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1968 - Ketzer der Tazolen

Titel: 1968 - Ketzer der Tazolen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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schwiegen und sahen betreten zur Seite.
    „Wir müssen eine Leiter bauen, um uns einen Überblick von oben zu verschaffen", ordnete Ver to Nisch an, dem das seltsame Verhalten seiner Leute nicht auffiel. „Die Zwischenräume sind zu klein oder zu weit auseinander, und es ist viel zu steil, um einfach so nach oben zu klettern.". Er wandte sich seinem Stellvertreter zu. „Was stehst du hier noch herum?" herrschte er ihn an. „Los, an die Arbeit! Hier im Urwald wird es schnell dunkel!" Die Tazolen fügten sich, aber nicht ohne Murren. Sie brauchten weitere zwei Tage, um das Holz auszusuchen, zu schlagen, Stangen, Sprossen und Halterungen herauszuarbeiten und eine passende Leiter zu bauen. „Unsere Vorräte gehen zur Neige", meldete sein Stellvertreter zwischendurch. „Und wir haben fünf Tage bis zum Lager vor uns. Wir sollten die Arbeiten abbrechen."
    „Abbrechen? Jetzt? Bist du verrückt?" schrie Ver to Nisch. „So kurz vor dem Ziel drehen wir auf keinen Fall um! Geht eben jagen, oder sucht essbare Pflanzen!"
    „Mit Verlaub, wir sind keine Jäger", beharrte der Stellvertreter. „Ebenso wenig verstehen wir etwas von den Pflanzen hier. Selbst wenn wir Vaari um Unterstützung anflehen - wir können nicht gleichzeitig Leitern bauen und uns um die Beschaffung von Nahrung kümmern! Außerdem gehen die Elcoxol-Vorräte zur Neige."
    Das war allerdings ein Argument. Als Ersatz hatten sie zwar eine Zuchtkolonie Myrden bei sich, doch das war nur für den äußersten Notfall gedacht, denn sie konnten nicht alle bedient werden. Aber Ver to Nisch dachte gar nicht daran, sich erpressen zu lassen. Mit scharfer Stimme kehrte er seine Stellung hervor, ohne einen weiteren Widerspruch duldend: „Hast du vergessen, wer ich bin? Ich verlange absoluten Gehorsam, verstanden? Ich bin ein Scoctore, Beauftragter und Gesegneter der Götter. So wie ich habt ihr eure Pflicht zu erfüllen. Arbeitet weiter und tut, was ich sage, oder Nachtos Zorn wird euch treffen!" Das wirkte. Schweigend machten die Helfer weiter, doch sie verständigten sich untereinander mit heimlichen Blicken.
    Das konnte Ver to Nisch nicht verhindern, aber zur Einschüchterung zog er die Silengis' aus seinem Gepäck; die Zuchtpeitsche des Gottes der Gerechtigkeit, der Bestrafung und der Rache. Gewidmet war sie Jankin, dem wilden Gott, dem Züchtiger ungehorsamer Frauen. Ein Schlag mit dieser Peitsche war furchtbar, nur wenige Hiebe brachten einen qualvollen Tod. Jeder Scoctore wusste damit umzugehen - ein wirksames Mittel gegen aufrührerische Tazolen. Auch hier verfehlte die stille Drohung ihre Wirkung nicht. Jeder sah zu, dass er möglichst außer Reichweite des Scoctoren blieb und im Übrigen eifrig seiner Arbeit nachging.
    Schließlich war die Leiter fertig. Arbeiter und Aufseher waren völlig erschöpft und hungrig, da Ver to Nisch die Rationen streng eingeteilt hatte. Er ließ es sich nicht nehmen, als erster die .Sprossen zu ersteigen. Sein Stellvertreter und zwei weitere in der Archäologie unterwiesene Tazolen folgten ihm in einigem Abstand, um die Belastbarkeit der Leiter nicht zu überstrapazieren. Der Weg war lang, steil und sehr mühsam. Ver to Nisch spürte bald seine Arme nicht mehr; zusätzlich war er durch seine Behinderung gehandikapt, was ihn zu immer häufigeren Verschnaufpausen zwang. Die schmalen Sprossen bohrten sich inzwischen unangenehm in seine Fußsohlen, was ein Kribbeln in den Zehen hervorrief. Ein paar Mal war er einem Muskelkrampf nahe.
    Doch schließlich hatte er es geschafft. Er erklomm die letzte Sprosse und zog sich auf den fast drei Schritt breiten Mauersteg. Er war so erschöpft und außer Atem, dass er zunächst keinen Blick für das Dahinter hatte - obwohl er es vorher kaum erwarten konnte. Nach ihm kamen die anderen herauf, nicht minder keuchend als er. Er half ihnen herauf und drehte sich dann erst um. Und es verschlug ihm erneut den Atem, die Stimme. Schwindel erfasste ihn. Es hätte nicht viel gefehlt, und er wäre rückwärts hinuntergestürzt.
    Diese Mauer war nicht die einzige, wohl aber die höchste. Doch danach folgten sechs weitere schroffe, steile Mauern, wobei die letzte fast so hoch war wie die gerade überwundene und ganz und gar aus glattem schwarzem Stein bestand. Diese siebenfache Mauer zog sich, so weit das Auge reichte, und schnitt den Kontinent in zwei Teile. Um sie zu überwinden, brauchte es Tage, vielleicht Wochen, und erforderte andere Hilfsmittel als eine einfache Sprossenleiter. Dahinter, jenseits

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