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193 - Kurs in den Untergang

193 - Kurs in den Untergang

Titel: 193 - Kurs in den Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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der Gebete erhörte, war das Wetter seit der Kursänderung phantastisch gewesen. Doch nun, nach zwei Dritteln der Strecke, änderte es sich.
    Schon am frühen Nachmittag wurde der Himmel finster.
    Wolken zogen auf. Der Wind in den Höhen riss sie rasch in Fetzen. Es wurde kühl. Die bisher spiegelglatte See erzeugte zunehmend höhere Wellen.
    Die Frauen von Hopetown holten die Wäsche von der Leine.
    Die Dienst habenden MPs schauten nach spielenden Kindern aus und schickten sie »heim«, damit sie, falls die HOPE ins Wanken geriet, nicht über Bord gingen. Ihr Chef, Lieutenant Commander Morelli, stand, die Augen hinter einer dunklen Brille verborgen, an der Reling des untersten Tower-Laufgangs und schaute aufs Wasser hinaus. Commander Stanwyck und Lieutenant Parrish – Letzterer war nach Hawkeye Gillis’
    Verschwinden zum Dritten Offizier aufgestiegen – flankierten ihn, ohne seine Besorgnis äußerlich zu teilen.
    Zarah hatte nach getaner Arbeit mit Little Frank und anderen ein Stündchen im Bordschwalben-Café verplauscht.
    Ihr Magen knurrte. Eigentlich wollte sie in die Messe gehen, doch die Änderung der Wetterlage und die besorgten Gesichter der MPs, die offenbar eine Attacke von Meeresungeheuern erwarteten, richtete ihre Aufmerksamkeit auf das zwischen Hütten und Treibhäusern glänzende Wasser. Noch war der Wind angenehm – doch der Himmel besagte, dass er allen Menschen an Bord bald etwas zeigen würde, das ihnen nicht gefiel.
    Und wie aufs Stichwort klatschten die ersten dicken Regentropfen aufs Deck. Je kleiner die Kinder, umso entzückter ihr Kreischen. Ein MP suchte unter dem Vordach eines Gemüsegärtners Deckung. Zarah, die zusammen mit anderen unter dem Schutzdach eines Muschelbrat-Kollektivs auf bessere Zeiten wartete, erkannte Sergeant Quick und machte sich instinktiv klein.
    Rein intellektuell wusste sie natürlich, dass ihre Angst vor Quick unbegründet war: Hätte er sie ermorden wollen, hätte er hundert Gelegenheiten gehabt, sie in der Finsternis über Bord zu stoßen. Doch Swanns Drohung hatte sich auf ihre Psyche ausgewirkt: Wann immer sie Quick sah, schaltete ihr Hirn ab und ihr Bauch reagierte. Der Argwohn, den sie bei seinem Anblick empfand, galt inzwischen auch jenen Menschen, die mit ihm verkehrten.
    Zwei Männer waren ihr in dieser Hinsicht besonders aufgefallen: Archer und Enderby.
    Die Neulinge gingen bei den Führungsoffizieren ein und aus – und man sah sie auch öfters auf den Brückenlaufgängen oder auf der Brücke, wo sie Captain, Steuermann und anderen Entscheidungsträgern Vorträge hielten und Ratschläge erteilten. Oft flanierten sie mit wichtiger Miene an Deck herum.
    In einem jedoch unterschieden sie sich von den meisten ungebundenen Männern: Sie gingen nie ins Bordschwalben-Café. Tim der Steward, der es ebenfalls nie betrat, hatte Zarahs Verdacht bestätigt. Außerdem wusste er, dass Sergeant Quick Froditen lieber waren als Frauen oder Männer. Er, Archer und Enderby passten also eigentlich gut zusammen.
    Dass dieses Trio mehr verband als sexuelle Präferenzen, erkannte Zarah, als sie am Abend in der Tower-Cafeteria bediente und dem durch Hopetown heulenden Wind zuschaute.
    Quick, nun dienstfrei, saß bei seinen neuen Freunden am Fenster und tuschelte mit ihnen.
    Im Gegensatz zu den anderen Anwesenden interessierte das Trio das sich langsam entwickelnde Unwetter einen Dreck: Sie ignorierten auch das besorgte Gemurmel der anderen. Sie beugten sich über ihre Tassen und plauschten, als gäbe es wichtigere Dinge.
    Einmal, als Zarah in ihre Nähe kam, um Commander Wilkinson und Lieutenant Beck zu bedienen, fing sie einen Teil ihrer leisen Unterhaltung auf.
    QUICK: »Dass Neuseeland weitgehend menschenleer sein soll, hat sie nicht begeistert… Sie wollen ihr Leben nicht als Bauern verbringen, sondern als Könige.«
    ENDERBY: »Dafür haben wir Verständnis. Wir haben Sidnee ja nicht zuletzt deswegen verlassen, weil dort Bestrebungen im Gange waren, den Pöbel das Land regieren zu lassen.«
    QUICK: »Der Pöbel will das Land regieren? Was ist mit den Sektierern, von denen ihr gesprochen habt?«
    ARCHER: »Die Sektierer sind der Pöbel.«
    QUICK: »Ach so!«
    ARCHER: »Wie hat Swann von der Lage auf Neuseeland erfahren?«
    QUICK: »Ihm entgeht nichts. Ein Freund von mir gehört zu seinen Bewachern.«
    ARCHER: »Interessant.«
    Quick zwinkerte Archer zu. Zarah zog sich an den Tresen zurück und versuchte ihr Herz zu einem normalen Rhythmus zu zwingen. Es gelang ihr nicht,

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