1918 - Der Traum der Nevever
wirksames Machtmittel .
mit dem wir sie befrieden können. Eine Macht, die imstande ist, sie ganz ohne Gewalt von ihrem Roo zu befreien."
In diesem Moment hatte Orsidenda eine Vision. Er trug dieses Vorstellung schon die ganze Zeit in sich, seit er im Nevever-Kollektiv Muriadoc, dem Boten der Hohen Kosmischen Entitäten, begegnet war.
Doch die Vision platzte durch Upesamee Worte, als dieser sagte: „Was du erlebt hast, war nur eine unbedeutende galaktische Episode. Bei den Eroberungsfeldzügen der mächtigen Varmiren wiederholt sich das alles in viel größerem Maßstab - und auf subtilere und grausamere Weise. Willst du eine Kostprobe vom Wüten der Varmiren sehen?"
„Mein Bedarf an Grausamkeiten ist gedeckt. Bringe mich auf dem raschesten Weg nach Ketchorr zurück!"
„Ich könnte dir auch andere Beispiele vorführen, die belegen, daß wir nicht auf allen Linien versagen. Das würde dich positiver stimmen."
„Nein, nein. Es reicht nur."
*
„Ich habe eine Vision", sagte Orsidenda.
Es war zum erstenmal, daß er sich bei einem Ashgavanogh in den Vordergrund drängte. Bisher bestand dazu auch keine Veranlassung, weil er nichts Wesentliches zu sagen hatte. Doch diesmal glaubte er, sich seinem Volk mitteilen zu müssen.
Er fuhr fort: „In dieser Vision sehe ich ein übernatürliches Geschöpf in der Gestalt eines Nevevers von doppelter Körpergröße. Diese Nevever-Gestalt soll eine Art Stellvertreterfunktion gegenüber den Hohen Kosmischen Entitäten ausüben. Sie soll Träger all dessen sein, was wir Nevever sind. Sie soll das Jii und das Guu von uns zehn Milliarden Individuen in sich vereinen. Die Kräfte unseres ganzen Volkes in einem einzigen Kollektivkörper! Damit hätten wir all unsere Probleme mit einem Schlag gelöst. Wir könnten wir selbst und körperliche Wesen bleiben - und unseren Stellvertreter Jii-Guu'Nevever im Sinne der Hohen Kosmischen Entitäten wirken lassen."
Diese schlichte Darlegung der Dinge begeisterte die Nevever. Plötzlich sahen sie die Möglichkeit, die ganze Verantwortung auf eine fiktive Erscheinung abwälzen zu können. Orsidenda war über diese Einstellung etwas enttäuscht, denn er hatte es sich nicht ganz so vorgestellt.
Upesamee weilte zufällig auf Ketchorr und hatte sich an dem Ashgavanogh beteiligt. Er war nur in die Heimat gekommen, um den Tod seines Freundes Escasidor zu betrauern. Nevever waren zwar unglaublich langlebig, manche lebten über ein Sechstel eines Erdzeitalters, doch Unsterblichkeit war ihnen versagt Upesamee tröstete sich damit, daß Escasidor ein ausgefülltes Leben hinter sich hatte.
Und er fand auch für Orsidendas Enttäuschung tröstende Worte, indem er sagte: „Du hast die Nevever immerhin wachgerüttelt. Das ist ein guter Anfang.
Im Laufe der Zeit, je länger sie sich damit beschäftigen, werden sie erkennen, daß sie sich der Verantwortung nicht werden entziehen können. Du bist auf dem richtigen weg, Orsidenda. Die Hoffnung unseres Volkes liegt bei dir."
Zum Zeichen seiner Anerkennung und Verbundenheit schenkte Upesamee dem Wissenschaftler drei Härchen seines Mundflaumes, und Orsidenda erwiderte diese Geste auf die gleiche Art. Damit war die Freundschaft besiegelt.
Etwas Körperliches von sich einem anderen zu schenken war ein uraltes Ritual bei den Nevevern; es hatte etwas Barbarisches an sich, und doch empfand es Orsidenda als stärkstes Symbol für Zuneigung.
Es war, als ahne Upesamee, daß dies ihre letzte Begegnung war. Orsidenda begegnete dem Missionar nie wieder.
Orsidenda bekam den Auftrag, die Vorraussetzungen dafür zu schaffen, daß die Nevever ihr Jii und ihr Guu in ein einzelnes Pseudowesen transpo- nieren konnten. Und der 5-D-Wissenschaftler machte sich sofort an die Arbeit.
Er bekam großen Zustrom von Interessierten. Namhafte und potente Wissenschaftler schlossen sich ihm an, aber auch solche, die sich dafür hielten, in Wirklichkeit jedoch nichts als Phrasen und seichtes Geschwätz produzierten.
Dennoch kristallisierte sich allmählich ein gutes Team heraus, dem Fachkräfte aller Sparten angehörten. Orsidenda war überrascht, daß es so viele Nevever gab, die an ernster wissenschaftlicher Tätigkeit interessiert waren. Er konnte aus Tausenden von Nevevern die besten aussuchen und den Rest für periphere Aufgaben einsetzen.
Da er auf Ketchorr zu vielen störenden Einflüssen durch aufdringliche Ratgeber und Gaffer ausgesetzt war, verlegte er seine Arbeitsstätte nach Aotta. auf den fünften Planeten,
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