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Titel: 19 Minuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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nur, dass die Aggression aufhört. Genau das hat Peter von Anfang an gesagt. Er wollte bloß, dass es aufhört. Und was noch besser ist, die Staatsanwaltschaft kann nicht wie sonst als Gegenbeweis anführen, eine mündige, erwachsene Frau sei alt genug, um zu wissen, was sie tut, wenn sie zum Messer oder zur Pistole greift. Peter ist ein unmündiger Jugendlicher. Also kann er noch nicht wissen, was er tut.« Jordan sah Selena eindringlich an. »Monster entstehen nicht aus dem Nichts. Eine Ehefrau verwandelt sich nicht in eine Mörderin, wenn sie nicht jemand dazu macht. Ihr Dr. Frankenstein ist der brutale Ehemann. Und in Peters Fall die ganze Sterling Highschool. Peter ist getreten und gepiesackt und geschlagen und gekniffen worden, nur um ihn dahin zu zwingen, wo er angeblich hingehörte. Und durch seine Peiniger hatte er gelernt, zurückzuschlagen.«
    Sam wurde in seinem Hochstuhl quengelig. Selena hob ihn heraus und nahm ihn auf den Arm. »Das hat noch kein Anwalt versucht«, sagte sie. »Es gibt kein Schikanesyndrom.«
    »Jetzt doch«, sagte Jordan.
    Patrick saß im Büro am Computer und bewegte sich mit dem Cursor durch das Videospiel, das Peter Houghton selbst kreiert hatte.
    Zuerst suchte man sich eine Figur aus - einen von drei Jungs: den Orthografiechampion, das Mathegenie, den Computerfreak. Einer war klein und pickelig. Einer war schmächtig und trug eine Brille. Einer war stark übergewichtig.
    Du hattest keine Waffe. Du musstest in verschiedene Räume der Schule gehen und deinen Verstand benutzen: Im Lehrerzimmer fandest du Wodka; im Heizungskeller einen Feuerlöscher; im Chemielabor gab es Säure, in der Bibliothek dicke Bücher; im Raum der Mathe-AG lagen Zirkel und Metalllineale mit scharfen Kanten; im Computerraum waren Kabel zum Erdrosseln; im Werkraum Kettensägen; im Hauswirtschaftsraum Mixer und Stricknadeln; im Kunstraum ein Brennofen. Nun galt es, die Materialien geschickt zu kombinieren und daraus Angriffswaffen zu basteln: aus dem Feuerlöscher und dem Wodka einen Flammenwerfer; aus den Chemikalien und den Zirkeln vergiftete Dolche; aus den Computerkabeln und den dicken Büchern Fußangeln.
    Patrick bewegte den Cursor über Gänge und Treppen hinauf, durch Umkleideräume und ins Büro des Hausmeisters. Während er um virtuelle Ecken bog, wurde ihm plötzlich klar, dass er durch dieses Gebäude bereits in Wirklichkeit gegangen war. Es war die Sterling High.
    Ziel des Spiels war es, die Sportskanonen, die Schlägertypen und die Lieblinge der Schule zu erledigen. Für jeden Treffer gab es eine bestimmte Punktzahl. Wenn du 1ooooo Punkte erreicht hattest, bekamst du eine Schrotflinte, für 500000 ein Maschinengewehr. Bei einer Million Punkte saßt du rittlings auf einer Nuklearrakete.
    Patrick sah, wie eine virtuelle Tür aufflog. Keine Bewegung, riefen seine Lautsprecher, und eine Phalanx Polizisten in Kampfwesten stürmte auf den Bildschirm. Er legte die Hand wieder auf die Pfeiltasten, machte sich bereit. Schon zweimal hatte er es so weit geschafft und war dann getötet worden. Man hatte auch die Möglichkeit, sich selbst zu töten - was verlieren bedeutete.
    Diesmal jedoch hob er sein virtuelles Maschinengewehr und sah, wie das Blut nur so spritzte, als er die Polizisten niedermähte.
    GLÜCKWUNSCH! DU HAST GEWONNEN!, erschien auf Patricks Bildschirm. WILLST DU NOCH EINMAL SPIELEN?
    Am zehnten Tag nach dem Amoklauf an der Sterling High saß Jordan in seinem Volvo auf dem Parkplatz des Bezirksgerichts. Überall standen Übertragungswagen, deren Satellitenschüsseln zum Himmel zeigten wie die Gesichter von Sonnenblumen. Er trommelte mit den Fingern im Takt eines Songs von der Kinder-CD, die Sam auf dem Rücksitz bei Laune hielt.
    Selena war ungehindert ins Gerichtsgebäude gelangt, weil niemand von den Journalisten sie mit dem Fall in Zusammenhang brachte. Als sie wieder auf den Wagen zukam, stieg Jordan aus und nahm das Formular entgegen, das sie ihm hinhielt. »Super«, sagte er.
    »Bis später.« Sie beugte sich in den Fond, um Sam aus dem Kindersitz zu nehmen, während Jordan auf das Gerichtsgebäude zusteuerte. Sobald der erste Reporter ihn erspähte, ging ein Blitzlichtgewitter los und Mikrofone wurden ihm vors Gesicht gehalten. Er schob sie beiseite und knurrte nur »Kein Kommentar«, ehe er durch die Tür verschwand.
    Peter war schon in die Wartezelle gebracht worden, wo er im Kreis lief, als Jordan hereinkam. »Heute ist also der große Tag«, sagte Peter atemlos. Er wirkte

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