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Fragen haben. Wenn sie dich überhaupt ins Kreuzverhör nimmt.«
Lacy hob das Baby an die Brust und streichelte ihm den Kopf. »Ich glaube, ich kann da nicht mehr rein«, sagte sie mit zitternder Stimme.
»Du kannst, und du wirst«, sagte die Richterin. »Für Peter.«
»Alle hassen ihn. Alle hassen mich.«
Richterin Cormier legte Lacy eine Hand auf die Schulter. »Nicht alle«, sagte sie. »Wenn wir wieder reingehen, setze ich mich in die vorderste Reihe. Du musst die Staatsanwältin nicht ansehen. Sieh nur mich an.«
Als Jordan zu Peter in die Wartezelle kam, war er bereits ganz auf Schadensbegrenzung konzentriert. »Der Ausbruch des Vaters vorhin wird uns nicht schaden«, erklärte er. »Der Richter wird den Geschworenen sagen, sie sollen die Sache missachten.«
Peter saß auf der Metallbank, den Kopf in den Händen.
»Peter«, sagte Jordan. »Hast du gehört? Ich weiß, das war übel, und ich weiß, es hat dich erschüttert, aber rein rechtlich gesehen, wird es keine negativen Auswir-«
»Ich muss ihr erklären, warum ich es getan hab«, unterbrach Peter ihn.
»Deiner Mutter?«, fragte Jordan. »Das geht jetzt nicht. Ihre Zeugenaussage ist noch nicht abgeschlossen.« Er zögerte. »Hör mal, sobald du mit ihr reden kannst, sorge ich dafür -«
»Nein. Ich meine, ich muss es allen sagen.«
Jordan musterte seinen Mandanten. Peters Augen waren trocken. Als er den Blick hob, war nichts mehr von dem entsetzten Teenagergesicht des ersten Verhandlungstages zu sehen. Als wäre Peter über Nacht erwachsen geworden.
»Wir erzählen ihnen jetzt unsere Seite der Geschichte«, sagte Jordan. »Du musst Geduld haben. Ich weiß, dass das schwer zu glauben ist, aber wir machen Fortschritte. Wir tun unser Bestes.«
»Nicht wir«, sagte Peter. »Sie.« Er stand auf und trat auf Jordan zu. »Sie haben es versprochen. Sie haben gesagt, jetzt wären wir an der Reihe. Aber damit haben Sie nur gemeint, Sie wären an der Reihe, nicht wahr? Sie hatten nie vor, mich in den Zeugenstand zu rufen, damit ich allen erzählen kann, was wirklich passiert ist.«
»Du hast doch gesehen, was sie mit deiner Mutter gemacht haben«, wandte Jordan ein. »Kannst du dir vorstellen, was passiert, wenn du im Zeugenstand sitzt?«
In diesem Augenblick zerbrach etwas in Peter. Es war nicht Zorn und auch nicht seine heimliche Angst, sondern der letzte hauchdünne Faden Hoffnung. Jordan dachte an die Aussage von Michael Beach, daran, wie es aussah, wenn das Leben aus einem Gesicht wich.
»Jordan«, sagte Peter. »Wenn ich schon den Rest meines Lebens im Gefängnis verbringen muss, will ich wenigstens, dass sie meine Seite der Geschichte hören.«
Jordan öffnete den Mund, um seinem Mandanten zu sagen, dass das absolut nicht infrage käme, dass er sich das Kartenhaus, das er in der Hoffnung auf einen Freispruch errichtet hatte, nicht von ihm zum Einsturz bringen lassen würde. Aber wem wollte er eigentlich etwas vormachen? Peter bestimmt nicht.
Er holte tief Luft. »Also schön«, sagte er. »Was willst du sagen?«
Diana Leven hatte keine Fragen an Lacy Houghton, was vermutlich ein Segen war, wie Jordan wusste. Abgesehen davon, dass die Staatsanwältin sie nichts hätte fragen können, was nicht schon besser von Maddie Shaws Vater zum Ausdruck gebracht worden war, wäre Lacy im Zeugenstand wahrscheinlich ohnehin nicht
mehr zu verstehen gewesen. Als sie aus dem Saal geführt wurde, blickte der Richter von seinen Unterlagen auf. »Ihr nächster Zeuge, Mr. McAfee?«
Jordan atmete tief durch. »Die Verteidigung ruft Peter Houghton auf.«
Hinter ihm brach allgemeine Hektik aus. Reporter schlugen raschelnd neue Seiten ihrer Notizblöcke auf. Ein Raunen unter den Angehörigen der Opfer begleitete Peters Schritte zum Zeugenstand. Jordan sah Selena, die seitlich saß, die Augen vor Überraschung weit aufgerissen.
Peter setzte sich und blickte nur Jordan an, genau, wie er es ihm gesagt hat. Braver Junge, dachte er.
»Bist du Peter Houghton?«
»Ja«, sagte Peter, aber er war nicht nah genug am Mikrofon. Er beugte sich vor und wiederholte das Wort. »Ja«, sagte er, und diesmal drang ein schrilles Pfeifen aus den Lautsprechern.
»In welcher Klasse bist du, Peter?«
»Als ich verhaftet wurde, war ich in der vorletzten.«
»Wie alt bist du jetzt?«
»Achtzehn.«
Jordan ging auf die Geschworenenbank zu. »Peter, hast du am Morgen des sechsten März 2007 in der Sterling Highschool zehn Menschen erschossen?«
»Ja.«
»Und neunzehn weitere
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