1940 - Tanz der Träumer
Bemannung eines neuen Schiffes. In diesem Zusammenhang verweise ich darauf, daß nach wie vor zuwenig ausgebildetes Personal zur Verfügung steht."
*
Möchtest du nicht auch ein Träumer sein? Mit deinen Gedanken das Universum beherrschen? Den Lauf der Welt bestimmen? Die Zeit anhalten? Wärest du nicht ein Narr, wenn du es ablehnen würdest?
Aus brennenden Augen musterte Michael Rhodan das Abbild des Planeten. Es zeigte in Großaufnahme die Insel Ace’Kyper. Deutlich hob sich der riesige Gebäudekomplex mit seinen hundert Quadratkilometern Ausdehnung von der Umgebung ab.
Mike stellte sich das Innere der Anlage vor. Das Tronium-Azint durchzog den Komplex in dicken Adern und schuf ein gleichmäßiges und filigran verästeltes Netzwerk. Das Zentrum bildeten Hunderte von Blöcken in dem speziell dafür geschaffenen, höhlenartigen Gewölbe.
Das war der Palast der Jii’Nevever mit den Bausteinen für die Tronium-Azint-Brücke, aus denen dieses Wesen immer wieder aufs neue entstand.
Ein Träumer sein. Macht über eine ganze Galaxis in sich spüren.
Mike preßte die Lippen zusammen und nahm zögernd den Blick von der Abbildung. Nie würde er es schaffen, so zu werden wie Jii’Nevever. In ihr vereinigte sich das Jii eines ganzen Volkes, der ganze Anteil eines Volkes an Phantasie und Träumereien. Aber um welchen Preis!
Außerdem war er, Michael Reginald Rhodan, nicht der Typ, der zwei Herren gleichzeitig diente. Er hatte sich den Zielen Shabazzas verschrieben, und das „Unternehmen Jii’Nevever" stellte für ihn die größte Herausforderung dar, der er sich in seinem bisherigen Leben hatte stellen müssen.
Sein bisheriges Leben - er preßte die Lippen zusammen, bis sie kaum mehr sichtbar waren. Was verstand er eigentlich darunter?
In jungen Jahren war er übergangslos aus dem Blickfeld seiner Familie und aller Freunde verschwunden, um sich in der Fremde eine eigene Existenz aufzubauen und nicht ewig im Schatten des eigenen Vaters, des in der ganzen Galaxis bekannten Perry Rhodan, stehen zu müssen. Er hatte sich den Freihändlern unter Lovely Boscyk angeschlossen und war nach dessen Tod in der Hierarchie der Freifahrer ganz nach oben gerückt. Niemand hatte in dem stutzerhaften Roi Danton jemals Perry Rhodans Sohn vermutet. Nur einer hatte es gemerkt oder geahnt.
Atlan. Ohne dessen Zutun hätte er es vielleicht noch ein paar Jahrhunderte geschafft, seine eigene Identität zu bewahren. So aber ...
Ein Lächeln bildete sich jetzt um Michael Rhodans Mundwinkel. Es war lange her, Jahrtausende. schon.
Nur selten in der Zeit danach hatte er wieder eine ähnliche Rolle gespielt. Tief in seinem Innern hatte immer ein Funke geglüht, der seine Unzufriedenheit verriet. Gerade so, als warte er nur darauf, irgendwann zu einem völlig unerwarteten Zeitpunkt aufzuflammen und sich in ein alles verzehrendes Feuer zu verwandeln.
Wer sagt dir, daß dieses Feuer dich nicht selbst auffrißt? fragten seine Gedanken. Und im selben Atemzug gab er die Antwort darauf: Weil ich unter denn Schutz von Shabazza stehe.
Die Bewohner von Puydor betrachteten ihn als Statthalter der Träumerin. Die Wahrheit kannten nur wenige. Er, Michael Reginald Rhodan, diente nicht Jii’Nevever. Er diente allein Shabazza. .
Irgendwann, so hoffte er, würde er diesem Wesen Auge in Auge gegenüberstehen. Die anderen, egal ob sie Gucky; Icho Tolot, Julian Tifflor oder wie auch immer hießen, kämen nie in die Verlegenheit. Denn bevor Shabazza erschien, mußten sie sterben.
Früher waren die drei seine Freunde gewesen. Sie hatten sogar gemeinsam nach der Träumerin gesucht, um sie zu befreien. Dann aber hatte das unergründliche Schicksal sie zu seinen Feinden gemacht.
Diese Situation schmerzte ihn in ganz seltenen Fällen sogar, aber er konnte es nicht ändern. Das Schicksal hatte gegen sie entschieden und für ihn.
Natürlich war er sich bewußt, daß auch er selbst sich verändert hatte. Sein Gedächtnis funktionierte nicht fotografisch wie das des alten Arkoniden Atlan, aber die Schulung von Jahrtausenden hatte es optimiert.
Fast alles, was er jemals erlebt hatte, war unauslöschlich darin eingebrannt. Er kannte seine früheren Handlungsweisen ebenso wie die der ehemaligen Freunde.
Und er wußte, daß er gegen manche Dinge, die er heute als Selbstverständlichkeit ansah, früher moralische Bedenken gehabt hätte.
In den ersten Jahrzehnten nach seiner Strandung auf Curayo hatte er sich immer wieder gefragt, ob er wirklich aus freiem
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