1887 - Unsichtbare Siganesen
eine Fehlerquote von dreiundsechzig Prozent und sind deshalb nie in Serienproduktion gegangen."
„Ich weiß, Arno, schließlich war ich Mitglied des Testteams." Mit der Linken fischte Rosa ein zweites Stachelei aus der anderen Oberschenkeltasche. „Das sind die letzten Energie-FrequenzModulations-Spürer; ich habe sie für eine besondere Situation aufgehoben."
„Frauen", seufzte Wosken kopfschüttelnd. „Ich werde euch wohl nie verstehen."
Domino Ross massierte mit Zeigefinger und Daumen die Knorpelteile seiner Nase. Auffordernd nickte er Rosa zu.
„Wir verlieren nur Zeit", gab Wosken zu bedenken. „Im Schutz der Paratronschirme könnten wir einfach hindurchmarschieren ..."
„... und uns erhöhter Ortungsgefahr aussetzen. Die Schirme aktivieren wir nur im äußersten Notfall."
„Du meinst, falls ein Dscherro über uns hinwegtrampelt?" fragte Wosken angriffslustig. „Die EFM-Spürer bedeuten ebenfalls Ortungsgefahr."
Er widersprach aus Prinzip. Weil Domino Ross und er häufig unterschiedlicher Meinung waren. Arno Wosken war ein guter Mann, ein erstrangiger Kämpfer, doch mit einem Hang zu Althergebrachtem und Bewährtem. Neuerungen waren ihm stets suspekt. Irgendwann hatte sogar Atlan über ihn gesagt, er wäre drei Jahrtausende. zu spät geboren worden.
Irgendwann? Domino Ross ließ sich für einen Augenblick ablenken. Das war vor ziemlich genau fünfzehn Jahren gewesen, als Arno Wosken sogar einen Drachen besiegt hatte. Na ja, eine ligurianische Echse nur, die allen Sicherheitsvorkehrungen zum Trotz an Bord einer Korvette nach Camelot gelangt war. Arno war unbewaffnet gewesen, als das fünfundzwanzig Zentimeter große zweiköpfige Tier ihn im Hangar angegriffen hatte.
Die automatische Aufzeichnung hatte seine überstürzte Flucht dokumentiert bis Arno Wosken fast über eine verlorene Stecknadel gestolpert wäre. Mit ihr hatte er sich endlich verteidigen können, hatte die Nadel wie eine Lanze immer wieder in die Hälse der Echse gerammt ... Der „Siegfried von Camelot"war er von vielen Camelotern danach genannt worden, aber auch das war wieder in Vergessenheit geraten - wie so vieles.
Rosas Stachelei schwebte in das sich aufbauende Desintegratorfeld. Ein orangefarbener Schimmer hüllte den EFMSpürer ein. Oder entsprang dieses Leuchten nur dem Wunschdenken? Sekundenbruchteile schien es Bestand zu haben, dann löste das Ei sich in silbernem Flirren auf.
„Fehlerhaft!" kommentierte Wosken. „Wie ich schon sagte. Die Modulation kann die Desintegratorwirkung nicht aufhalten."
Rosa hantierte mit dem zweiten Ei. „Auch bei den Desintegratoren der Dscherro haben wir es mit einem fünfdimensionalen Feld zu tun, das die elektrostatische Kernanziehung der Atome neutralisiert", sagte sie, ohne Wosken einen Blick zu gönnen. „Dieses Fünf-D-Feld ist extrem gebündelt, andernfalls würde es im Einsteinraum wirkungslos verpuffen."
„Mit deiner Perfektion hättest du Progranungestalterin für Hypnoschulungen werden sollen", seufzte Arno Wosken.
„Ach?" Die Siganesin aktivierte über zwei Stacheln den Antigrav des EFM-Spürers.
„Die Bündelung des Desintegrators wird durch Frequenzmodulation erzeugt", überlegte Wosken. „Die Wellenlänge kann sich dabei nur in einem äußerst begrenzten Spektrum bewegen, da andernfalls die Kohäsionskräfte nicht oder nur schwach beeinflußt werden."
„Genau da setzt die Modulation an", sagte Rosa. „Die hyperfrequenten Wellen werden überlagert, ein Wellental überlappt einen Wellenberg und umgekehrt und schafft so eine neutrale Zone."
„... die leider verdammt instabil wird, sobald der Desintegrator eine Nachführvorrichtung besitzt."
„Das ist Theorie."
„Sind die Dscherro auch Theorie?"
Die Siganesin verzichtete auf eine Antwort. Mit einer sanften Bewegung dirigierte sie den zweiten EFM-Spürer in die Sperre.
Das Desintegratorfeld entstand. Kein silbernes Flirren diesmal. Noch nicht.
Zwei Sekunden waren vergangen.
Gebannt beobachtete Rosa den EFM-Spürer, dessen Umrisse hinter flirrender Luft zu verschwimmen begannen. Die Trübung weitete sich aus, umfaßte bereits eine ausreichend große Fläche.
„Hindurch!" kommandierte Ross, der Rosas Bemühungen schweigend zugesehen hatte. Der Gravo-Pak seines SERUNS riß ihn vorwärts.
Alarmmeldung des Pikosyns. Schädlichefünfdimensionale Strahlung. Doch bis Domino Ross die Meldung überhaupt registrierte, war er schon auf der anderen Seite und spürte außer einem unangenehmen Brennen der Gesichtshaut
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