1959 - Im Hypertakt
Orter zu konstruieren, darum hatte Perry Rhodan ihn gebeten. Aagenfelt verfügte nicht über Personal, das ihm half. Zu seiner Entlastung arbeiteten lediglich spezielle Forschungsroboter. Manchmal glaubte Aagenfelt, dass er in den riesigen Anlagen völlig allein war. Die Forschungslabors der SOL stellten so etwas wie eine Stadt für sich dar, einen Komplex, in dem man Tage unterwegs sein konnte, ohne einem anderen Menschen zu begegnen.
In Tautmo Aagenfelts Augen war die SOL in wesentlichen Teilen ein Geisterschiff. Eine Art Fliegender Holländer der Menschheit, seit wenigen Tagen von einer zahlenmäßig geringen Besatzung aus lebendigen Wesen bemannt. Er hielt es für möglich, dass in den abgelegenen Gängen puppenhafte Wesen ohne Seele hausten und dass sie Pläne schmiedeten, wie dem Leben der neuen Herren ein Ende zu bereiten war. Aagenfelt konnte seinen eigenen Atem hören. Wenn er von seiner Arbeit aufsah, schien ihm der Ton unnatürlich laut.
Er glaubte das Geknister zu vernehmen mit dem energetische Ströme in den Wänden aufeinandertrafen. Es lag wahrscheinlich an der Isolation. Als er das entfernte Geräusch von Schritten wahrnahm, glaubte er zuerst, sich getäuscht zu haben. Möglich, dass die Einsamkeit ihn wunderlich machte; auch wenn es erst der vierte Tag der Reise war. Aagenfelt richtete sich auf. Sein Herz klopfte bis zum Hals. Das Schrittgeräusch erschien ihm als Wirklichkeit. „Ist da jemand?" rief er. Durch die offenstehende Tür drang seine Stimme auf den Korridor hinaus. Keine Antwort. Wäre wirklich einer der TLD-Agenten in der Nähe gewesen, die Person hätte sich jetzt gemeldet. Aagenfelt nahm seinen Mut zusammen und trat auf den Gang. Er blickte nach links und nach rechts, doch er konnte niemanden sehen, der das Geräusch verursachte.
Aagenfelt versuchte, sich wieder auf seine Arbeit zu konzentrieren. Vor ihm lagen angekohlte, teils geschmolzene Trümmerstücke. Es waren die Überreste eines Hypertakt-Orters. Sie bedeckten den Tisch zur Hälfte. Im ganzen Schiff existierte nicht ein einziges intaktes Gerät. Die Übernahmeaktion, mit der sie Shabazza fortgejagt hatten, erwies sich im Nachhinein als katastrophal: Zuerst hatten sie den Computer SOLHIRN vernichtet und als Folge dessen alle Geräte, die mit SOLHIRN vernetzt gewesen waren. Die Hypertakt-Orter gehörten dazu. Dennoch schätzte er die Trümmer als wichtige Hinweise ein. Aagenfelt hoffte, dass er aus den Einzelteilen so etwas wie ein Funktionsprinzip ableiten konnte. Ein Teil der Arbeit lag bereits hinter ihm.
Aagenfelt hatte sieben zerstörte Orter unter die Lupe genommen. Der Knotenrechner des Forschungszentrums enthielt jedes intakte Einzelteil, und zwar als Multi-Scan mit allen energetischen, mechanischen und chemischen Eigenschaften. Wenn er Glück hatte, ergab sich am Ende ein komplettes Bild. Je länger sich Tautmo Aagenfelt mit den Ortern beschäftigte, desto klarer sah er. Ein Hypertakt-Orter - auch Zwischentakt-Orter genannt - ermöglichte die Orientierung im Hypertakt-Flug. Hypertakt bedeutete, ein Raumschiff bewegte sich mit Transitionen fort. Allerdings handelte es sich um „weiche"Transitionen. Die SOL wurde nicht bei jedem Sprung entstofflicht, sondern es fand eine sachte Abstoßung zwischen Normalraum und Hyperraum statt. Um eine gewisse Geschwindigkeit zu erzielen, musste das Schiff eine hohe Anzahl von „weichen" Transitionen pro Sekunde ausführen.
Diese Anzahl blieb beim Hypertakt-Triebwerk immer gleich. Es waren stets 1230 Sprünge pro Sekunde. Es war nicht möglich, den 1230-Herz-Takt nach oben oder unten zu korrigieren. Lediglich die Länge der einzelnen Sprünge konnte beeinflusst werden. Die Geschwindigkeit der SOL wurde also durch die jeweilige Länge der Etappen bestimmt, die sogenannte Hypertakt-Rate. Ein langer Sprung verlief ebenso in Nullzeit wie ein kurzer Sprung.
Die Zeit, die ein solcher Flug dennoch kostete, verstrich zwischen den Etappen, wenn das Schiff sich dem Normalraum annäherte. Jene Augenblicke, da die SOL dem Normalraum besonders nahe war, erlaubten einen kurzfristigen Blick nach draußen.
Das Fenster - diesen Ausdruck prägte Aagenfelt - tat sich immer nur für eine millionstel Sekunde auf. Aagenfelt hatte natürlich noch keinen Hypertakt-Orter in Aktion erlebt; er war jedoch davon überzeugt, dass ein fertiges Exemplar eine Orientierung von verblüffender Genauigkeit erlaubte. Das Raumschiff verwandelte sich damit in ein sehr wirksames militärisches Instrument. Tautmo
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