19 Minuten

Titel: 19 Minuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult

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so runtergefallen, genau wie der da. Der Reißver-schluss war offen, und ... und da ist eine Pistole rausgerutscht. Matt hat sie aufgehoben.« Ihr Gesicht verzog sich. »Er hat auf Peter geschossen, aber nicht getroffen. Und Peter ... der ...« Sie schloss die Augen. »Dann hat er ihn erschossen.«
    »Ein totales Durcheinander«, sagte Jordan zu Selena, nachdem die Cormiers wieder gegangen waren.
    Selena war nicht mit dem Baby nach Hause gefahren. Sam lag schlafend in einer leeren Aktenschrankschublade. Sie saß mit Jordan am Tisch, wo Josie eine knappe Stunde zuvor zugegeben hatte, dass sie sich in letzter Zeit an immer mehr Bruchstücke jenes Morgens erinnert hatte, es aber aus Angst, doch noch vor Gericht darüber reden zu müssen, niemandem erzählt hatte. Und dass dann, als der Rucksack mit den Windeln zu Boden fiel, plötzlich alles mit voller Wucht auf sie eingestürmt war.
    »Wenn Josie das alles im Zeugenstand so erzählt, dann sind die zehn Morde plötzlich nicht mehr das, was sie zu sein schienen. Keiner kannte die wahre Geschichte hinter dem Tod von Matt Royston, und damit wird alles fragwürdig, was die Anklage den Geschworenen über den Amoklauf erzählt hat. Anders ausgedrückt: Wenn die Staatsanwaltschaft das nicht wusste, was weiß sie dann sonst noch alles nicht?«
    »Und es untermauert das, was King Wah gesagt hat«, stellte Selena fest. Einer der Schüler, die Peter immer gequält hatten, richtet eine Waffe auf ihn, genau, wie er das immer befürchtet hatte.« Sie zögerte. »Aber andererseits hat Peter die Waffe selbst mit in die Schule gebracht ...«
    »Das ist irrelevant«, sagte Jordan. »Ich muss nicht für alles eine Erklärung haben.« Er küsste Selena auf den Mund. »Ich muss nur dafür sorgen, dass es der Staatsanwaltschaft genauso ergeht.«
    Alex saß auf einer Parkbank und schaute ein paar jungen Leuten zu, die unbekümmert Frisbee spielten. Neben ihr zog Josie die Knie an die Brust. »Wieso hast du es mir nicht erzählt?«, fragte Alex.
    Josie hob das Gesicht. »Ich konnte nicht. Du warst doch die Richterin in dem Fall.«
    Alex spürte ein Stechen unter dem Brustbein. »Aber dann hab ich den Vorsitz abgegeben, Josie ... und wir sind zu Jordan McAfee gegangen, wo du gesagt hast, dass du dich an nichts erinnern kannst ... Deshalb hab ich dich ja auch die eidesstattliche Erklärung abgeben lassen.«
    »Ich dachte, du wolltest das so,« sagte Josie. »Du hast gesagt, wenn ich die Erklärung unterschreibe, müsste ich nicht vor
    Gericht aussagen ... und das wollte ich schließlich nicht. Ich wollte Peter nicht wiedersehen.«
    Einer der jungen Leute verfehlte das Frisbee. Es segelte auf Alex zu und landete zu ihren Füßen. »Tschuldigung«, rief der Junge und winkte.
    Alex hob die Scheibe auf und warf sie im hohen Bogen zurück, ein Fleck vor einem vollkommen blauen Himmel.
    »Mommy«, sagte Josie, dabei hatte sie Alex schon seit Jahren nicht mehr so genannt. »Was wird jetzt mit mir passieren?«
    Alex wusste es nicht. »Ab jetzt«, sagte Alex zu ihrer Tochter, »musst du nur eines tun, nämlich die Wahrheit sagen.«
    Patrick war nach Cornish gerufen worden, um dort mit einem gewalttätigen Vater zu verhandeln, der seine Familie als Geiseln genommen hatte, und kehrte erst kurz vor Mitternacht nach Sterling zurück. Anstatt in seine Wohnung zu fahren, fuhr er zu Alex - wo er sich ohnehin mehr zu Hause fühlte.
    Als er hereinkam, saß sie im dunklen Wohnzimmer auf dem Sofa, und er ließ sich müde neben sie sinken. Einen Moment lang starrte er die Wand an, genau wie Alex. Dann blickte sie ihn an, und er sah, dass sie geweint hatte.
    »Was ist los?«
    »Ach Patrick, ich hab alles falsch gemacht«, sagte Alex. »Ich dachte, ich würde ihr helfen. Ich dachte, ich wüsste, was richtig ist. Und jetzt stellt sich heraus, dass ich gar nichts gewusst hab.«
    »Wo ist Josie?«, fragte er.
    »Sie schläft. Ich hab ihr eine Schlaftablette gegeben.«
    »Wie ist es euch heute ergangen?«
    »Wir waren bei Jordan McAfee, und Josie hat ihm erzählt ... sie hat ihm erzählt, dass sie sich doch an mehr erinnern kann. Eigentlich an alles.«
    Patrick stieß einen leisen Pfiff aus. »Hat sie vorher gelogen?«
    »Ich weiß nicht. Ich glaube, sie hatte Angst.« Alex drehte sich zu Patrick um. »Josie sagt, Matt hat zuerst auf Peter geschossen.«
    »Was?«
    »Peters Rucksack ist runtergefallen und Matt praktisch vor die
    Füße gerutscht. Er hat sich die zweite Pistole gegriffen und auf Peter geschossen, ihn aber