1950 - Thoregon Sechs
„Wir verlieren in jeder Sekunde den Kontakt zu einigen Quadratkilometern Land. Außerdem verzeichnen wir eine signifikante Zunahme von tektonischer Aktivität."
„Erdbeben?" warf Shabazza fassungslos ein.
„Jawohl."
„Auf Century I gab es lange keine Erdbeben mehr."
„Ich habe die Randgebiete der fraglichen Zonen optisch beobachten lassen. Folgende Bilder wurden uns soeben übermittelt."
Shabazza starrte auf ein zweites Hologramm. Sein Blick fiel auf eine seltsam glosende Feuersbrunst, die bis in einige Kilometer Höhe reichte. Anscheinend brannte die Atmosphäre selbst, nicht nur der Boden.
Einen Moment lang fühlte sich Shabazza, als habe der Körper, den er bewohnte, einen heftigen Schlag erhalten.
„Ich kenne diesen Anblick", stieß er hervor.
222-Korrago fragte: „Das heißt, du kannst uns Hinweise geben? Wie sollen wir uns verhalten?"
Shabazza schwieg eine Weile. Im Grunde gab es nichts mehr zu sagen.
„Meister!" forderte der Korrago ihn auf, und Shabazza wunderte sich einen Moment lang, daß 222-Korrago einen solchen Tonfall anzuschlagen wagte.
Mit ausdrucksloser Stimme erklärte er: „Was wir da sehen, ist ein Atombrand. Man kann ihn mit keinen bekannten Mitteln löschen.
Century I wird restlos vernichtet werden."
Shabazza winkte die Lamuuni-Vögel wieder zu sich heran. Wenn sie seinen Körper umgaben, fühlte er sich sicherer.
Dank seiner Geistesgaben konnte er ihre Erregung spüren. Lamuuni waren klug. Sie wußten sehr genau, daß eine Katastrophe bevorstand.
„222-Korrago!" wandte er sich an seinen robotischen Stellvertreter. „Du wirst die Schutzschirme der SOL nun aktivieren lassen."
222-Korrago huschte davon, obwohl er den Befehl zweifellos per Funk hätte weitergeben können.
Shabazza war froh darüber.
Er wollte das schwarze, ausdruckslose Gesicht nicht mehr sehen müssen.
Kurz darauf legte sich der blaue Paratron lückenlos um das Schiff. Niemand konnte sie jetzt mehr angreifen.
„SOLHIRN!"
„Ja, Meister?"
„Wir werden Century I innerhalb der nächsten Minuten verlassen. Dieser Planet ist verloren."
„Ich verstehe."
Er ordnete an: „Die SOL wird startbereit gemacht! Hypertakt-Triebwerk anlaufen lassen!
Transformgeschütze in Bereitschaft.
Weitere Befehle werden nach Bedarf erteilt."
Einige Sekunden vergingen, und Shabazza wunderte sich bereits, daß er keine klare Rückmeldung erhielt.
Dann teilte SOLHIRN ihm mit: „Es kann keine Startbereitschaft hergestellt werden."
„Ich verstehe nicht!"
„Die SOL ist nicht startbereit", wiederholte SOLHIRN. So als sei damit alles gesagt.
*
Monkey tauchte aus einem tiefen Ozean empor. Er endete in Dunkelheit.
Eine namenlose Panik erfüllte ihn, gegen die er nicht ankämpfen konnte. Ein paar Sekunden verstrichen, bis er sich klarmachte, daß es an der ungewohnten Finsternis lag.
Monkey hörte die Stimme von Mondra Diamond. „Ich bin bei dir!" sprach sie. „Hab keine Angst. Wir kriegen dich hier ganz sicher raus!"
Er wußte nicht, was die Frau sich einbildete; daß er ein kleines Kind war?
Monkey ballte die Fäuste und schlug sie vor seine Augenhöhlen.
In seinem Kopf herrschte Schwärze, und das war das Schlimmste, was ihm nach der vorübergehenden Erblindung damals passieren konnte.
Starke Schmerzen erfüllten jede Körperfaser. Er wäre beinahe gestorben. Hundert Grad Celsius mehr, und er hätte es nicht überlebt. Oder ein höherer Explosionsdruck, um seine Lungen zu zerreißen.
Monkey versuchte, sich die Szene mit Mondra Diamond und den Automatik-Kanonen noch einmal vorzuspielen.
Es war nicht möglich, seine Augen reagierten nicht.
Sie bestanden aus SAC-Metall, aus Super-Atronital-Compositum. Wenn er das Inferno überlebt hatte, konnten eigentlich auch die Augen nicht vernichtet sein.
Er streckte seine Finger aus und tastete die Augenhöhlen mit extremer Vorsicht ab. Monkey hörte nicht, daß er wimmerte.
Seine Augen waren nicht beschädigt, sondern sie waren verschwunden.
Für Mondra Diamond mußte es ein gespenstischer Anblick sein: ein halbtoter Oxtorner, der mit den Fingern seine leeren Augenhöhlen betastete.
„Monkey!" hörte er Mondra Diamond reden. „Kannst du gehen, Monkey? Wir müssen hier weg! Ich werde dich führen."
Er stieß einen bitteren Fluch aus.
„Wir werden hier nicht weggehen, Mondra. Meine Augen sind mit der Explosion aus den Höhlen gerissen worden."
„Das ist mir klar, aber ich kann es nicht ändern! Wir müssen schnellstens..."
„Still!" donnerte
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