1954 - Flugziel Chearth
zurückgeschleudert hatte. Immerhin hatte er das Bewusstsein nicht wieder verloren. Als ein Medoroboter ihn vorsichtig zur Liege zurücktransportierte, stieß er ein heiseres Lachen aus. „Hilf mir, mein Augenstern! Ich muss hier raus."
„Und dann?" Tuyula kam nicht mehr nahe genug an den Mutanten heran, weil der Robot zwischen ihnen stand. „Wirst du wieder Menschen töten, die sich dir widersetzen?" Endlich zwängte sie sich an dem Roboter vorbei. „Ich will eine Antwort, Vince, verstehst du."
„Wozu, meine Kleine?"
„Hör auf damit! Ich bin nicht mehr das Mädchen, das du jederzeit herumstoßen kannst ..." Garron grinste breit, doch die Grimasse erstarrte schon im Ansatz. „Was sagst du da?"
„Ich bin nicht mehr das Mädchen ..."
„Nein, nein - das andere. Ob ich ... wieder ... Menschen töten werde?" Tuyula hatte es endlich fertiggebracht, den Medorobot wegzudrängen. Verbissen blickte sie auf Vince hinab. Er tat ihr leid. „Ich entsinne mich", hauchte er. „Oder ich glaube es zumindest. Was ist los mit mir?" Ein Zittern durchlief seinen ausgemergelten Körper. Speichel tropfte über die Lippen, die unbeholfen die Worte formten. „Wo ist Quotor? Hat der ihn vertrieben?" Zaghaft tastete sein Blick nach dem Gharrer. „Vielleicht habe ich dir dabei geholfen", sagte Mhogena nachdenklich. „Quotor ist eigentlich längst tot. Er ist nur eine Geburt deiner eigenen Psyche.
Doch ihn endgültig vertreiben, das kannst nur du selbst." Schwerfällig hatte Garron versucht, den Kopf zu heben; mit hochrotem Gesicht ließ er sich wieder zurücksinken. „Ich will allein sein", murmelte er. „Lasst mir meinen Frieden."
„Erst wenn du Atlan zurückgebracht hast", versetzte Tuyula hart. „Und mit ihm die beiden anderen, die verschwunden sind. Ich weiß, dass du sie in einer Hyperraumsenke eingesperrt hast, Vince."
„Vincent Garron hat erneut das Bewusstsein verloren", sagte der Medoroboter, „Geh bitte zur Seite, Tuyula! Ich werde ihm ein kreislaufstabilisierendes Präparat injizieren."
Zwei Stunden später: „Warum glaubst du mir nicht, mein Augenstern? Ich war ohne Besinnung und konnte gar keine neuen Hyperraumsenken erschaffen.". „Trotzdem sind Atlan, Tekener und eine Frau verschwunden. Versuch gar nicht erst, mich zu belügen."
„Mag sein, dass Quotor sie geholt hat. Ich habe nichts damit zu tun." Garrons Kreislauf hatte sich mit der medikamentösen Unterstützung stabilisiert. Trotzdem wirkte er noch blass, in seinen Augen lag ein fiebriger Glanz. Die Infusionslösung, die ihn während der letzten Wochen am Leben erhalten hatte, betrachtete er mit einem zwiespältigen Blick.
Auf die Art vermied er es immerhin, die Männer und Frauen ansehen zu müssen, die sich im Sicherheitstrakt eingefunden hatten.
Dao-Lin-H'ay und Myles Kantor kannte er. Aber die anderen? Es war ihm egal, wie sie hießen und welche Funktionen sie ausübten. Aus einigen Blicken sprachen Furcht und Verachtung. Die Betreffenden würden ihn lieber heute als morgen tot sehen. „Ich weiß, was ich getan habe", keuchte er, und die Meute starrte ihn an, als wollte sie ihn mit ihren Blicken erdolchen. „Bringt mich doch um dafür es ist mir egal. Ich kann nicht ... ich will nicht mit der Schuld leben." Nach Atem ringend, hielt er inne; er hatte schnell geredet, viel schneller, als er es gewohnt war. Ein bitteres Lächeln umspielte seine Mundwinkel. Es passte nicht zu den zusammengekniffenen Augen und den verkrampften Lippen. Auffordernd starrte er die bei den Männer an, die ihre Strahler entsicherten. Langsam handhabten sie die Waffen, als falle ihnen jede Bewegung schwer. „Nein!" schrie Tuyula entsetzt auf. „Tut das nicht!" Gleichzeitig durchschlug ein scharf gebündelter Energiestrahl die Verkleidung eines Messgeräts und verursachte eine kleine Detonation. Es stank nach Rauch und Ozon. Der Mann in der Uniform eines Leitenden Wissenschaftlers starrte entgeistert auf den Strahler in seiner Hand. Er schien überhaupt nicht zu begreifen, wieso er geschossen hatte. Die suggestive Beeinflussung durch den Todesmutanten hatte er nicht wahrgenommen. „Warum hast du wieder eingegriffen, Mhogena?" ächzte Garron. „Lass mich sterben! Auf meine Weise."
Tuyula stemmte die Fäuste in ihre schmale Taille und wackelte heftig mit dem Kopf. „Versuchst du wirklich, vor dir selbst zu fliehen?" herrschte sie den Mutanten an. „Dann bist du feiger, als ich dachte. Ich konnte nie fliehen, Vince, vor meiner Mutter nicht, vor dir nicht und
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