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1974

1974

Titel: 1974 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Peace
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Zimmer verschwunden.
    Riesige Affenhände packten mich hart unter den Achselhöhlen, die kleineren Krallen noch immer an den Haarwurzeln.
    Ich sah einen riesigen Heizkörper, an dem die Farbe in Streifen abblätterte.
    Scheiße, von weißer warmer Wolle zu schwarzem gelbem Schmerz.
    Ich war oben an der Treppe, meine Schuhe mühten sich, an den Füßen zu bleiben.
    Ich hielt mich auf halber Höhe am Geländer fest.
    Scheiße, mir hatte es den Atem aus Brust und Rippen verschlagen.
    Dann war ich am Fuße der Treppe, versuchte aufzustehen, eine Hand auf der untersten Stufe, die andere an der Brust.
    Scheiße, meine Kopfhaut roter gelber schwarzer Schmerz.
    Dann war die Hitze verschwunden, und es gab nur kalte Luft und Splitter der geschotterten Einfahrt in meinen Handflächen.
    Scheiße, mein Rücken.
    Und dann rannten wir alle die Einfahrt hinunter.
    Scheiße, mit dem Kopf gegen die grüne Tür des Viva.
    Sie packten meinen Schwanz, stopften mir ihre Hände in die Hosentaschen, und ich kicherte und wand mich hin und her.
    Scheiße, fette Lederhände zerquetschten mir das Gesicht zu gelbem rotem Schmerz.
    Und dann öffneten sie die Wagentür und steckten meine Hand dazwischen.
    Scheiße, Scheiße, Scheiße. Dann schwarz.
     
     
    Gelbes Licht.
    Wer hat unseren kleinen Eddie gern?
    Wieder gelbes Licht.
    »Gott sei Dank.«
    Das rosige Gesicht meiner Mutter, die den Kopf schüttelt.
    »Was ist passiert, mein Schatz?«
    Zwei große schwarze Gestalten hinter ihr, wie riesige Krähen.
    »Eddie?«
    Ein gelbes Zimmer voller Schwarz und Blau.
    »Sie sind in der Notaufnahme Pinderfields«, sagte eine tiefe Männerstimme aus dem Schwarz heraus.
    Da war etwas am Ende meines Arms.
    »Fühlen Sie etwas?«
    Eine dicke, fett bandagierte Hand am Ende meines Arms.
    »Vorsichtig, mein Schatz«, sagte meine Mutter, eine sanfte braune Hand auf meiner Wange.
    Gelbes Licht, schwarze Blitze.
    »Die wissen, wer ich bin! Die wissen, wo wir wohnen!«
    »Wir sollten ihn jetzt besser in Frieden lassen«, sagte ein anderer Mann.
    Schwarzer Blitz.
    »Tut mir leid, Ma.«
    »Mach dir um mich keine Gedanken, mein Schatz.«
    Ein Taxi, Pakistanis am Funk und Kiefernduft.
    Ich starrte auf meine weiße rechte Hand.
    »Wie spät ist es?«
    »Gerade drei.«
    »Mittwoch?«
    »Ja, mein Schau. Mittwoch.«
    Draußen hinter der Scheibe kroch die Innenstadt von Wakefield vorbei.
    »Was ist passiert, Ma?«
    »Ich weiß es nicht, mein Schatz.«
    »Wer hat dich angerufen?«
    »Angerufen? Ich habe dich gefunden.«
    »Wo?«
    Meine Mutter drehte das Gesicht zur Scheibe und schniefte.
    »In der Einfahrt.«
    »Was ist mit dem Auto?«
    »Ich habe dich im Auto gefunden. Du hast auf dem Rücksitz gelegen.«
    »Ma …«
    »Blutverschmiert.«
    »Ma …«
    »Hast einfach dagelegen.«
    »Bitte …«
    »Ich hab gedacht, du bist tot.« Sie weinte.
    Ich starrte auf meine weiße rechte Hand, der Verband stank noch mehr als das Taxi.
    »Was ist mit der Polizei?«
    »Der Rettungssanitäter hat sie gerufen. Er hat dich gesehen und es sofort gemeldet.«
    Meine Mutter legte eine Hand auf meinen gesunden Arm und schaute mir in die Augen:
    »Wer hat dir das angetan?«
    Meine kalte Hand im Verband pochte, zusammen mit meinem Puls.
    »Ich habe keine Ahnung.«
     
    Wieder daheim, Wesley Street, Ossett.
    Die Taxitür knallte hinter mir zu.
    Ich erschrak.
    An der Beifahrertür des Viva waren braune Schmierflecken.
    Meine Mutter ging hinter mir die Einfahrt hinauf und schloß ihre Handtasche.
    Ich steckte die linke Hand in die rechte Hosentasche.
    »Was machst du da?«
    »Ich muß weg.«
    »Das ist doch Unsinn, mein Junge.«
    »Ma, bitte.«
    »Du kannst nicht fahren.«
    »Ma, hör auf.«
    »Nein, du hörst auf. Tu mir das nicht an.«
    Sie versuchte, mir die Wagenschlüssel wegzunehmen.
    »Ma!«
    »Das kannst du mir nicht antun, Edward.«
    Ich setzte rückwärts aus der Einfahrt, Tränen und schwarze Blitze vor Augen.
    Meine Mutter stand in der Einfahrt und schaute mir nach.
     
    Der einarmige Autofahrer.
    Rotes Licht, grünes Licht, bernsteinfarbenes Licht, rot.
    Auf dem Parkplatz vor dem Redbeck heulte ich.
    Schwarzer Schmerz, weißer Schmerz, gelber Schmerz, mehr.
     
    Zimmer 27, unangetastet.
    Mit einer Hand goß ich mir kaltes Wasser über den Kopf.
    Im Spiegel ein Gesicht, braune Schlieren alten Bluts flossen daran herab.
    Zimmer 27, nur Blut.
     
    20 Minuten später auf der langsamen Straße nach Fitzwilliam.
    Ich fuhr, behielt ein Auge im Rückspiegel, knabberte den Verschluß von einer

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