19 Minuten
auch zu Hause machen können«, knurrte Joey.
Lacy stemmte die Hände in die Hüften. »Der Tod gehört zum Leben dazu. Ich würde mir wünschen, dass Menschen, die ich liebe, bei mir sind, wenn ich abtreten muss.« Sie wartete, bis Lewis Dozer aus dem Laderaum gehoben hatte, und schloss dann die Heckklappe.
Lacy hatte um den letzten Termin des Tages gebeten, damit der Arzt sich Zeit lassen konnte. Sie saßen allein im Wartezimmer, der Hund wie eine Decke auf Lewis' Schoß. Joey nahm eine Sportzeitschrift vom Tisch und blätterte darin. Peter verschränkte die Arme und starrte an die Decke.
»Was ist eure schönste Erinnerung an Dozer?«, fragte Lacy.
Lewis seufzte. »Muss das sein...«
»Das nervt«, stellte Joey klar.
»Meine schönste Erinnerung«, sagte Lacy unbeirrt, »ist, als Dozer ein Welpe war und ich ihn auf dem Esstisch erwischt hab mit dem Kopf im Truthahn.« Sie streichelte den Kopf des Hundes. »In dem Jahr gab's Suppe zu Thanksgiving.«
Joey knallte die Zeitschrift wieder auf den Tisch und seufzte.
Marcia, die Tierarzthelferin, hatte einen langen Zopf, der ihr bis zu den Hüften ging. Lacy hatte sie vor fünf Jahren von Zwillingen entbunden. »Hi, Lacy«, sagte sie, als sie hereinkam und sie gleich unbeholfen umarmte. »Geht's einigermaßen?«
Marcia ging zu Dozer und kraulte ihn hinter den Ohren. »Möchtet ihr hier draußen warten?«
Joey nickte.
»Wir kommen alle mit rein«, sagte Lacy entschieden.
Sic folgten Marcia in den Behandlungsraum und legten Dozer auf den Untersuchungstisch. »Guter Hund«, sagte Marcia.
Lewis und die Jungen stellten sich nebeneinander an die Wand wie zu einer polizeilichen Gegenüberstellung. Als der Arzt mit der Spritze hereinkam, wichen sie noch weiter zurück. »Möchten Sie ihn halten?«, fragte der Arzt.
Lacy nickte, trat neben Marcia und legte die Hände auf das Tier.
»So, Dozer, du hast tapfer gekämpft«, sagte der Arzt. Er wandte sich an die Jungen. »Er wird nichts spüren, nur ganz friedlich einschlafen.« Dann suchte er eine Vene am Bein des Hundes, injizierte die Lösung und strich Dozer über den Kopf.
Der Hund holte einmal tief Atem, dann rührte er sich nicht mehr. Marcia trat zurück, ließ Dozer in Lacys Armen. »Ihr könnt euch in Ruhe verabschieden«, sagte sie und verließ mit dem Arzt den Raum.
Lacy war daran gewöhnt, neues Leben in Händen zu halten, sie hatte noch nie gespürt, wie es den Körper in ihren Armen verließ. Es war lediglich eine andere Form des Übergangs, aber es fiel ihr furchtbar schwer, den Hund gehen zu lassen. War es albern, ein Tier so zu lieben? War es töricht, sich einzugestehen, dass man einen Hund so lieben konnte wie die eigenen Kinder?
Das war der Hund, der sich stoisch und ergeben vom zweijährigen Peter wie ein Pferd hatte reiten lassen, der das ganze Haus zusammengebellt hatte, als Joey auf der Couch eingeschlafen war, während sein Essen auf dem Herd stand, bis Flammen aus dem Topf schlugen. Der im Winter unter Lacys Schreibtisch gelegen hatte, während sie ihre E-Mails beantwortete und sich die Füße an seinem blassrosa Bauch wärmte.
Lacy beugte sich über den toten Hund und fing an zu weinen, leise zunächst, dann laut schluchzend, sodass Joey sich abwandte und Lewis das Gesicht verzog.
»Tu was«, hörte sie Joey mit belegter Stimme sagen.
Sie spürte eine Hand auf der Schulter und nahm an, es sei Lewis, aber dann sagte Peter: »Als wir ihn damals aus dem Wurf ausgesucht haben, da wollten alle seine Geschwister auf einmal aus dem Verschlag klettern. Dozer war ganz oben und hat uns angeschaut, und dann hat er das Gleichgewicht verloren und ist auf die hinter ihm drauf gekugelt.« Lacy hob den Kopf und sah ihn an. »Das ist meine schönste Erinnerung«, sagte Peter.
Lacy hatte sich immer glücklich geschätzt, ein Kind zu haben, das sensibel und emotional war und sich in andere einfühlen konnte. Sie löste die Fäuste, die sich im Fell des Hundes verkrallt hatten, und öffnete die Arme für Peter. Anders als Joey, der schon größer als sie und muskulöser als Lewis war, passte Peter noch in ihre Umarmung. Ein noch unfertiger Mann.
Wenn ich sie doch so behalten könnte: in Bernstein eingeschlossen, damit sie nie erwachsen werden.
Bei jedem Schulkonzert oder -theaterstück saß für Josie immer nur ein Elternteil im Publikum, ihre Mutter. Auch andere Kinder wuchsen bei nur einem Elternteil auf, aber Josie hatte als Einzige an der Schule ihren Vater nie kennengelernt.
Natürlich hatte
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