1933 - Jagd auf Unsichtbare
habe Angst, auch um mich, um dich, um ihn. Wir hätten uns vielleicht nicht in Dinge einmischen sollen, die uns nichts angehen. Ich habe Angst davor, was passieren könnte, wenn wir weiter ..."
„Liebste!" Bluke setzte sich neben sie und nahm sie in seinen Arm. „Du phantasierst dich in eine Krise hinein. Denk daran, warum wir hier sind. Wir haben als Lehrer eine große Verantwortung. Und wenn wir feststellen, daß irgend etwas nicht stimmt und Zophengorn gefährdet, müssen wir dem einfach nachgehen. Hab keine Sorge, ich werde auf dich aufpassen und auf unser Kind. Das verspreche ich dir."
„Ich weiß es ja, Bluke", seufzte sie. „Wir drei können uns aufeinander verlassen: du, Grader und ich. Ich habe nur Angst, zwischen den Interessen zerrieben zu werden. Von den Logiden wissen wir, daß sie falsch sind, aber an das Direktorium wenden wir uns auch nicht. Wir müssen Partei ergreifen und uns zur Verantwortung bekennen, Bluke. So wie jetzt geht es nicht weiter. Wir kommen doch keinen Schritt voran."
„Doch!" widersprach er. „Das kommen wir, wenn du dich jetzt brav hinsetzt und versuchst, einen Logiden zu zeichnen. Gleich morgen gehen wir dann mit dem Bild ins Empirium und zum Großrechner und lassen es von ihm einlesen. Er wird uns sagen, welchem Volk diese sieben Fremden angehören. Und kann er es nicht, dann, verspreche ich dir, gehen wir zum Direktorium."
„Und wenn er es kann?"
„Dann auch. Wir wenden uns in jedem Fall ans Direktorium, darauf hast du mein Wort. Grader wird es nicht anders sehen. Dieses üble Spiel muß ein Ende haben, da sind wir uns alle einig. Die Entscheidung fällt morgen."
„Und ihr überlegt es euch nicht wieder anders?"
„Wir waren viel zu lange wankelmütig, Liebste. Deine Angst zeigt es mir. Wir hätten es nie so weit kommen lassen dürfen. Aber diesen einen Versuch machen wir noch."
„Ja", antwortete sie. „Dann laß mich jetzt bitte in Ruhe zeichnen, Bluke. Ich muß mir die Logiden ins Gedächtnis zurückrufen. Sie haben zwei Beine und zwei Arme, und ihre Köpfe sind ..."
Sie holte sich Folien und Stifte und begann zu zeichnen. Die ersten Versuche zerknüllte sie und warf sie in den Entsorger. Dann wurden die Abildungen ähnlicher, bis sie am Ende die zwei Companeii befriedigten.
„Ja", sagte Bluke, als er wieder neben ihr saß. „So sehen sie aus, das sind sie. Wenn der Rechner sie anhand dieser Skizzen nicht erkennt, dann gibt es sie nicht."
Sie rieben ihre Köpfe in Stirnhöhe aneinander.
„Du mußt keine Angst haben, Liebste", sagte Bluke leise. „Dies hier wird vorbeigehen, in wenigen Tagen ist es nur noch Erinnerung. Und eines Tages werden wir Zophengorn verlassen und mit unserem Kind zur Heimatwelt zurückkehren. Ich habe große Pläne mit uns, Ipay."
„Das hört sich wundervoll an", flüsterte sie zurück.
Sie liebkosten sich, bis es Zeit war für Bluke, Grader abzulösen. Er erzählte ihm am Eingang des Korridors von ihrem Plan, und Grader war einverstanden auch damit, daß sie so oder so zum Direktorium gehen würden, um dem merkwürdigen Spiel ein Ende zu bereiten.
*
Früh am anderen Tag brachen die drei Companeii auf, um sich von einer Trans-Z-Kapsel zum Empirium bringen zu lassen. Ipay hatte ihre Zeichnungen dabei. Ihre letzten Studien waren nach Graders und Blukes übereinstimmender Aussage fast so ähnlich wie eine Fotografie.
Die Kapsel dockte unten am „Zahnrad" an, und sie wechselten über. Der Weg zum Rechner war ihnen ja bestens bekannt, also brauchten sie keine Umwege zu machen oder sich lange durchzufragen.
Was nur Bluke wußte: Er trug eine Energiewaffe unter der Bekleidung, um auf alles gefaßt zu sein. Daß er Ipay beschützen wollte, war kein leeres Versprechen gewesen. Er hatte den beiden anderen nichts davon gesagt, um sie nicht zusätzlich zu beunruhigen.
Sie gingen zur Rechnerzentrale und mußten wieder warten, bis der angeforderte Platz frei wurde. Ipay setzte sich ans Terminal und ließ ihre Zeichnungen einlesen. Danach stellte sie die Frage nach der Volkszugehörigkeit der Abgebildeten.
Wie sie fast erwartet hatte, lautete die Antwort, daß es kein Volk solchen Aussehens in DaGlausch und Salmenghest gebe. Sie ließ den Computer die Skizzen in jeder Hinsicht leicht verfremden, mit dem gleichen Ergebnis. Selbst wenn ihre Zeichnungen nicht ganz so genau gewesen wären, hätte es keine Ubereinstimmung mit einem real existierenden Sternenvolk gegeben.
„Jetzt sind wir so schlau wie zuvor", sagte sie zu Bluke
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