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1909 - Der Bebenforscher

Titel: 1909 - Der Bebenforscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Wesen stellten die wahren Bebenforscher. Ihre Aufgabe war, ein Leben lang Daten zu sammeln und den Kessel von DaGlausch zu vermessen.
    Eismer Störmengord fürchtete die Aussicht, als Stubenhocker in einem Labor zu sitzen. Er nahm sich vor, daß er zu den glücklichen zehn Prozent gehören würde.
     
    *
     
    Die folgenden Monate verbrachte er in der Rekrutenstadt. Im Inneren der Scheibe befanden sich Lagerstätten, Lebenserhaltungsanlagen und Wohnsektionen. Unten landeten die Gornischen Fähren mit Nachwuchs, oben dagegen wurde geforscht und gelehrt.
    Nach einem Jahr kannte er jedes einzelne Gebäude. Er hatte aus jedem Fenster geblickt, benannte jedes Sternbild am Himmel auswendig. Manchmal wirkte selbst der braune Zwerg seltsam vertraut, und er bildete sich ein, an der praktisch nicht vorhandenen Oberfläche Formationen wiederzuerkennen.
    Eismer Störmengord wollte soviel wie möglich über Sonnen und Planeten wissen.
    Vom blauen Riesen bis zum Neutronenstern - das alles weckte in ihm einen schwer stillbaren Wissensdurst.
    Und gerade das war es, worüber in der Anfangszeit praktisch nicht geredet wurde.
    Man lehrte ihn Grundlagen der Physik - die so abseitig schienen, daß nicht einmal Bomicu Mes Gebertan sie erwähnt hatte - und füllte seinen Goldnerschädel mit Tabellen und Formelreihen.
    Die interessanten Gebiete kamen ganz allmählich hinzu. Ihre Lehrer schafften es jedoch, selbst Sternenkunde als trockene Pflicht erscheinen zu lassen.
    In diesen Jahren verlor die Wissenschaft für Eismer ihren Zauber. Nur der Kessel von DaGlausch, jene gefährliche Überschneidungszone, behielt ihren tödlichen Reiz.
    Er wollte noch immer herausfinden, was ihn eigentlich die Jugend gekostet und ihm seine Eltern genommen hatte. Ein Naturphänomen, gewiß, aber er hegte keinen Zweifel daran, daß er bis an sein Lebensende gegen dieses Phänomen ankämpfen würde.
    Manchmal hieß es, die Natur sei zu groß.
    Man dürfe nicht gegen sie kämpfen, sie nicht überlisten, sondern lediglich mit dem Strom schwimmen.
    Eismer teilte diese Meinung jedoch nicht.
    Er selbst würde an den Kesselbeben -kaum etwas ändern können, die verstorbenen Goldner konnte niemand wieder lebendig machen. Doch in hundert oder in tausend Jahren sah alles vielleicht ganz anders aus, und das unter anderem deshalb, weil die heutige Forschergeneration ihre Arbeit tat. Irgendwann würde es möglich sein, ein Beben nicht nur zu beobachten. Man würde es verzögern oder gar verhindern können. Oder es zumindest so rechtzeitig genug vorhersagen, daß Evakuierungen möglich wurden.
    Im dritten Jahr änderte sich der Unterricht.
    Wer bis hierhin durchgehalten hatte -von allen Bewerbern nicht mehr als sechzig Prozent -, wurde als Mitglied der Zophengorn-Gemeinschaft angesehen.
    Die Gilde der Bebenforscher besaß keine Feinde. Dennoch galt ein gewisses Mißtrauen als Standard. Zum Kodex der Bebenforscher gehörte, niemals draußen in DaGlausch über ihre Tätigkeit zu sprechen.
    Dasselbe galt für den Ring von Zophengorn.
    Wer frühzeitig heimkehren mußte, sollte nicht alles verraten können. Nur wer langfristig blieb, erwarb sich einen Anspruch auf Wissen.
    Eismer Störmengord brauchte lange, bis er den Nutzen der Heimlichkeit erkannte.
    Er betrachtete sich selbst als ehrlichen Goldner, der zu seinen Gedanken und zu seinen Taten stehen konnte.
    In DaGlausch und Salmenghest hatten die Bebenforscher jedoch einen mythischen Status erreicht. Ein Bebenforscher war nirgendwo ein normaler Bürger. Er war ein mächtiges Wesen, ausgestoßen und bewundert zugleich, mit unerklärlichen Kräften und todbringendem Wissen versehen.
    Das allein sicherte den Einfluß der Gilde. Über die Taten eines Bebenforschers diskutierte man nicht. Man unterstützte ihn, wenn es nötig war, und man war froh, wenn sein Raumschiff in den Linearraum verschwand - vorzugsweise auf Nimmerwiedersehen.
    Gegen Ende seines dritten Jahres bekam Eismer erstmals den Ausweis-Chip. Z-Karte stand natürlich für Zophengorn-Karte. Die Novizen erhielten damit Zugriff auf das System der Trans-Z-Kapseln; das war ebenfalls ein Kürzel und stand für Zophengorn-Transportkapseln.
    An die Abkürzungen mußte sich Eismer Störmengord gewöhnen. Es fiel ihm nicht schwer, denn nun gab es unendlich viel zu entdecken.
     
    *
     
    Draußen in DaGlausch und Salmenghest war immer von „dem Zophengorn-Satelliten" die Rede.
    In Wahrheit waren es inklusive der Rekrutenstadt zehn Raumstati6nen unterschiedlicher Bauweise und

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