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190 - Der Finder

190 - Der Finder

Titel: 190 - Der Finder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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irgendjemand. Die nächste Diele knallte aus dem Boden, ein junger Baum richtete sich auf. Die Menge zuckte zusammen und wich bis an die gegenüberliegende Wand zurück.
    Wie ein lebendiger Wall aus Pflanzen standen Wurzelgeflecht und Gestrüpp auf einmal zwischen Daa’tan und den Männern und Frauen. Einige zitterten, andere sanken auf die Knie. Auf allen Gesichtern lag blankes Entsetzen. Daa’tan konnte nicht fassen, was ihm widerfuhr. Noch immer sprossen Triebe aus seinen Fesseln.
    Die Rotpelzige, die sich Cantalic nannte, brüllte laut auf. Jähzorn packte sie. Sie spuckte aus, zog Daa’tans Schwert Nuntimor, sprang zwischen die Wurzeln und Sträucher und begann auf sie einzuhacken.
    ***
    Ein paar Atemzüge lang war Victorius hin und her gerissen. Es lag an Cahais Gesicht. Weniger an den aufgeplatzten Lippen und der großen blutigen Zahnlücke als viel mehr an seinem Gesichtsausdruck. Alles Trotzige, Eigensinnige und Verschlagene war aus den Zügen des schlitzäugigen Burschen verschwunden.
    Wäre der große Schnurrbart nicht gewesen, hätte man ihn für eine harmlose Jungfrau halten können, für ein verträumtes, verliebtes Mädchen.
    Cahai lächelte unentwegt, wirkte atemberaubend mild und gab Dinge von sich, die den schwarzen Prinzen stutzig machten. »ER ist wunderbar, SEINE Nähe ist wie schöne Musik, IHM zu begegnen ist wie die Rückkehr an die Mutterbrust« und ähnlich gefühlsseliges Zeug. Dabei wischte er sich ständig mit dem Handrücken das Blut vom Mund.
    Für einen Moment spürte Victorius sogar einen Fluchtimpuls. Er wollte sich schon zu einer der beiden Spalten umdrehen, die in der Höhle klafften, und loslaufen, doch die krächzende Stimme des Greises fesselte seine Aufmerksamkeit, und sofort vergaß er seine Zweifel wieder.
    Ein brauchbarer Diener des Ahnen , sagte der, den die Wolken tragen, wohin er will. Der uralte Wächter des Uluru sprach nicht von Victorius, sondern von Cahai. Wagemutig, schlau und geschickt mit Waffen und Zunge. Victorius konnte nicht erkennen, dass der Greis seine Lippen bewegte. Hallte seine Stimme durch die Höhle oder nur durch seinen Kopf? Er soll sich setzen und warten, bis die anderen so weit sind. Gauko’on nickte dem jungen Säbelmann zu und bedeutete ihm mit einer Handbewegung, hinter den anderen beiden Anangu an der Höhlenwand Platz zu nehmen.
    Cahai lächelte selig, wischte sich das Blut vom Mund, murmelte irgendwelche Dankesbekundungen und zog sich auf die andere Seite der Höhle zurück. Dort ließ er sich seufzend nieder.
    Und nun er. Die Augen des Uralten richteten sich auf den Afraner.
    Was ist mit dir? Es war, als würden Gauko’ons Augen Strahlen abschießen, Strahlen, die tief in Victorius’ Kopf eindrangen. Bist du bereit für deinen HERRN? Ein Kloß im Hals raubte dem Afraner die Stimme. Unsicher blickte er zwischen den Marsianern und dem Anangu hin und her. Clarice Braxton stand die Furcht ins Gesicht geschrieben, Vogler eine Entschlossenheit, die zum Äußersten bereit war. Ich habe dich etwas gefragt, Mann aus Afra! Bist du bereit, mit mir zu gehen?
    »Doch… ja …« Victorius schluckte. Die Augen des Greises, den die Wolken tragen, wohin er will , waren zwei Feuer speiende Kugeln aus Gold. »Victorius geht mit …« Die Stimme brach ihm, er schnappte nach Luft. Die beiden anderen Anangu summten und wurden zu Schatten, die am Feuer schaukelten und zerflossen.
    Dunkelheit erfüllte die Höhle, waberte durch Victorius’ Bewusstsein.
    Nur zwei goldene Lichter strahlten hell in dieser Dunkelheit.
    Ihm war, als würden sich starke Arme um seine Brust schließen und ihm die Luft abdrücken. Er verlor den Boden unter den Füßen, drehte sich erst um seine Längsachse, dann um seine Querachse. Mit den Füßen voran schoss sein Körper nach oben. Leicht wie eine Feder fühlte er sich an…
    ***
    »Sie nennen es ›Traumzeit‹«, sagte Matt. »Der Begriff ist mir aus den guten alten Zeiten vor ›Christopher-Floyd‹ bekannt, seine Bedeutung allerdings scheint sich gründlich verändert zu haben seit damals.«
    Matthew Drax und Rulfan von Salisbury hatten lange auf die Rückkehr der anderen gewartet. Bis Daagson ihnen erklärte, dass sie kaum vor dem nächsten Sonnenaufgang zurückkommen würden.
    Jetzt entfernten sie sich von den Schafstitanen und Mammutwaranen.
    Hin und wieder drehte sich einer von ihnen um und blickte zurück zur torhohen Spalte im roten Gestein, in die man ihre Gefährten gebracht hatte. Inzwischen war es Abend

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