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Titel: 19 Minuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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werden konnte.
    Draußen vor dem Saal fingen ihn die Houghtons ab. »Was sollte das denn?«, fragte Lewis. »Wozu bezahlen wir Sie eigentlich?«
    Jordan zählte im Kopf bis fünf.
    »Ich habe das mit meinem Mandanten abgeklärt. Er hat die Verzichtserklärung unterschrieben.«
    »Aber Sie haben kein Wort gesagt«, wandte Lacy ein. »Sie haben ihm nicht mal eine Chance gegeben.«
    »Die Anhörung hätte Peter nichts genützt. Im Gegenteil. Und jede Kamera draußen vor dem Gebäude hätte Sie ins Visier genommen. Das passiert noch früh genug. Oder können Sie's nicht abwarten?« Er blickte von Lacy Houghton zu ihrem Mann und wieder zurück. »Ich habe Ihnen einen Gefallen getan«, sagte Jordan, und dann ging er, ließ sie mit der Wahrheit stehen, die sie wie einen Stein trugen, der mit jedem Augenblick schwerer wurde.
    Patrick war auf dem Weg zu Peter Houghtons Anhörung gewesen, als er einen Anruf auf dem Handy erhielt und auf der Stelle wendete, um zu Smyth's Gun Shop in Plainfield zu fahren. Der Ladenbesitzer, ein rundlicher kleiner Mann mit tabakfleckigem Bart, saß draußen auf dem Bordstein und schluchzte, als Patrick eintraf. Neben ihm stand ein Streifenpolizist, der mit dem Kinn auf die offene Tür deutete.
    Patrick setzte sich neben den Mann. »Ich bin Detective Ducharme«, sagte er. »Was ist passiert?«
    Der Mann schüttelte den Kopf. »Es ging alles so schnell. Sie wollte die Pistole sehen, eine Smith and Wesson. Sie hat gesagt, sie braucht sie für zu Hause, um sich sicherer zu fühlen. Sie hat gefragt, ob ich auch eine Gebrauchsanweisung hätte, und als ich ihr den Rücken zudrehte, um eine zu holen... da...« Er verstummte und schüttelte wieder den Kopf.
    »Woher hatte sie die Patronen?«, fragte Patrick.
    »Von mir jedenfalls nicht«, sagte der Ladenbesitzer. »Sie muss welche in ihrer Handtasche gehabt haben.«
    Patrick nickte. »Bleiben Sie hier bei Officer Rodriguez. Könnte sein, dass ich nachher noch Fragen habe.«
    In dem Waffengeschäft war die rechte Wand mit Blut und Hirnmasse bespritzt. Der Gerichtsmediziner Guenther Frankenstein war über einen Körper gebeugt, der auf der Seite lag. »Wieso bist du denn schon da?«, fragte Patrick.
    Guenther zuckte die Achseln. »Hatte in der Nähe zu tun.« Er warf Patrick einen Blick zu. »Wär schön, wenn wir uns auch mal unter anderen Umständen treffen würden.«
    »Oh ja, mein Lieber«, erwiderte Patrick und ging neben ihm in die Hocke.
    »Ziemlich klarer Fall«, sagte Guenther. »Sie hat sich den Lauf in den Mund gesteckt und abgedrückt.«
    Patrick sah die Handtasche auf der Glastheke liegen. Er kramte in ihr herum und fand eine Packung Munition mitsamt der Wal Mart-Quittung dafür. Dann öffnete er das Portemonnaie der Toten und zog in dem Moment ihren Führerschein heraus, als Guenther den Leichnam auf den Rücken drehte.
    Trotz der Schmauchspuren im Gesicht erkannte Patrick sie, ehe er ihren Namen las. Er hatte mit Yvette Harvey gesprochen; er hatte ihr die Nachricht überbracht, dass ihr einziges Kind -eine Tochter mit Downsyndrom - das Massaker an der Sterling High nicht überlebt hatte.
    Indirekt, dachte Patrick, stieg die Zahl von Peter Houghtons Opfern also noch immer.
    »Nur weil einer Waffen sammelt, heißt das noch lange nicht, dass er sie auch benutzen will«, sagte Peter mit finsterem Blick.
    Es war ungewöhnlich warm für Ende März, verrückte dreißig Grad, und die Klimaanlage in der Haftanstalt war defekt. Die Häftlinge liefen in ihrer Unterwäsche herum; die Aufseher waren alle gereizt. Jordan fühlte sich in dem Besprechungsraum, in dem er seit gut zwei Stunden mit Peter hockte, wie in einem Glutofen und war schon völlig durchgeschwitzt.
    Er wollte nur noch weg. Er wollte nach Hause und Selena sagen, dass er den Fall gar nicht hätte annehmen sollen, und dann wollte er seine Familie ins Auto packen, um an den mickrigen Achtzehn-Meilen-Strand zu fahren, den New Hampshire zu bieten hatte, und in voller Montur in den eiskalten Atlantik zu springen.
    Der Hoffnungsfunke, der bei Jordan glimmte, seit ihm die Idee mit dem entschuldigenden Notstand gekommen war, obwohl noch kein Anwalt diese Verteidigungsstrategie in einem Fall wie dem von Peter angewandt hatte, war durch die Unterlagen, die ihm die Staatsanwaltschaft in den Wochen danach zugeschickt hatte, fast erloschen: stapelweise Papiere, Fotos und Beweismittel. Angesichts dessen war kaum vorstellbar, dass sich Geschworene dafür interessieren würden, warum Peter getötet hatte

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