19 Minuten
nervös.
»Apropos«, sagte Jordan. »Du weißt doch noch, weshalb wir hier sind?«
»Soll das ein Test sein?«
Jordan blickte ihn nur an.
»Heute wird festgestellt, ob ein hinreichender Tatverdacht vorliegt«, sagte Peter. »Das haben Sic mir jedenfalls letzte Woche gesagt.«
»Richtig. Ich hab dir aber nicht gesagt, dass wir auf die Anhörung verzichten.«
»Verzichten?«, sagte Peter. »Wieso das denn?«
»Weil wir passen, noch ehe die Karten gespielt werden«, erwiderte Jordan. Er reichte Peter das Formular, das Selena ihm zum Wagen gebracht hatte. »Unterschreib das.«
Peter schüttelte den Kopf. »Ich will einen neuen Anwalt.«
»Jeder andere, der was taugt, wird dir das Gleiche erzählen -«
»Was? Dass ich aufgeben soll, ohne es überhaupt versucht zu haben? Sie haben gesagt -«
»Ich hab gesagt, du kriegst von mir die bestmögliche Verteidigung«, fiel Jordan ihm ins Wort. »Ein hinreichender Tatverdacht liegt doch längst vor, immerhin behaupten Hunderte von glaubwürdigen Zeugen, dich bei der Tat gesehen zu haben. Es geht nicht darum, ob du es getan hast oder nicht, Peter, es geht darum, warum du es getan hast. Wenn die Anhörung zur Feststellung eines hinreichenden Tatverdachts heute stattfindet, macht die Staatsanwaltschaft jede Menge Punkte, und wir keinen einzigen. Es wäre eine Möglichkeit für die Staatsanwaltschaft, Beweise an die Medien und die Öffentlichkeit rauszugeben, ehe wir Gelegenheit haben, unsere Version der Geschichte zu erzählen.« Er hielt Peter wieder das Formular hin. »Unterschreib.«
Peter starrte ihn an, schäumend vor Zorn. Dann nahm er das Formular. »Das ist doch ätzend«, sagte er, während er seine Unterschrift hinschmierte.
»Es wäre für dich noch ätzender, wenn wir uns auf die Anhörung einließen.« Jordan nahm das Formular und verließ die Zelle, um die Verzichtserklärung ins Gerichtssekretariat zu bringen. »Bis gleich.«
Als er den Gerichtssaal betrat, waren die Zuschauerreihen bis auf den letzten Platz besetzt. Die Medienvertreter hatten sich hinten im Saal aufgebaut, alle Kameras aufnahmebereit. Jordan suchte nach Selena. Sie saß mit Sam auf dem Schoß mitten in der dritten Reihe hinter dem Fisch der Staatsanwaltschaft. Als sie ihn sah, hob sie fragend die Augenbrauen.
Jordan nickte kaum merklich. Alles klar.
Der Ehrenwerte Richter David Iannucci, der bei dieser Anhörung den Vorsitz führte, war für Peters Fall nicht von Bedeutung. Er würde hier lediglich seines Amtes walten und die Sache an das Gericht übergeben, vor dem Jordan dann all sein Geschick aufbieten musste.
Zwei Gerichtsdiener führten den Angeklagten herein. Das Gemurmel im Publikum verstummte. Peter blickte nicht auf, als er hereinkam, sondern hielt den Blick starr auf den Boden gerichtet, bis er neben Jordan geschoben wurde.
Richter Iannucci überflog das Formular, das man ihm vorgelegt hatte. »Wie ich sehe, Mr. Houghton, erklären Sie Ihren Verzicht auf die Anhörung zur Feststellung eines hinreichenden Tatverdachts.«
Die Neuigkeit entlockte den Medienvertretern, die alle ein Spektakel erhofft hatten, einen kollektiven Seufzer.
»Ist Ihnen klar, dass ich aufgrund Ihrer Verzichtserklärung verpflichtet bin, diesen Fall unverzüglich an das Kammergericht zu übergeben?«
Peter blickte Jordan an.
»Sag ja«, forderte Jordan ihn auf.
»Ja«, wiederholte Peter.
Richter Iannucci blickte ihn streng an. »Ja, Euer Ehren«, berichtigte er.
»Ja, Euer Ehren.« Peter wandte sich wieder an Jordan und zischte ihm zu: »Das ist noch immer ätzend.«
»Sie sind entschuldigt«, sagte der Richter, und die Gerichtsdiener zogen Peter wieder aus dem Saal.
Jordan machte einer Kollegin für den nächsten Fall Platz. Er ging zu Diana Leven, die am Tisch der Staatsanwaltschaft ihre Unterlagen wieder zusammenpackte. »Tja«, sagte sie, ohne den Blick zu heben. »Überrascht bin ich nicht.«
»Wann krieg ich Einsicht in Ihre Akten?«, fragte Jordan.
»Ich kann mich nicht erinnern, dass Sie die beantragt hätten.« Sie schob sich an ihm vorbei, eilte den Mittelgang entlang. Jordan nahm sich vor, Selena zu bitten, schnellstens einen entsprechenden Antrag aufzusetzen und an das Büro der Staatsanwaltschaft zu schicken, eine Formalität, auf der Diana bestehen würde. In einem derart wichtigen Fall würde sich die Staatsanwaltschaft strikt an die Regeln halten, damit das Urteil in einem eventuellen Berufungsverfahren nicht wegen irgendwelcher noch so kleiner Verfahrensfehler aufgehoben
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