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1891 - Das Mädchen Siebenton

Titel: 1891 - Das Mädchen Siebenton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Augen und wartete darauf, daß alles vorbei sein würde. Irgendwann mußte doch Schluß sein.
    Es erschien ihr wie eine Ewigkeit, bis die Schreie verstummten und das Fauchen der Strahler nachließ.
    Alles war wie unwirklich, ein schrecklicher Traum voller Blut und Flammen. Dann hörte sie, wie ein Raumschiff startete und unmittelbar danach das zweite. Sie erfuhr nie, ob zuerst der Traal-Raumer oder der Vollmond den Planeten verlassen hatte. Sie erfuhr nicht, welches von beiden Schiffen kurz danach in einer verheerenden Explosion verging. Als sie es nicht mehr aushalten konnte und den Kopf hob, sich langsam aufrichtete und auf die Seite drehte, sah sie nur den einen sich schnell bewegenden Stern am Himmel, der kleiner wurde und dann ganz verschwand.
    Trümmer rasten als Sternschnuppen verglühend durch die Atmosphäre. Andere schlugen überall in der Tundra ein und entfachten Feuer, die dank eines wie auf Bestellung einsetzenden, heftigen Regens bald wieder erloschen. Der Regen löschte auch die Glut der bis auf die Grundfesten heruntergebrannten Baracken aus, sammelte sich in Lachen und verwandelte den Lagerplatz in eine Schlammlandschaft.
    Es war, als weinte der Himmel über die Toten, die so dicht nebeneinanderlagen, daß die wie benommen gehende Siebenton es schwer hatte, nicht auf einen zu treteneinen Außenwächter, einen Traal-Kämpfer, eine der über tausend hierhergeschafften Frauen.
     
    *
     
    Nach zwei Stunden wußte Siebenton, daß sie allein war.
    Es gab keine anderen Überlebenden des Gemetzels, weder auf der einen noch auf der anderen Seite und schon gar nicht dazwischen. Die Frauen hatten nicht den Hauch einer Chance gehabt. Niemand hatte auf sie Rücksicht genommen.
    Warum? fragte sich Siebenton, als sie mit hängenden Schultern auf dem Stumpf eines abgeholzten Baumes saß, etwas außerhalb des Lagers.
    Der Morgen dämmerte herauf, es war einigermaßen hell. Und noch immer wollte sie es nicht ganz wahrhaben, daß sich nicht hier oder dort eine Gestalt vom Boden erheben sollte, die das gleiche getan hatte wie sie.
    Wie konnten die Außenwächter sich derart kompromißlos vom Haß und dem Morddrang der Traal-Truppen anstecken lassen? Wenn die Anhänger des Traal nicht an das Tod-Erleben glaubten, ließ das ihre Brutalität eher verstehen, wenn auch niemals. gutheißen. Aber die Grenzwächter mit ihrer - wie hatte Brovn sich ausgedrückt? - Isolation im Glauben? Hatten sie vergessen, daß alles registriert und später abgerechnet würde? Was sie heute getan hatten, konnten sie vor nichts und niemand verantworten. Die Strafe dafür würde die ewige Verdammnis sein.
    Waren sie etwa alle so?
    Noch fünf Stunden wartete Siebenton an der Stätte des Grauens, trotz quälender Übelkeit und dem Wunsch, dem eigenen Leben ein Ende zu setzen. Wodurch hatte sie es verdient, als einzige zu überleben?
    Dann jedoch rang sich in ihr die Erkenntnis durch, daß es nur der Wille des Sternlichts gewesen sein könne, sie am Leben zu lassen, und daß es sie auf dieser Welt, in diesem Lebenvordem-Leben noch brauchte: Also stellte sie sich darauf ein, das Beste aus ihrer Lage zu machen und zu überleben. Hier allerdings konnte sie das nicht. Niemand würde kommen und die Leichen aufsammeln. In kurzer Zeit würden sie zu verwesen beginnen und ... Siebenton wollte nicht weiterdenken.
    Sie wandte sich ab und ging in die Tundra. Zu weit durfte sie sich auch nicht entfernen, weil ihre ganze Hoffnung darin bestehen mußte, daß ein weiteres Schiff landete, wahrscheinlich eines des Wächterordens, um nach dem Verbleib des Sammlers zu forschen. Vielleicht hatte dessen Kommandant - falls es der Vollmond gewesen war, der abgeschossen worden warnoch einen Notruf an eine geheime Zentrale absenden können.
    Als Einsiedlerin würde sie jedenfalls auf Seevenor nicht alt werden. Eine Zeitlang konnte sie in der Wildnis zwar überleben, sofern es keine der wahrscheinlich als Vorwand für die Zäune gebrauchten gefährlichen Bestien gab. Aber das war nur eine Angelegenheit von Tagen, allenfalls Wochen.
    Mönche lebten naturverbunden. Auch auf Wolkenort hatten Siebenton und ihre Ziehmütter oft, wenn sie Freischichten hatten, die Wildnis gesucht und für Tage gezeltet oder ganz einfach im Freien gelebt und geschlafen. Siebenton wußte, wie man ohne viel Werkzeug einen Unterschlupf baute, und sie besaß einen Instinkt dafür, was sie von den Früchten des Waldes essen durfte und was nicht.
    Natürlich war die Natur hier karg und gab nicht viel

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