1893 - Offensive des Traal
südlich der Stadt aus. Der Andruck ließ nach, und Bontereigg spürte, wie der Behälter nach unten fiel. Der Teilverlust an Schwerkraft ließ den Magen des Mönchs rebellieren.
„Wir stürzen ab", pfiff er. „Rette sich, wer kann!"
„Sei still!" fuhr Garifaal ihn an. „Hier kann uns jeder hören."
Ein Schlag traf den Zylinder. Etwas bremste ihn mit aller Macht ab. Einen Augenblick lang schien er stillzustehen, dann bewegte er sich aufwärts.
„Gleich", hauchte einer der beiden anderen Außenwächter. „Gleich haben wir es geschafft."
Der Zylinder schaukelte hin und her. Um ihn herum gluckerte und rauschte es.
Garifaal streckte seinen Körper, quetschte Bontereigg dabei fast zu Tode. Mit Mühe unterdrückte der Agent einen Schmerzensschrei. Der Mönch klappte die Tür auf, und das gedämpfte Licht der Abenddämmerung drang in das Innere des Behälters.
Bontereigg warf einen Blick hinaus und stöhnte. Rings um den Zylinder war Wasser. Die Ufer befanden sich in Sichtweite, aber dennoch unerreichbar fern. Der Zylinder aus der Röhrenbahn schwamm im Großen Fluß.
Garifaal streckte den Kopf ins Freie.
„Die Luft ist rein", behauptete er nach einer Weile. „Noch suchen sie anderswo. Leiht mir eure Arme, wir rudern so unauffällig wie’ möglich ans Ufer."
Bontereigg wollte der Aufforderung Folge leisten. Er rutschte ein Stück aufwärts, verklemmte sich in der Öffnung und spürte, wie der Nahrungsbrei vom Morgen durch die Speiseröhre nach oben drängte. Er erbrach sich in den Fluß hinein.
„Ich kann nicht schwimmen", würgte er hervor. „Beeilt euch!"
„Keiner von uns kann schwimmen", erhielt er zur Antwort. „Wenn wir kentern, brauchst du dich nur am Zylinder festzuhalten. Flußabwärts treibt ihn die Strömung automatisch ans Ufer."
Der Außenwächter seufzte erleichtert. Einmal mehr wurde ihm bewußt, wie sehr sie sich innerhalb der engen Gemeinschaft des Ordens aufeinander verlassen konnten. Nichts blieb dem Zufall anheimgestellt, und wenn jeder an seinem Platz und in seiner Funktion konsequent arbeitete, konnte nichts schiefgehen.
Mehr oder weniger geschickt paddelten sie ans Ufer. Es gab einen heftigen Ruck, als die Strömung den Zylinder erfaßte und auf eine Sandbank drückte. Garifaal schnellte sich augenblicklich zwischen die Büsche. Er untersuchte das Gelände, während seine Begleiter den Agenten festhielten.
„Alles in Ordnung." Der Anführer der Gruppe tauchte wieder auf. „Ihr könnt kommen."
Sie stießen Bontereigg vor sich her, und er ließ es mit sich geschehen. Seine Gedanken kreisten ständig um den einen Sachverhalt. Er war Geheimnisträger und mußte sein Wissen für sich behalten. Niemand durfte es erfahren, für den es nicht bestimmt war.
Den Weg zwischen die Büsche und Felsen hinein prägte er sich oberflächlich ein. Hinter einer schweren Steinplatte ging es in die Tiefe. Sie schubsten ihn in die Finsternis hinein. Er tastete sich barfuß, aber mit den noch immer durch Soukas geschützten Händen vorwärts. Es roch muffig, und die Luft war feucht.
„Du bist jetzt auf dich allein angewiesen", zischte Garifaal hinter ihm. „Der Traal ist uns dicht auf der Spur. Du hast Glück. Dich werden sie nicht bekommen."
Er versetzte Bontereigg einen Stoß, der ihn weitertaumeln ließ. Der Außenwächter begehrte auf, aber da fiel bereits die schwere Felsplatte auf die Öffnung. Nur ein winziger Spalt blieb offen, durch den frische Luft hereindrang.
Sie sind übergeschnappt, waren Bontereiggs erste Gedanken. Oder sie arbeiten für den Traal.
Doch warum hätten sie ihm dann zur Flucht verhelfen sollen? Es gab wirksamere Methoden, um an Informationen zu gelangen.
Er blieb stehen und kehrte um. An der Felsplatte verrenkte er sich fast den Kopf, um wenigstens ein bißchen von dem zu erhaschen, was draußen vor sich ging. Die Büsche teilten sich, und ein weiterer Mönch trat ins Freie.
Bontereigg stöhnte leise. Der Mönch besaß sein Aussehen. Er ähnelte ihm wie ein Klon dem anderen.
Und der Doppelgänger trug die Schärpen ebenso wie er selbst.
„Hallo, Bontereigg", empfing Garifaal ihn. „Bist du bereit?"
„Ja." Er hob die Arme. „Für die Isolation im Glauben. Es lebe das Shaogen-Sternlicht !"
„Für die Isolation im Glauben", wiederholten die drei. „Es lebe das Shaogen-Sternlicht. Wir haben keine andere Wahl!"
Welche Wahl? fragte sich Bontereigg. Lärm klang auf. Das Singen eines Gleiters nahte, und das Brechen von Holz zeigte an, daß die Verfolger
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