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190 - Der Finder

190 - Der Finder

Titel: 190 - Der Finder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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dem Gestrüpp und den Unterständen, die es umgaben. Die beiden Männer waren sich längst einig.
    Menschen aus allen Teilen der Welt versammelten sich um sie.
    Wer keinen Platz mehr fand, blieb stehen. Matt und Rulfan erkundigten sich nach Aruula. Wie erwartet hatte niemand sie gesehen. Die Leute verwickelten sie in Gespräche, wollten wissen, wo sie herkamen und ob sie schon »mit IHM vereinigt« wurden, wie sie sich ausdrückten.
    Auch die Anangu, die Matt und Rulfan bewachten, suchten die Nähe des Feuers. Bald standen sie vor einer Mauer aus Rücken, die ihnen den Blick auf die beiden Männer versperrte, denn die meisten Menschen im Lager waren mindestens einen Kopf größer als sie. Die Wächter des Uluru wurden nervös und drängten sich durch die Menge bis zum Feuer. Dort saß der blonde Mann und palaverte mit den Telepathen. Er lästerte gerade mächtig über Daagson. Manchen Telepathen gefiel das nicht. Das friedliche Lächeln fiel ihnen aus den Gesichtern. Einer packte Matthew Drax am Kragen und holte zum Schlag aus. Der Mann aus der Vergangenheit stieß ihn in die Menge und sprang auf.
    Die Anangu umringten Matt und begannen zu schreien und zu gestikulieren, einige Telepathen stimmten mit ein. »Wo ist der andere?« Unruhe erhob sich.
    Matt Drax blickte sich um, mimte den Überraschten und begann ebenfalls laut zu rufen: »Rulfan! Wo bist du, Rulfan?«
    ***
    Langsam wurde es hell und zugleich merkwürdig feucht. So dicht war der Dunst, dass sein Haar und seine Kleidung nass wurden. Als der Druck um seine Brust nachließ und ihm bewusst wurde, dass er sich nicht mehr nach oben bewegte, sah er eine geschlossene Wolkendecke unter sich. Als nächstes registrierte er das Netz, durch das hindurch er nach unten blickte. Es war weitmaschig und aus braunem Bast geflochten. Ein Sicherheitsnetz.
    Verwundert blickte er sich um. Ein großer Lichtfleck schimmerte golden neben der Aufzugskabine, er hatte den Umriss eines Mannes.
    Im gleichen Moment, als Victorius das dachte, fiel der goldene Schimmer nach unten und erlosch in der Wolkendecke.
    »Macht die Korbtür auf, und dann nichts wie in die Kojen«, sagte eine Knabenstimme hinter Victorius.
    »Und wohin mit den nassen Klamotten?«, fragte eine noch jüngere Stimme.
    »Wir hängen sie einfach über Nacht hinter die Kabinen in die Sicherungsnetze.« Victorius wandte sich zu seinen Brüdern um.
    »Dann sind sie bis morgen früh trocken.« Er entriegelte die Tür des Aufzugskorbes und öffnete sie. Ein Tier flog über ihn hinweg aus dem Korb auf die Plattform hinaus, ein Insekt; oder war es ein kleiner brauner Vogel? Victorius staunte hinter ihm her.
    Neun Knaben liefen an ihm vorbei aus dem Aufzugskorb, die meisten kleiner als er, und einer schwärzer als der andere. Die nassen Hosen und Hemden klebten ihnen am schmächtigen Körper. Die Lederstiefel quietschten bei jedem Schritt und hinterließen feuchte Spuren auf den Laufdielen. Über ihren Köpfen schwirrte das Insekt.
    Es entfernte sich mit ihnen.
    Mit seinen elf Jahren war Victorius der Älteste der Gruppe.
    Natürlich hatte er auch ältere Brüder, viel mehr als jüngere sogar, doch er genoss es, als Ältester mit der Horde der Kleinen durch die Wälder am Seeufer zu streifen. Das war streng verboten.
    Ältere Schwestern hatte er sowieso, mehr als siebzig. Oder mehr als achtzig sogar? Gleichgültig, Hauptsache ältere Schwestern. Von ihnen kamen sie gerade, nur wussten die Mädchen nichts davon. Er und seine kleineren Brüder hatten sich im Schilf des seichten Uferwassers angeschlichen und sie beim Baden beobachtet.
    So etwas war natürlich auch strengstens verboten. Besonders in diesen Dingen war der Kaiser unerbittlich. Egal. Nackte Mädchen beim Baden beobachten gehörte seit ein paar Wochen zu den Lieblingsstreichen der kleinen Prinzen. Victorius hatte ihn ausgeheckt. Er war großartig im Aushecken und Organisieren verbotener Abenteuer.
    Vorbei am Zugwerk des Lifts lief er seinen Brüdern hinterher auf die Schwebeplattform. Die bestand aus einem fünfzig Meter langen und zwanzig Meter breiten, engmaschigen Netz.
    Drei Längs- und fünf Querbahnen aus dünnholzigen Laufdielen erlaubten es, die Kabinen und Gondeln und das Räderwerk für den Anker an den Rändern zu erreichen und die Hängebrücken an den Schmalseiten der Plattform.
    Sechs Ballons trugen die Plattform; vier an jeder Ecke und zwei, die in der Mitte der Längsseiten befestigt waren. Ihre Gondeln boten vier bis sechs Menschen Platz. Diese sechs

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