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188 - Der lebende Nebel

188 - Der lebende Nebel

Titel: 188 - Der lebende Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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Nähe gelandet sein.
    Welch ein Glück, dass er sich auf dem höchsten Punkt der Insel befunden und nach göttlichen Phänomenen Ausschau gehalten hatte! Jetzt konnte Wagong nicht mehr behaupten, er habe mit offenen Augen geträumt oder leide an Fieber.
    Wenn der Götterwagen wirklich hier gelandet war, wollte Sampang schnurstracks zum Tempel laufen und einen seiner zahllosen Vettern holen. Er brauchte Zeugen, weil…
    »Ihr Götter!« Sampang erstarrte. Er war gerade an der Stelle aus dem Wald getreten, an der der Pfad aufs Bachufer stieß.
    »Was ist das?«
    Er konnte es nicht fassen: Genau vor ihm, auf dem Pfad nah am Wasser, lag ein Mensch, der so groß war, dass er nur ein Riese sein konnte. Doch das Unglaublichste: Er war ganz und gar schwarz!
    »Ihr Gö…«, murmelte Sampang, während das Herz in seiner Brust so rasend hämmerte als wolle es zerspringen. »Das kann nur der Schwarze Henker des Fischgottes sein!« Er dachte an die Zeichnungen im Tempel. Er selbst hatte sie unter einer Schmutzschicht entdeckt und lange betrachtet. Sie hatten ihm allerhand über die Vergangenheit der Menschen dieser Region erzählt.
    Wagong hatten seine Entdeckungen nicht interessiert. Auch nicht, was sie aussagten: Die Zeichnungen im Tempel erzählten nämlich, dass der Fischgott eines Tages zurückkehren und sich an jenen Menschen rächen würde, die nicht an ihn glaubten. Ihre Vorboten, auch das hatte Sampang auf den Zeichnungen gesehen – ritten auf qualligen Meerestieren. Und gleich nach ihnen kam der Schwarze Henker mit seiner Scharfrichter-Brigade.
    So sehr Sampang den Schwarzen Henker auch fürchtete – heute wollte er sich keine Blöße geben. Heute wollte er seinem Bruder einen Beweis für die Existenz göttlicher Kräfte vorlegen – und wenn es nur ein Knopf war, den er von der Jacke des Schlafenden löste.
    Wieso schlief er überhaupt? Und dann auch noch mitten auf dem Pfad?
    Sampang pirschte geduckt näher. Sein Herz pochte heftig.
    Schweiß lief ihm in Strömen von der Stirn.
    Das Gesicht des Schwarzen Henkers war rotfleckig und aufgedunsen – wie von Mücken zerstochen. Seine Kleidung und seine Stiefel waren für Götterboten typisch: absolut fremdartig und in diesen Breitengraden nie gesehen. Und das rosarote, in einem Zopf auslaufende Haar war geradezu Furcht erregend!
    Außerdem lag etwas auf seiner Brust. Es war dunkelbraun und sah wie ein Lederlappen aus. Sampang bückte sich und streckte die Hand danach aus.
    Das Leder sprang ihn an!
    Sampang sah ein Maul voller spitzer Zähne, Knopfaugen und ein Hundeantlitz. Sein Schreck war so groß, dass er zurück taumelte und hysterisch schrie. Lederne Schwingen klatschten in sein Gesicht, spitze Zähnchen bohrten sich in seine Nase.
    Sampang heulte noch einmal auf, dann schlug er panisch um sich und setzte zum Rückzug an.
    Die flatternde Bestie – vermutlich ein Dämon, der den Schlaf des Schwarzen Henkers bewachte – biss in Sampangs Nacken und kehrte dann zu ihrem Herrn zurück, der wohl wirklich einen gesunden Schlaf hatte, denn er war von dem Lärm nicht erwacht.
    Sampang, vor Pein tränenblind, stolperte ziellos durch den Busch und verlor seinen Säbel. Er ritzte sich an Dornen. Er stolperte über Baumwurzeln und landete im Schlammtümpel einer Piig-Familie, die ihn grunzend und schnaufend vertrieb.
    Als er auf eine Lichtung torkelte, vernahm er das aggressive Summen eines Mückenschwarms.
    Sampang war jung. Sampang war, wie Wagong behauptete, vielleicht sogar naiv. Er wusste allerdings, dass es besser war, angesichts wütender Mücken zu fliehen. Und so lief er weiter durch den Busch, bis sein Blick sich so weit klärte, dass er erkannte, wo er gelandet war: In der Bucht, in der die Transportdschunke vertäut war.
    Dann hörte er etwas hinter sich rascheln, und als er sich umwandte, sah er eine bleiche, weißhaarige Gestalt mit roten Augen auf ihn zukommen, zweifellos um ihn fressen.
    Der Weiße Folterknecht des Schwarzen Henkers!
    »Ihr Götter!«, schrie Sampang. »Nie wieder werde ich euch den Respekt versagen!«
    Er fuhr herum und rannte, wie er noch nie gerannt war. Die helle Panik verlieh ihm Flügel.
    ***
    »He!«, rief Rulfan hinter dem Jungen her und sprang auf den Pfad. »He, Junge, bleib doch stehen!«
    Der Knabe rannte, als seien Höllendämonen hinter ihm her.
    Wahrscheinlich litt er an der alten Phobie, dass alles Fremde böse sein musste, wenn es dem heimischen Klischee von Anstand und Ordnung nicht entsprach.
    Einige hundert Meter hetzte

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