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1892 - Als das Sternlicht erlosch

Titel: 1892 - Als das Sternlicht erlosch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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der Wirtschaft und Verwaltung auf und verkündete lauthals seine Lehre von der strengen Ordnung, die allein den Fortbestand des Shaogen-Kults sichern könne. Er verstand es, die Massen durch bunte Lichterspiele und schrille Spektakel zu faszinieren und zu blenden. Und mit dem Bonus des Senioritätsprinzips im Rücken konnte er sich jetzt schon als Carytons Nachfolger fühlen. Das Volk war für ihn, und die Würdenträger des Gremiums würden ohnehin dem Älteren den Vorzug geben.
    Als Siebenton eines Tages vollkommen erschöpft nach Hause kam, gerade von einem Besuch des Planeten Phasenberg zurück, erwartete ihn ein überraschender Gast.
    Koliwan, der Archäologe, wartete seit einigen Tagen auf ihn, gut bewirtet und untergebracht von Arratax, die ihn aus Siebentons Erzählungen kannte. Der heute 293jährige Forscher wirkte eingefallen, mehr tot als lebendig, aber er hatte vom Tod des Seelenhirten gehört und war gekommen, um eine alte Schuld abzuzahlen.
    „Ich habe dir damals unrecht getan, Siebenton", sagte er mit brüchiger Stimme. „Dir und den anderen Arbeiterinnen. Hentele und Grasche sind auch in der Stadt. Wir sind gekommen, um Zeugnis abzulegen und jedem Mönch von den Dingen zu berichten, die du für uns getan hast."
    Das klang wieder so schrecklich dramatisch, aber Siebenton konnte jede Unterstützung nur recht sein.
    Koliwan, das wußte er, war heute der oberste Tessma-Forscher von Shaogen-Himmelreich und damit vielleicht der angesehenste Wissenschaftler schlechthin. Ihn zur Seite zu haben, konnte sich als überaus wertvoll erweisen.
    Doch dann rückte Koliwan mit der Wahrheit heraus, und Siebenton mußte erkennen, daß er sich überhaupt nicht so sehr verändert hatte.
    „Ich werde deine Kandidatur also unterstützen, Siebenton", sagte der Archäologe, „wenn du mir dafür versprichst, als Seelenhirte die Finanzmittel für eine große Tessma-Forschungsflotte bereitzustellen. Du weißt, daß die Tessma vor hunderttausend Jahren diese Galaxis beherrschten und sich dann schlagartig zurückzogen.
    Ich habe viele weitere Burgen ausgegraben und bin heute näher denn je daran, ihr Geheimnis zu lüften."
    Siebenton mußte lächeln. Er hatte von dem alten Halunken nicht viel anderes erwartet - aber warum denn eigentlich nicht? Die Tessma waren das insektoide Urvolk von Shaogen-Himmelreich, die ehemaligen Beherrscher der Welteninsel. Viele der heutigen insektoiden Intelligenzvölker stammten mehr oder weniger direkt von ihnen ab, die Fothok zum Beispiel. Wenn Siebenton öffentlich einen nie dagewesenen Forschungsauftrag in dieser Richtung versprach, würden ihm die Sympathien der Insektoiden gewiß sein.
    Also willigte er ein und machte damit Koliwan auf seine vielleicht letzten Jahre noch einmal zu einem glücklichen Mann. Er, der ihn mit seiner Schinderei seinerzeit fast in den Tod getrieben hatte, versprach, alles zu tun, um ihm zur Seelenhirtenschaft zu verhelfen.
    Und weitere alte Bekannte und Freunde von früher meldeten sich.
    Da war Greine, seine ehemalige Ziehmutter. Heute arbeitete sie als Mann und als Kommentator in einer der großen Medienanstalten. Er hätte ihr, genauer: ihm, das niemals zugetraut, aber viele Mönchinnen entwickelten nach dem Wechsel zum Mann ganz neue, ungeahnte Qualitäten.
    Da waren natürlich Hentele und Grasehe, seine beiden Arbeitsgenossinnen während der Sklavenarbeit bei Koliwan, heute ebenfalls bekannte Forscher. Da war seine Tochter Paturch, die für ihn kämpfte, während sein anderes Kind sich auf die Seite des Vaters schlug.
    Und völlig unerwartet trafen Graown von Namwogg und, einen Tag später, Nurrtan von Cromm ein, beide in Begleitung einer umfangreichen Delegation. Sie alle priesen Siebentons Taten und machten Stimmung für ihn, während Lokhouts „Wahlkampf" allmählich stagnierte. Der Rivale hatte seine Reserven zu schnell aufgebraucht. Dennoch konnte er immer noch auf das Senioritätsprinzip bauen. Er war zweifelsfrei im Vorteil.
    Alle anderen Kandidaten galten als weit abgeschlagen.
    So ging es weiter. Jeden Tag trafen neue Sympathisanten ein, die Siebenton im Lauf seines Lebens kennengelernt hatte. Er eilte von Veranstaltung zu Veranstaltung und erschöpfte sich dabei so, daß Walyon und Arratax ihn mit Gewalt davon überzeugen mußten, daß er wenigstens einen Tag Pause brauchte.
    Diese Nacht verbrachte er bei seiner Partnerin. Es war vielleicht ihre letzte.
    „Das Gremium wird Lokhout wählen", sagte Siebenton, den Kopf im Schoß der Gefährtin. „Ich

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