19 Minuten
musste. Dass sie bald wieder würde atmen können.
Josie öffnete die Tür, und vor ihr stand die große, attraktive Afroamerikanerin, die mit Jordan McAfee verheiratet war. Sie lächelte sie an. »Ich muss noch mal mit deiner Mom reden, Josie«, sagte sie. »Ist sie zu Hause?«
Josie stutzte kurz und rief dann über die Schulter nach ihrer Mutter. Alex kam, dicht gefolgt von Patrick.
»Oh«, sagte Selena und blinzelte.
Ungerührt verschränkte ihre Mutter die Arme vor der Brust. »Was geht hier vor?«
»Euer Ehren, entschuldigen Sie, dass ich Sie am Samstagmorgen störe, aber mein Mann würde gern wissen, ob Josie heute vielleicht Zeit für ihn hätte.«
»Wozu denn?«
»Weil er Josie am Montag als Zeugin aufrufen möchte.«
Josie wurde schwindelig. »Als Zeugin?«, wiederholte sie.
Ihre Mutter machte einen Schritt nach vorne, und sie sah ganz so aus, als wäre sie handgreiflich geworden, wenn Patrick sie nicht festgehalten hätte.
»Ich kann nicht vor Gericht aussagen«, stammelte Josie.
Ihre Mutter schüttelte den Kopf. »Sie haben eine eidesstattliche Erklärung von Josie, dass sie sich an nichts erinnern kann -«
»Ich verstehe ja, dass Sie aufgebracht sind. Aber Jordan wird Josie am Montag in den Zeugenstand rufen, und wir würden lieber vorher mit ihr die Aussage durchsprechen, als sie unvorbereitet da reingehen zu lassen. Es ist besser für uns, und es ist besser für Josie.« Sie stockte. »Sie haben die Wahl, Euer Ehren.«
Josies Mutter biss die Zähne zusammen. »Zwei Uhr«, zischte sie und knallte Selena die Tür vor der Nase zu.
»Du hast es mir versprochen «, schrie Josie. »Du hast versprochen, ich müsste nicht vor Gericht aussagen!«
Ihre Mutter packte sie an den Schultern. »Schätzchen, ich weiß, dass du Angst davor hast. Ich weiß, dass du es nicht willst. Aber es wird ganz kurz und schmerzlos sein.« Sie warf Patrick einen Blick zu. »Warum zum Teufel macht er das?«
»Weil sein Fall den Bach runtergeht«, sagte Patrick. »Und er will, dass Josie ihn rettet.«
Josie brach in Tränen aus.
Als Jordan die Tür zu seinem Büro öffnete, trug er Sam wie einen Football unter dem Arm. Es war Punkt zwei Uhr, und Josie Cormier und ihre Mutter waren eingetroffen. Richterin Cormier sah ungefähr so einladend aus wie eine senkrechte Felswand, ihre Tochter dagegen zitterte wie Espenlaub. »Danke, dass Sie gekommen sind«, sagte er und setzte ein breites, freundliches Lächeln auf. Er wollte unbedingt, dass Josie sich entspannte.
Keine der beiden Frauen sprach ein Wort.
»Sie müssen entschuldigen«, sagte Jordan mit einer Geste auf Sam. »Meine Frau wollte ihn längst abgeholt haben, damit wir uns in Ruhe unterhalten können, aber irgendwo auf der Strecke ist ein Lastwagen umgekippt, und sie steht im Stau.« Er lächelte noch breiter. »Kann aber nicht mehr lange dauern.«
Er deutete einladend auf Couch und Sessel in seinem Büro. Auf dem Tisch standen Kekse und eine Karaffe mit Wasser. »Bitte bedienen Sie sich. Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«
»Nein«, sagte die Richterin.
Jordan setzte sich Sam aufs Knie und wippte ihn auf und ab. »Nicht? Äh, gut.«
Er starrte auf die Wanduhr und staunte, wie lang sechzig Sekunden sein konnten, wenn man sich wünschte, sie mögen schnell vergehen. Plötzlich flog die Tür auf, und Selena kam hereingefegt. »Tschuldigung, Tschuldigung«, sagte sie aufgeregt und griff nach dem Baby. Dabei rutschte ihr der Rucksack mit den Windeln von der Schulter und schlitterte über den Boden bis vor Josie.
Josie sprang hoch und starrte auf den Rucksack. Sie wich zurück, stolperte über die Beine ihrer Muter und die Couchlehne. »Nein«, wimmerte sie, kauerte sich in eine Ecke, legte schützend die Hände über den Kopf und fing an zu weinen.
Richterin Cormier kniete sich neben ihre Tochter. »Josie, was hast du? Josie? Was ist denn los?«
Das Mädchen schluchzte haltlos und wiegte sich vor und zurück. Sie sah ihre Mutter an. »Ich erinnere mich«, flüsterte sie. »An mehr, als ich gesagt hab.«
Der Richterin verschlug es die Sprache. Jordan nutzte die Schrecksekunde. »Woran erinnerst du dich?«, fragte er und hockte sich neben Josie.
Richterin Cormier stieß ihn beiseite und half Josie auf die Beine. Sie führte sie zur Couch und goss ihr aus der Karaffe ein Glas Wasser ein. »Ist ja gut«, murmelte sie leise.
Josie holte bebend Luft und deutete ruckartig mit dem Kinn auf den Rucksack, der noch auf dem Boden lag. »Peters Rucksack ist auch
Weitere Kostenlose Bücher