Aggression in Grenzen. Ich mußte nicht mehr töten, auf die Jagd gehen und Siege davontragen.
So entstand eine große Vision in mir. Was konnte aus dem Galornenvolk nicht alles werdenvorausgesetzt, es besiegte zuvor den Feind im Innersten, die eigene Natur.
Ich sah eine Kultur von gewaltigem, friedensstiftendem Einfluß. Im Konzert der kosmisch Großen würden wir eine Rolle spielen, auf die man stolz sein konnte.
Statt weiterhin am Krieg der schwarzen Sternenschiffe teilzunehmen, setzte ich mich mit den Tasch-Ter-Man und ihrem speziellen Talent auseinander.
In dieser Zeit stand meine komplette Besatzung unter Drogen. Das Schoudam hatte allerdings einen Nachteil: Es übte auf das galornische Nervensystem eine zersetzende Wirkung aus. Jeder von uns spürte es bereits. Bevor wir die Droge allen Galornen empfehlen konnten, mußte eine bessere Lösung gefunden
Weitere Kostenlose Bücher