1930 - Das Geheimnis der Na'Call
starrte Michael Rhodan fassungslos an. Einen Planeten zu zerstören, mit allem Leben, das er trug - das war für die meisten dieser Puydorer völlig unvorstellbar und seit Jahrhunderten nicht mehr vorgekommen. In der neueren Zeit hatten Jii'Nevever oder ihre Kommandanten stets andere Mittel und Wege gefunden, sich fremde Völker untertänig zu machen. Meist hatte es genügt, genügend Tronium-Azint in die Nähe des Planeten zu schaffen, um die Welt für Jii'Nevever zugänglich zu machen.
Außerdem hatten die Traumsendungen der Träumerin von Puydor stets den Inhalt gehabt, den Lebewesen in Puydor ein Leben in Frieden und Harmonie zu garantieren. Von Gewalt und Krieg, von Angriffen aus dem Weltraum, von Weltraumschlachten und der gnadenlosen Zerstörung von Planeten war in diesen Träumen der Jii'Nevever niemals die Rede gewesen.
Michael Rhodan wußte, daß er sehr hoch pokerte.
Zum einen hatte er von Jii'Nevever den klaren und eindeutigen Befehl bekommen, den Planeten unversehrt zu erobern - von einer Vernichtung war niemals die Rede gewesen.
Zum anderen war seine Handlungsweise, sofern er tatsächlich seine Drohung wahr machte, durchaus dazu geeignet, das Zutrauen der Puydorer, zumindest der Besatzungen der sieben Schiffe, in das segensreiche Wirken der Träumerin von Puydor von Puydor in den Grundfesten zu erschüttern. Die Jii'Nevever, die die Puydorer zu kennen glaubten. wäre niemals imstande gewesen, zu solchen Mitteln zu greifen - und wenn sie es doch tat, war sie gewiß nicht die Verkörperung von Friedfertigkeit, als die sie sich ausgegeben hatte.
Ein Vorteil für Michael Rhodan war, daß er sich um diesen zweiten Aspekt kaum zu kümmern brauchte. Selbst wenn der Glaube der Besatzungen an Jii'Nevever zu Bruch ging, würde das nicht lange anhalten, für Jii'Nevever war es eine Kleinigkeit, die Besatzungen schnell wieder unter Kontrolle zu bringen und sich gefügig zu machen - nicht mit Gewalt und Zwang, sondern mit der einzigartigen Gabe der Träumerin, die Psyche ihrer Untertanen nach ihrem Geschmack zu manipulieren. Und die Tatsache dieser Manipulation, das war die Besonderheit, würden die Opfer selbst niemals bemerken, weil sie dazu gar nicht mehr imstande waren, wenn Jii'Nevever sie aus ihrem unmittelbaren Bann entließ.
Man konnte es drehen und wenden, wie man wollte: Die Herrschaft der Jii'Nevever über ihre Völker war so umfassend und unabwendbar wie bei kaum einem anderen Herrscher, der jemals eine Galaxis kontrolliert hatte.
Michael Rhodan verkniff sich ein triumphierendes Lächeln.
Wahrscheinlich hatten die Na'Call den Gedanken der Puydorer an Bord entnommen, wie beeindruckt diese von Michaels Drohung waren - und daraus den Schluß gezogen, daß er es ernst meinte.
Ein irrlichterndes Huschen ging durch die GAAFENOO, dann war der Spuk vorbei. Die Weisen von Puydor zogen sich verängstigt und geschockt auf ihren Planeten zurück.
Die Invasion auf dem Planeten konnte weitergehen ...
6.
Noch schwebte die GAAFENOO in einem Orbit, war nicht auf dem Planeten gelandet. Das Kreuzschiff kreiste jetzt nur noch knapp einhundert Kilometer über der Oberfläche von Na'Call.
Michael Rhodan wollte die Gelegenheit nutzen, sich sein Ziel genauer anzusehen, um zu wissen, wo er landen und handeln wollte.
Von den Na'Call war seit der Drohung nichts mehr zu hören und zu sehen gewesen. Eingeschüchtert blieben die sogenannten Weisen auf ihrem Planeten und warteten ab, welches Verhängnis wohl über sie hereinbrechen würde.
„Eigentümlich", murmelte Michael Rhodan giftig, „wie oft große Weisheit und erbärmliche Feigheit gemeinsam auftreten!"
Niemand reagierte auf diese Bemerkung.
Michael wandte ein wenig den Kopf und betrachtete die Anzeigen.
Die Ortung war während des Landeanfluges auf eine unglaublich intensive fünfdimensionale Strahlung gestoßen - vergleichbar, wenn überhaupt, nur mit Curayo und Jii'Nevevers Insel. Auch auf Na'Call ging diese Strahlung von einer Insel aus, die Michael in Größe und Form an Madagaskar erinnerte. (Allerdings war diese Erinnerung rein sachlich, frei von Gefühlen und anderen Assoziationen.) Der Terraner deutete auf die Insel.
„Dort werden wir landen", sagte er entschieden. „Macht ein Beiboot klar, ich will mir diese Insel ansehen! Stellt ein Begleitkommando zusammen, dreißig Mann, das wird genügen!"
Er rechnete jetzt nicht mehr mit Widerstand. Außerdem enthielt dieses Manöver einen weiteren Bluff, der die Na'Call vermutlich beeindrucken
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