1887 - Unsichtbare Siganesen
heraus verschleppt, ein Kirchenbesucher getötet, andere verletzt.
Der 10. Oktober. Die Fremden hatten nicht nur ihre angebliche Verhandlungsbereitschaft ad absurdum geführt, sondern den Terranern einen Gleiter mit den Leichen ermordeter Geiseln geschickt. Entlang einer Frontlänge von hundert Kilometern stand eine große Streitmacht mit allem, was terranische-Waffentechnik zu bieten hatte. Raumschiffe der NOVA-Klasse hingen über dem Faktorelement, ihre Beiboote waren ausgeschleust und gefechtsbereit, aber der Einblick in die Sphäre der Gegner blieb ihnen verwehrt.
Die Offensive der Dscherro brachte das Chaos über Terrania, ein Desaster für die Verteidiger, ausgelöst durch die völlige Fehleinschätzung der Situation und normalenergetische sowie fünfdimensionale Störfelder der Angreifer. Selbst NATHANS Evakuierung der City von Terrania geriet zur Farce, als der Funkverkehr zusammenbrach, Gleiter sich nicht mehr in der Luft hielten und Transmitterverbindungen ausfielen.
Bildsequenzen wechselten in rascher Folge. Sie zeigten ein Schlachtengemälde, das kaum vielfältiger und unmenschlicher sein konnte. Menschen in Netzen gefangen, hilflos ineinander verstrickt, eine leichte Beute der Gehörnten, die nicht davor zurückschreckten, Wehrlose zu töten.
Ein Bild, das wie ein Lauffeuer durch die Milchstraße gegangen und von allen Sendern aufgegriffen worden war: ein Dscherro mit weit aufgerissenem Maul, ein Baby in seiner Krallenhand und den Kopf des Kindes zwischen den Reißzähnen ...
„Aufhören!" Domino Ross reagierte sichtlich aufgeregt. „Das muß nicht hundertmal wiederholt werden!"
Das Hologramm erlosch.
„Ich verstehe es sehr gut, wenn dir dabei übel wird", sagte der LFT-Kommissar. „Allerdings ..."
„Quatsch nicht!" unterbrach Ross respektlos. „Solche Bilder machen es schwer, einen klaren Verstand zu bewahren. Sobald der Schrei nach Rache erst da ist, läßt er sich kaum noch unterdrücken und verleitet zur Unvorsichtigkeit. Abgesehen davon wissen wir noch immer nicht, was uns hinter der Barriere erwartet."
„Rote Erde und ein mehr als sechs Kilometer hohes Gebilde, das am ehesten als Termitenbau zu beschreiben ist: die Burg der Dscherro. Wir haben sie mit Raumschiffen und Tausenden Kampfrobotern angegriffen, und wir hätten gesiegt, wären wir nicht auch für das Leben der Geiseln verantwortlich." Khan ballte die Hände.
*
Großflächig war der Kartentisch mit Grafiken, Tabellen -und fotorealistisch bedruckten Folien bedeckt.
Domino Ross stand mittendrin, hatte die Fäuste in die Hüfte gestemmt und versuchte mühsam, den Überblick zu bewahren.
Die Burg war imposant, ein monströses Gebilde, nur schwer überschaubar in seiner Vielfalt. Seitlich angeflanschte Plattformen erweckten den Eindruck von Landeplätzen. Auf einem der Bilder war schemenhaft zu sehen, wie gefangene Terraner über den Rand einer hochgelegenen Plattform hinweg in den Tod gestoßen wurden.
„So etwas darf sich nicht wiederholen", sagte Cistolo Khan scharf.
„Stammen alle Aufnahmen vom Luftangriff auf die Burg?" Langsam drehte Ross sich einmal um die eigene Achse. Die Folien knisterten unter seinem Absatz.
„Alle", nickte der LFT-Kommissar und schaute der Siganesin zu, die etwa zwanzig Zentimeter über der Tischplatte schwebte und die Bilder aus der Höhe begutachtete. „Leider gibt es nur Außenaufnahmen des Bauwerks, eine Durchleuchtung war nicht möglich."
Atlan hatte vorgeschlagen, daß die drei Siganesen sich mit Hilfe ihrer Spezialausrüstung in die Burg Gousharan den Namen wußte man aus dem Funkverkehr der Dscherro - einschleichen und einen Brückenkopf errichten sollten. Zum Thema Ausrüstung hatte Cistolo Khan nicht nachgefragt. Ihm war klar, daß der Kenntnisstand des Arkoniden nicht, von ungefähr kommen konnte und daß die Verbindung des Unsterblichen zu den Siganesen kaum kurzfristig entstanden war.
Arno Wosken umrundete die maßstabgetreue holographische Wiedergabe der Burg. Die Abbildung war eineinhalb Meter hoch, er mußte den Kopf weit in den Nacken legen, um von der Tischplatte aus die obersten Landeteller zu sehen.
„Unerläßlich ist, daß wir die technischen Einrichtungen und das Verteidigungssystem erkunden und hoffentlich vorhandene Schwachstellen herausfinden. Jedes System hat irgendwo einen schwachen Punkt.
Außerdem müssen wir die Gefängnisse der mindestens fünfhunderttausend Geiseln finden."
„Aufgabe zwei ist die Schaffung eines sicheren Stützpunkts für die
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