Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1891 - Das Mädchen Siebenton

Titel: 1891 - Das Mädchen Siebenton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
Kubikmeter Sand, den sie zerstrahlte, rutschte ein weiterer nach. Sie schwitzte. Sie nahm den Finger nicht vom Auslöser. Irgendwann mußte doch Schluß sein! Aber der Sand kam gnadenlos nach. Die Luft wurde bereits knapp. Siebenton hustete. Als sie sich umsah, sah sie Grasche zusammenbrechen, während Hentele wie besessen mit’ ihrer Schaufel Sand hinter sich kippte.
    Und dann endlich sahen sie das Licht des Tages zwischen dem Loch in der Stollendecke und der Sandhalde aufblitzen. Von oben, als sich die Öffnung vergrößerte, fielen Schatten herab. Siebenton arbeitete fieberhaft weiter, während von oben die Retter kamen.
    Jedenfalls waren sie das in diesem Moment.
     
    *
     
    Koliwan tobte. Er schlug um sich, drosch Löcher in die Luft und schrie, bis er außer Atem war und sich in seinen großen Klappstuhl fallen ließ, in der Mitte des riesigen Zeltes, das er bewohnte. Es war auf eingeebnetem Boden errichtet worden und vollgestopft mit Kartentischen, weiteren Möbeln, aufbereiteten Fundstücken und Kostbarkeiten wie den restaurierten Chitinpanzern zweier bei der letzten Burg geborgenen Tessma-Leichen. Man konnte glauben, die beiden zwei Meter hohen, dreigliedrigen Panzer mit dem rekonstruierten riesigen Schädel darauf könnten jederzeit zu neuem, unheimlichem Leben erwachen.
    Der Archäologe schien seine erste Wut abreagiert zu haben. Er atmete einige Male tief ein und ließ sich von Jessup, der mit betretener Miene neben ihm stand, ein Getränk in den Zangenmund einflößen. Siebenton, die mit .Hentele und Grasche wie abzuurteilende Verbrecher einige Meter vor ihm stand, vermutete daß es sich um einen beruhigenden Trunk handelte.
    „Wißt ihr überhaupt, was ihr getan habt?" fuhr es dann endlich aus Koliwan heraus, nachdem sein Schweigen und seine Blicke minutenlang schlimmer gewesen waren als jede Beschimpfung. „Ihr habt nicht nur die Arbeit von vielen Wochen zerstört, sondern; viel schlimmer, unersetzliche archäologische Werte! Euer Stollen ist verwüstet, Schriften und Bilddokumente, die hunderttausend Jahre überdauert haben, sind innerhalb von Sekunden zerstört worden -durch das Werk eine; Wahnsinnigen! Du wirst dafür büßen, Hentele! Was du getan hast, kannst du nie wiedergutmachen, und wenn du tausend Jahre für mich arbeiten würdest. Du hast unser Volk, hast die ganze Galaxis Shaogen-Himmelreich eines Schatzes beraubt, der unwiederbringlich ist.
    Deshalb wirst du auch durch unser Volk bestraft werden. Ich schicke dich fort, Hentele. Du arbeitest nicht mehr für mich, ich verstoße dich, und als Verstoßene wirst du nirgendwo mehr Arbeit finden und nirgendwo Anerkennung."
    Siebenton hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen.
    Atemlos starrte sie Koliwan an und glaubte, daß sie träumte. Das konnte er gerade nicht gesagt haben.
    Das konnte er Hentele nicht antun. Es war wie ein Todesurteil. Und jetzt warf sich Hentele auch noch flehend und weinend vor ihm auf den Boden und bat um Gnade!
    Mit keinem Wort hatte der Archäologe bisher Tamals schreckliches Schicksal erwähnt. Doch dafür kündigte er jetzt an, daß Grasche für Hentele nachrücken und die schwere Arbeit am Stollenende übernehmen solle, sobald der Stollen wieder freigeräumt und neu abgestützt worden sei.
    Das konnte, das durfte alles nicht wahr sein!
    „Grasche ist dieser schweren Aufgabe nicht gewachsen", hörte sich Siebenton sagen.
    Sie war einen Schritt vorgetreten und erschrak über ihren eigenen Mut. Docihr Zorn war zu groß, und sie wollte nicht schweigen.
    „Du würdest sie umbringen, Koliwan", fuhr sie nach kurzer Pause fort. „Und gib die Schuld an dem Unglück nicht allein Hentele. Ich bin mindestens genauso verantwortlich, weil ich ihr meinen Strahler gab. Ich hätte es nicht tun dürfen, also bestrafe mich, wenn du schon glaubst, daß durch weltliche Strafe irgend etwas besser wird. Ich glaube das nicht. Hentele hat fahrlässig gehandelt, aber ist das ein Wunder bei dem, was du ihr Tag für Tag zumutest? Sie hat sich die Arbeit nur ein wenig erleichtern wollen. Zeig, daß du ein guter Herr bist, Koliwan, und kein Möncheschinder. Vergib ihr und laß sie weiter für dich arbeiten. Bestrafe mich für meinen Leichtsinn. Das wäre gerechter."
    Der große Mann mit der Armprothese und der blassen Haut sah sie an, als erblicke er sie zum erstenmal.
    Sie konnte sich denken, warum er sich so auf Hentele eingeschossen hatte. Er wußte genau, daß sie, Siebenton, eine gewaltige Mitschuld trug. Aber sie war zu

Weitere Kostenlose Bücher