196 - Das Schwert des Druiden
war kraft- und gefühllos. Die Kette, an der der Dämonendiskus hing, entglitt meinen Fingern.
Ehe die Gittertür noch einmal zuschlug, öffnete sie sich ganz kurz, und ich war frei. Ein unüberlegter Schritt zurück, und ich stürzte die Stufen hinunter, hinein in das dunkle Grau der Gruft, die mich aufnahm wie der Rachen eines Ungeheuers. Ich war wieder gefangen, ich konnte meinen rechten Arm im Moment nicht gebrauchen, und mein Diskus lag oben vor dem Gitter.
Rechts stand ein Kupfersarkophag auf klotzigen Füßen, und auf dem Deckel las ich - in Zierschrift - abermals meinen Namen. Jetzt öffnete sich der Deckel, und blasses Licht flutete aus dem Sarkophag, der leer war. Noch. Ich gehörte da hinein! Und der Sarg brauchte nicht länger auf mich zu warten, denn ich kam mit ungeheurem Tempo.
Jemand versetzte mir nämlich einen kräftigen Stoß, so daß ich förmlich in den Sarkophag hineinflog. Wie ein gefräßiges Maul klappte der Deckel sofort wieder zu, und ich hörte, wie Ober- und Unterteil der kupfernen Totenkiste miteinander vernietet wurden. Ich stemmte mich gegen den Deckel und wollte ihn hochdrücken. Es gelang mir nicht.
Ich schlug mit der linken Faust gegen das Metall und schrie, Mago solle mich rauslassen. Ich verfluchte und beleidigte ihn, nannte ihn einen elenden Feigling, der nicht einmal den Mut aufbrachte, offen mit mir zu kämpfen. Er reagierte nicht, arbeitete weiter.
Ich war ihm keinen Kampf wert. Wozu sollte er mir noch eine Chance geben, wo ich doch schon so gut wie tot war? Im luftdichten Sarkophag würde der Sauerstoff rasch zur Neige gehen, und ohne Sauerstoff konnte ich nicht leben. Mago war bestimmt sehr stolz auf das, was er getan hatte. Kein Gegner hatte es bisher geschafft, mich so mühelos auszuschalten. Asmodis und der gesamte Höllenadel würden meinen Tod groß feiern. Ich setzte meinen magischen Ring verzweifelt an den Deckel. Aber meine Hoffnung, auf diese Weise freizukommen, erfüllte sich zu meinem Leidwesen nicht.
Draußen stimmte Mago ein hohntriefendes Gelächter an. »Ruhe sanft, Tony Ballard!« Wieder lachte er. Wie schrecklich gern hätte ich ihm seinen dürren Hals umgedreht, aber er war für mich unerreichbar.
Meine Körperwärme füllte allmählich den Sarkophag. Noch war die Luft atembar, aber bald würde ich von einer grauenvollen Atemnot gepeinigt werden.
Es ist ein scheußlicher Tod zu ersticken.
***
Mr. Silver und Daryl Crenna sahen durch den gläsernen Boden direkt auf den Gottesacker, und zwar genau dorthin, wohin Mago Tony Ballard gebracht hatte.
Sie bekamen mit, wie Tony Ballard auf die Gruft zuging, wie sein Arm eingeklemmt wurde, er seinen Dämonendiskus verlor und die Stufen hinunterstürzte.
»Ich muß zu ihm«, sagte der Ex-Dämon entschlossen.
»Ich komme mit!« entschied Pakka-dee.
Sie betraten den Raum, dessen Boden Mago präpariert hatte. Das dünne Glas brach sofort, und Mr. Silver und Daryl Crenna landeten, begleitet von einem klirrenden Splitterregen, ebenfalls auf dem Friedhof.
Mago kam aus der Gruft. Mr. Silver rannte ihm mit hochgeschwungenem Schwert entgegen. Der Schwarzmagier verschwand hinter der Gruft.
Pakka-dee holte sich Tonys Dämonendiskus, dann eilte er in die Gruft hinunter, um zu sehen, was seinem Freund zugestoßen war.
Er sah nur einen Sarkophag. Da drin mußte Tony liegen…
Mr. Silver folgte dem Schwarzmagier und griff ihn mit wuchtigen Schwerthieben an. Mago wich rasch aus. Er lenkte Shavenaar hin und wieder ab, schuf unsichtbare Hindernisse und Barrieren, die Mr. Silver erst aus dem Weg räumen mußte, um wieder auf Reichweite an den Jäger der abtrünnigen Hexen heranzukommen. Mit dem nächsten Schwertstreich schlitzte der Ex-Dämon seinem schwarzen Feind den Lederwams auf.
Der Hüne mit den Silberhaaren drängte den Jäger der abtrünnigen Hexen in die Defensive. Während er ungestüm auf den Gegner einschlug, dachte er an Roxane und Oda.
Nie würde Mago aufhören, die beiden weißen Hexen zu verfolgen. Solange der Schwarzmagier lebte, würden sie vor ihm nicht sicher sein. Wie ein Damoklesschwert hing er über ihnen, seit sie dem Bösen abgeschworen hatten, denn es war und würde immer seine Aufgabe bleiben, abtrünnige Hexen zu jagen und zu töten. Mr. Silver hatte es in seinen Händen, diese Gefahr hier und heute mit einem kraftvollen Schwerthieb zu beenden.
Shavenaar hackte und stach immer wieder zu. Mr. Silver brauchte die lebende Waffe kaum zu führen. Das Höllenschwert war ungemein
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