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19 Minuten

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Titel: 19 Minuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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verletzt?«
    »Ja.«
    »Und zahllosen anderen Menschen Schaden zugefügt?«
    »Ich weiß«, sagte Peter.
    »Das bestreitest du nicht, oder?«
    »Nein.«
    »Kannst du den Geschworenen erklären, warum du das getan hast?«, fragte Jordan.
    Peter sah ihm in die Augen. »Die haben angefangen.«
    »Wer?«
    »Die Schlägertypen. Die Supersportier. Diejenigen, die mich all die Jahre tyrannisiert haben.«
    »Kannst du einzelne Namen nennen?«
    »Es waren zu viele«, sagte Peter.
    »Kannst du uns erklären, warum du das Gefühl hattest, auf Gewalt zurückgreifen zu müssen?«
    Jordan hatte Peter eingeschärft, auf gar keinen Fall Zorn zu zeigen; er müsse ruhig und beherrscht bleiben, weil seine Aussage sich sonst noch negativer auf ihn auswirken würde, als Jordan ohnehin schon befürchtete. »Ich hab versucht zu tun, was meine Mom gesagt hat«, erklärte Peter. »Ich hab versucht, so zu sein wie sie, aber das hat nicht funktioniert.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich hab's mit Fußball probiert, aber ich bin nie eingesetzt worden. Einmal hab ich ein paar anderen Kindern geholfen, einem Lehrer einen Streich zu spielen. Wir haben sein Auto vom Parkplatz in die Turnhalle geschoben ... Ich musste nachsitzen, aber die anderen nicht, weil die in der Basketballmannschaft waren und am Samstag ein Spiel hatten.«
    »Aber Peter«, sagte Jordan, »warum das?«
    Peter benetzte sich die Lippen. »So sollte es nicht enden.«
    »Hattest du vor, all diese Menschen zu töten?«
    Sie hatten das in der Zelle geprobt. Peter musste nur antworten, was Jordan ihm gesagt hatte. Nein, hatte ich nicht.
    Peter blickte nach unten auf seine Hände. »Als ich das in dem Spiel gemacht hab«, sagte er leise, »hab ich gewonnen.«
    Jordan erstarrte. Peter war vom Skript abgewichen, und jetzt passte Jordans Text nicht mehr. Er wusste nur, dass der Vorhang sich senken würde, ehe er fertig war. Fahrig wiederholte er Peters Antwort noch mal im Kopf: Sie war nicht völlig schlecht, sondern ließ ihn deprimiert wirken, einsam.
    Jordan ging auf Peter zu, versuchte verzweifelt, ihm zu signalisieren, er solle sich konzentrieren, sich an die Vorgaben halten. Er musste den Geschworenen deutlich machen, dass dieser Junge sich entschlossen hatte, ihnen seine Reue zu zeigen. »Siehst du inzwischen ein, dass es an diesem Tag keine Gewinner gab, Peter?«
    Jordan sah etwas in Peters Augen aufglimmen. Eine winzige
    Flamme - Optimismus. Jordan hatte seine Sache zu gut gemacht: Fünf Monate lang hatte er Peter erzählt, er könne einen Freispruch für ihn erwirken, er habe eine Strategie, er wisse genau, was er tue ... und Peter hatte sich ausgerechnet diesen Moment ausgesucht, ihm endlich zu glauben.
    »Das Spiel ist noch nicht vorbei, oder?«, sagte Peter und lächelte Jordan hoffnungsvoll an.
    Zwei Geschworene wandten sich ab, und Jordan kämpfte um seine Fassung. Lautlos vor sich hin fluchend, ging er zurück zu seinem Tisch. Das war schon immer Peters Untergang gewesen. Er hatte keine Ahnung, wie er wirkte, wie er sich für einen Außenstehenden anhörte, für jemanden, der nicht wusste, dass Peter gar nicht die Absicht hatte, wie ein brutaler Massenmörder zu klingen, sondern nur einen kleinen Scherz mit einem seiner wenigen Freunde hatte machen wollen.
    »Mr. McAfee«, sagte der Richter. »Haben Sie noch weitere Fragen?«
    Er hatte Tausende: Wie konntest du mir das antun ? Wie konntest du dir selbst das antun? Wie kann ich den Geschworenen begreiflich machen, dass du das nicht so gemeint hast, wie es geklungen hat? Er schüttelte nachdenklich den Kopf und überlegte, wie er weiter vorgehen sollte, doch der Richter fasste das als Antwort auf.
    »Ms. Leven?«, sagte er.
    Jordans Kopf schnellte hoch. Moment, wollte er sagen. Moment, ich hab doch noch überlegt. Er hielt den Atem an. Falls Diana Peter auch nur eine Frage stellte - und sei es auch nur eine banale - hätte er die Möglichkeit, seine Vernehmung anschließend fortzusetzen. Und dann würde er schon dafür sorgen, dass die Geschworenen einen anderen Eindruck von Peter bekämen.
    Diana überflog die Notizen, die sie sich gemacht hatte, und drehte das Blatt dann um. »Die Anklage hat keine Fragen, Euer Ehren«, sagte sie.
    Richter Wagner rief den Gerichtsdiener. »Bringen Sie Mr. Houghton zurück zu seinem Platz. Die Sitzung ist geschlossen. Wir sehen uns Montag wieder.«
    Sobald die Geschworenen hinausgegangen waren, brach im Saal die Hölle los. Journalisten drängten nach vorn an die Schranke und bombardierten

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