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1974

1974

Titel: 1974 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Peace
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fragte ich ihn: »Ist Clare Kemplay jemals hier gewesen?«
    Arnold Fowler ging zu einer Bleistiftzeichnung, die sich an der Wand über einem dick mit Farbe zugepinselten Heizkörper wellte. Es handelte sich um die Zeichnung zweier Schwäne, die sich auf dem See küßten.
    Er strich eine der Ecken glatt. »In was für einer blutigen Welt leben wir eigentlich?«
    Ich öffnete die Tür zur fahlen Sonne und ging hinaus.
    Wir gingen den Hügel von der Haupthalle hinab zur Brücke, die den Schwanensee überquerte.
    Wolken schoben sich vor die Sonne und warfen Schatten über die Ausläufer des Moors auf der anderen Seeseite, Rot- und Brauntöne wie in einem zerschundenen Gesicht.
    Ich dachte an Paula Garland.
    Auf der Brücke blieb Arnold Fowler stehen.
    »Der letzte muß hier über die Brücke in den Teich geworfen worden sein.«
    »Und wo sind die Flügel abgetrennt worden?«
    »Das weiß ich nicht. Um die Wahrheit zu sagen, es hat auch niemand wirklich nachgesehen.«
    »Und der andere Schwan, der im August?«
    »Hing an dem Baum da.« Er zeigte auf eine große Eiche auf der anderen Seeseite. »Erst haben sie ihn gekreuzigt, dann die Flügel abgeschnitten.«
    »Das ist ein Scherz. «
    »Nein. Ganz und gar nicht.«
    »Und keiner hat was gesehen?«
    »Nein.«
    »Wer hat sie gefunden?«
    »Den in der Eiche ein paar Kinder, den anderen einer der Parkwächter.«
    »Und die Polizei hat nichts unternommen?«
    »Mr. Dunford, wir leben in einer Welt, in der die Kreuzigung eines Schwans als übler Scherz angesehen wird, nicht als Verbrechen.«
    Schweigend gingen wir wieder den Hügel hinauf.
    Auf dem Parkplatz stieg gerade eine Schulklasse aus einem Bus, die Kinder schubsten und zerrten sich gegenseitig an den Mänteln.
    Ich schloß die Wagentür auf.
    Arnold Fowler streckte mir seine Hand entgegen. »Passen Sie auf sich auf, Mr. Dunford.«
    »Sie auch«, erwiderte ich und gab ihm die Hand. »Ich habe mich gefreut, Sie wiederzusehen.«
    »Ja. Die Umstände hätten angenehmer sein können, entschuldigen Sie.«
    »Ja.«
    »Und viel Glück«, sagte Arnold Fowler und ging zu den Kindern hinüber.
    »Danke.«
     
    Ich hielt auf einem leeren Parkplatz irgendwo zwischen Bretton und Netherton.
    An der Telefonzelle fehlten alle Scheiben und ein Großteil der roten Farbe; der Wind fuhr mir in dieKnochen, während ich wählte.
    »Morley Police Station.«
    »Sergeant Fraser, bitte.«
    »Und wer ruft an, Sir?«
    »Edward Dunford.«
    Ich wartete, zählte die vorbeifahrenden Autos, stellte mir die fette Hand über dem Mundstück des Hörers vor und Rufe quer durch die Polizeistation.
    »Sergeant Fraser am Apparat.«
    »Hallo. Hier spricht Edward Dunford.«
    »Ich dachte, Sie wären im Süden?«
    »Wie kommen Sie denn darauf?«
    »Hat Ihre Mutter gesagt.«
    »Mist.« Autos zählen, Lügen zählen. »Sie haben versucht, mich zu erreichen?«
    »Nun, da war noch der unbedeutende Punkt unserer gestrigen Unterhaltung. Meine Vorgesetzten hätten ganz gern, daß ich ein offizielles Protokoll aufnehme.«
    »Tut mir leid.«
    »Was wollen Sie?«
    »Noch einen Gefallen.«
    »Sie scherzen, oder?«
    »Ich lasse mit mir handeln.«
    »Wie bitte? Haben Sie mal wieder die Buschtrommeln gehört?«
    »Haben Sie Marjorie Dawson wegen letztem Sonntag befragt?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Weil sie irgendwo im Süden ist und ihre im Sterben liegende Mutter besucht.«
    »Glaube ich nicht.«
    »Und wo ist sie dann, Sherlock Holmes?«
    »In der Nähe.«
    »Seien Sie nicht so ein Arschloch, Dunford.«
    »Ich sagte doch, ich lasse mit mir handeln.«
    »Einen Scheiß tun Sie.« Er flüsterte irgendwas im Hintergrund und zischte. »Sie sagen mir, wo sie ist, sonst krieg ich Sie wegen Behinderung der Ermittlungen dran.«
    »Ach, kommen Sie. Ich will doch nur wissen, was Sie über ein paar tote Schwäne in Bretton Park wissen.«
    »Sind Sie auf Koks oder was ? Was für tote Schwäne?«
    »Letzte Woche sind oben in Bretton ein paar Schwänen die Flügel abgehackt worden. Ich wollte nur wissen, was die Polizei darüber denkt, mehr nicht.«
    Fraser atmete schwer. »Abgehackt?«
    »Ja, abgehackt.« Er hat von den Gerüchten gehört, dachte ich.
    »Und hat man sie gefunden?«
    »Wen?«
    »Die Flügel.«
    »Das wissen Sie doch selber, verdammt.«
    Stille, dann: »Na gut.«
    »Was, na gut?«
    »Na gut, ich werde sehen, was sich machen läßt.«
    »Danke.«
    »Und wo zum Teufel ist Marjorie Dawson?«
    »Pflegeheim Hartley, Hemsworth.«
    »Und woher zum Teufel wissen Sie

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