Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1968 - Ketzer der Tazolen

Titel: 1968 - Ketzer der Tazolen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
indem sie Syr eine weitere besondere Gabe verlieh. Die Hohepriesterin dachte viele Tage und Nächte darüber nach, wie sie das Leben der Tazolen verlängern könnte.
    Sie hatte entdeckt, dass das Schlammbad nicht immer die gleiche stoffwechselfördernde Wirkung hatte. Es kam auf den Ort, die Konsistenz und sogar die Jahreszeit an.
    Vielleicht konnte man die Qualität verbessern? Also begann Syr zu experimentieren, kochte Säfte aus verschiedenen Wurzeln und Kräutern und mischte sie bei. Nach einiger Zeit bemerkten die anderen Tazolen, dass Syrs Männer kräftiger wurden und ein jüngeres Aussehen annahmen.
    Außerdem strömte von ihnen ein besonderer Wohlgeruch aus, der vor allem die anderen Frauen nervös machte. Sie scharten sich um Syr und verlangten, ihr Geheimnis preiszugeben. Die Hohepriesterin hatte inzwischen zwei kräftige, schöne Töchter geboren, Loe und Gev, die sich ebenfalls dank der geheimnisvollen Zusätze des Schlammbades besonders gut entwickelten.
    Syr war klug genug, ihr Wissen nicht eifersüchtig hüten zu wollen. Sie Wusste, dass ihre Lebenszeit ablief; eine dritte Geburt würde sie wahrscheinlich nicht überstehen. Obwohl auch sie die stärkende Wirkung des besonderen Bades spüren konnte war sie doch bereits zu alt, als dass es sich lebensverlängernd auswirken würde. Sie hoffte aber, dass das bei ihren beiden geliebten Töchtern anders wäre. So gab Syr ihr Wissen weiter, mit der strengen Auflage, dass diese Geheimnisse nur von Frau zu Frau, von Mund zu Mund überliefert werden dürften. Immer noch waren die Männer in der Überzahl, und sie waren bedeutend stärker als die Frauen, wenngleich nicht intelligenter. „Es ist wichtig, dass die Frauen ein ebenso langes Leben wie die Männer bekommen", verkündete die Hohepriesterin. „Ich habe in langen Gebeten Ramsoh danach gefragt, weshalb wir benachteiligt werden, und sie hat mir offenbart, dass dies unsere Bestimmung sei, so, wie sie die einzige Göttin sei. Dies ist so zu verstehen: Wir sind die Gefäße des Lebens, dazu ausersehen, das Volk der Tazolen zu mehren und zu führen. Es benötigt nur wenige Anführer zur Ordnung eines Volkes, doch viele im Volk selbst, die für das allgemeine Auskommen und Wohl sorgen müssen, wenn es Über seine Welt herrschen will. So ist es die Bestimmung der Männer, den Tazolen zum Wohlstand zu verhellen, und unsere Bestimmung, sie dabei anzuleiten, zu stärken, zu schlichten und neues Leben zu schenken."
    „Dann werden wir also niemals so alt werden wie die Männer?" fragte Gev, die ältere der beiden Töchter, empört. „Dies scheint Ramsohs Wille zu sein", antwortete Syr. „Aber das ist nicht gerecht!" ereiferte Gev sich weiter. „Der Wille der Götter ist stets gerecht", wies Syr sie zurecht. „Ich habe nicht gesagt, dass wir nicht dennoch unsere Lebenszeit verlängern können und einen Weg finden, die kräftezehrenden Geburten besser zu überstehen.
    Sonst hätte Ramsoh mir nicht das Wissen über die Pflanzen eingegeben."
    Syr starb bei der Geburt ihres dritten Kindes, wie sie es vorausgesehen hatte. Sie war zu dem Zeitpunkt die älteste lebende Frau gewesen, eine Legende, hochgeachtet - und vom Volk unendlich betrauert, als sie dahinschied. Loe und Gev, etwa achtundzwanzig und vierzig Jahreszeitenwechsel alt, wurden von Syrs Männern liebevoll gepflegt, denn sie hatten alle Geheimnisse ihrer Mutter erfahren und waren in der Lage, ihr Erbe fortzuführen.
    Doch die Harmonie währte nur kurz. Die jungen Frauen gerieten in Streit über die Führung; jede von ihnen fühlte sich dazu berufen, das Amt der Hohepriesterin auszuüben und die Verantwortung über alle zehn Männer zu übernehmen.
    Die Auseinandersetzung zog sich in die Länge, und es zeigte sich, dass die Schwestern inzwischen unversöhnlich geworden waren. Doch sie hatten die Weisheit ihrer Mutter geerbt und erschlugen sich nun nicht gegenseitig, sondern suchten nach einer gerechten Lösung aus dem Konflikt. Die Anrufung der Götter und kostbare Opfergaben gaben ihnen einen ungewöhnlichen, aber interessanten Ausweg ein: Sie teilten ihren Besitz und die Männer auf - und trennten sich. Sie verließen sogar den ganzen Stamm.
    Der Stamm blieb jedoch keineswegs gebrochen zurück; Loe und Gev hatten bereits ein hochbegabtes Mädchen zum Amt der Hohepriesterin auserkoren und ihm die Verantwortung übertragen. Loe und Gev nahmen jeweils die geteilte Habe mit, um anderswo jede ein eigenes Reich zu errichten, denn Tazolar war groß und die

Weitere Kostenlose Bücher