1940 - Tanz der Träumer
Yamma-Hüter um.
Außer ihm hielten sich nur sechs Priester im Heiligtum auf. Er selbst war der kleinste unter ihnen.
Keiner von ihnen tat, als realisiereer die Vorgänge.
Einer maßte es tun. Pezzo-Orr warf sich auf die Techno-Zelebranten und versuchte, sie nach und nach zu Fall zu bringen. Es gelang ihm bei einem, aber der klammerte sich an seine Beine und riß ein Loch in sein Gewand. Entsetzt über dieses weitere Sakrileg, wich der Yamma-Hüter zurück. Der Kerl mit der silbernen Scheibe folgte ihm und klebte sie ihm auf das Emblem an der Brust.
„Haltet die Frevler!" schrie Pezzo-Orr in das nächstbeste Funkgerät.
Gleichzeitig versuchte er, sich die Haftladung abzureißen. Es gelang ihm nicht, und auf die Idee, einfach das Gewand abzustreifen, wäre er nie gekommen. Der Gedanke, beinahe nackt im Heiligtum zu stehen, war für ihn schlimmer als alles andere.
Die Techno-Zelebranten beachteten ihn nicht, überließen ihn einfach seinem Schicksal. Sie setzten die Werkzeuge an und begannen, das Standbild zu zerlegen. Die ersten von Energiestrahlen herausgetrennten Stücke fielen scheppernd zu Boden.
„Tötet mich!" schrie der Yamma-Hüter. „Aber verschont das Standbild!"
„Wozu?" schrie einer von oben herab. Er saß rittlings auf der Gestalt und trieb einen heißen Energiestrahl durch das Metall. „Es hat keine Ähnlichkeit mit unserem Gott. Es ist ein Popanz!"
Du hast ja so recht! schrien Pezzo-Orrs Gedanken. Aber.es ist ein Symbol. Deshalb muß es erhalten bleiben.
Aus seinem Mund drang nur ein Stöhnen. Entmutigt sank er zu Boden. Auf seinem Gewand zischte die Sprengladung leise vor sich hin.
Es spielte keine Rolle. Er mußte so oder so sterben.
Du wirst leben, sagte eine Stimme zu ihm. Jemand sprach dicht neben seinem Kopf, und er warf ihn hin und her, ohne den Sprecher erkennen zu können. Niemand stirbt in diesem Schiff. Es gibt keinen Grund, Tod oder Verderben über euch zu bringen.
Der Yamma-Hüter fuhr empor. Er drehte sich rasend schnell um seine eigene Achse und entdeckte den Sprecher noch immer nicht. Und dann begriff er, daß die Stimme in seinem Kopf sprach.
„Guu’Nevever!" schrie er auf. „Yammamihu!"
Ein heißer Strom durchfloß übergangslos seine Adern, so heiß wie die Lava des Vulkans mit dem Tempel. Gleichzeitig befiel ihn eine seltsame Ruhe, gerade so, als schwebe er im Traum über einer blühenden Landschaft.
Nur am Rande nahm er wahr, daß die Techno-Zelebranten in ihrer Zerstörungswut innehielten und mit verwundertem Gesichtsausdruck von dem Standbild abließen. Sie kletterten herunter und wichen zurück.
Vereinzelt stießen sie leise, abgehackte Schreie aus.
„Was haben wir getan?" verstand Pezzo-Orr ein paar gegurgelte Laute. „Yammamihu, verzeih uns!"
Ich verzeihe euch, hörte der Yamma-Hüter erneut die Stimme in seinem Innern. Das Gefühl des Friedens und des Wohlbehagens verstärkte sich noch, und irgend etwas in seinem Innern drängte ihn, sich umzudrehen und zur Mitte des Kommando-Tempels zu schauen. Alle Anwesenden taten es ihm nach.
Einen Augenblick später tauchte aus dem Nichts die Gestalt Guu’Nevevers auf, ihres Gottes Yammamihu. Synchron und mit hüpfendem Herzen sanken die Orr-Rawwen nieder und verbeugten sich, bis ihre Kiefer den Boden berührten.
Als die Stimme in ihrem Inneren er klang, hatte Pezzo-Orr das Gefühl, ein überaus ruhiges, seriöses und überlegenes Wesen spreche zu ihm und seinen Artgenossen. Die Aussagen klangen nüchtern und von reiner Klarheit erfüllt.
Eure Vorfahren haben mir vor langer Zeit ein Standbild errichtet und es nach dem Aussehen ihres eigenen Volkes gestaltet. Dies ist ein guter Brauch, denn du sollst dir kein wahres Bild von deinem Gott machen. Wenn ihr es jetzt zerstört, weil euer Gott in anderer Gestalt vor euch tritt, dann, laßt euch dadurch in eurem Glauben nicht beirren. Ich bin Guu’Nevever oder -für euch - Yammamihu. Ich trage viele Narren und Gestalten. Für euch werde ich immer Yammamihu sein, euer Gott. Als Dank für eure Dienste benutze ich euer Schiff. Ihr werdet mich weg von Smyrno an ein neues Ziel bringen. Nichts wird sich dadurch ändern. Urre in euren Worten zu sprechen, es verschiebt sich lediglich der Mittelpunkt des Universums. Alles andere bleibt.
Geduldet euch ein paar hundert oder tausend Zeiteinheiten! Bis dahin wird alles gut sein.
Pezzo-Orr lauschte der hallenden Stimme in seinem Bewußtsein nach. Vor seinen Augen glitzerte die seltsam halbiert erscheinende Gestalt des Gottes
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