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188 - Der lebende Nebel

188 - Der lebende Nebel

Titel: 188 - Der lebende Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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Rulfan hinter dem Jungen her, aber der entwickelte ein solches Tempo, dass er schließlich die Verfolgung abbrach.
    Das lag zum Teil auch an der Entdeckung, die er in diesem Moment machte: Zwischen dem Grün der Büsche und Bäume stand eine etwa drei Meter hohe Statue. Sie war bemoost und auf den ersten Blick humanoid. Schaute man aber genauer hin, erkannte man eine schuppige Kreatur mit aufgeblasenen Lippen und Fischkopf.
    Rulfan zog instinktiv sein Schwert und schaute sich argwöhnisch um. Was für eine cthulhueske Abscheulichkeit!
    Was war das? Etwa eine Gottheit? Wo waren sie hier gelandet?
    Dann bemerkte er die plötzliche Stille: Die Vögel schwiegen, das Zirpen der Zykaas hatte aufgehört. Sein Blick maß die Bäume. Der schillernde Leib einer Schlange wickelte sich um den Stamm einer Palme.
    Rulfan fühlte Beklemmung in sich aufsteigen. Er war alles andere als ein Feigling, aber in diesem Fall war es sicher besser, wenn er auf dem schnellsten Wege zur PARIS zurückkehrte und sich einen Plan ausdachte, der die Mücken zerstreute. Wenn er den Kessel wieder entzündete, konnten sie bald von hier verschwinden…
    Je länger Rulfan die heidnische Statue musterte, desto sicherer wurde er, dass es gut für seine und Victorius’
    Gesundheit war, dieser Insel den Rücken zu kehren. Er war in seinem Leben mehr als genug Sektierern begegnet. Solche Burschen waren unberechenbar und folgten Gottesgesetzen, die man schwerlich nachvollziehen konnte.
    Zum Glück hatte Rulfan bei der Verfolgung des Jungen genügend Spuren hinterlassen, um den Rückweg schnell zu finden. Doch als er die Stelle erreichte, wo Victorius hätte liegen müssen… war der verschwunden!
    Rulfan schaute sich fluchend um. Als er sicher war, dass er nicht an einem falschen Ort gelandet war, eilte er zur PARIS zurück und rief Victorius’ Namen. Keine Antwort. Auch von der Zwergfledermaus fand sich keine Spur.
    Schließlich näherte sich Rulfan der Gondel und schaute hinein. Sie war leer.
    Was um alles in der Welt hatte das zu bedeuten?
    Rulfan lief dorthin zurück, wo er Victorius’
    Stichverletzungen gekühlt hatte. Als er sich noch einmal umschaute, entdeckte er Fußspuren.
    Hatte jemand Victorius gefunden? Hatte er den Ohnmächtigen mitgenommen? Wenn ja – als hilfsbedürftige Person oder als Gefangenen?
    Rulfan suchte nach Kampfspuren, fand jedoch keine. Sicher war er noch besinnungslos, dann hat man ihn getragen.
    Er fluchte unterdrückt. Was soll er tun? Er konnte doch nicht ohne Victorius aufbrechen. Nein, undenkbar.
    Irgendwo in der Umgebung knackte etwas. Sofort ging Rulfan in die Hocke und schaute sich konzentriert um. Er war nicht allein!
    Angenommen, der Bengel von vorhin hatte andere Insulaner alarmiert – waren sie jetzt schon vor Ort und nahmen ihn aufs Korn?
    Seine Lage war so chaotisch, dass er einen offenen Kampf mit dem Schwert auch gegen eine Übermacht vorgezogen hätte. Doch der Feind hielt sich im Verborgenen…
    ***
    Wie schön die Welt doch war!
    Wie das Blut in seinen Adern pulsierte!
    Victorius hatte noch nie so großartige Farben gesehen – nicht mal an dem Abend, an dem Liwán ihn mit dem grünen Likör bekannt gemacht hatte.
    Der Busch hier war ja sooo grün! Als er durch den Dschungel trabte, konnte er sich an den knallig roten Blumen nicht satt sehen. Und erst der Gesang der Vögel! Welch ein Ohrenschmaus!
    »Folgendes«, murmelte Victorius und musterte mit einem Auge Titana, deren Krällchen in seinem Hemd verhakt waren.
    »Sollte mein Weg mich je wieder nach Wolkenstadt führen, werde ich meinem Vater eine Menge über dieses Inselreich und seine schönen Frauen zu erzählen haben. Und außerdem…«
    Er sichtete eine mit rotkohlfarbenem Gras bewachsene Erhebung. Davor befand sich eine bemooste Mulde, die wie eine Schlafhöhle wirkte. Auf der Erhebung stand eine schwarzgraue, vierbeinige Kreatur mit rosa Zunge. Die Zunge sah so lecker aus, dass Victorius bewusst wurde, wie lange er schon nichts mehr gegessen hatte.
    Die vierbeinige Kreatur war ein Tier mit kuscheligem Fell.
    Victorius war sooo müde. Interessant waren die Augen des Tiers: Sie glitzerten wie ein Kaleidoskop.
    Nun erkannte er es. Das Tier hieß Chira und gehörte Rulfan.
    Wo steckte dieser Rulfan eigentlich? Irgendwann in den letzten Wochen – oder Tagen? – war Chira durchs Fenster der Roziere gesprungen. Jetzt war sie eigenartigerweise wieder da. Sie stand hechelnd auf dem Rotkohlhügel und schaute ihn an, als hätte sie auf ihn gewartet.
    War

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