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1974

1974

Titel: 1974 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Peace
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Sie AF gesagt, daß Eddie angerufen hat?«
    Durch die gläserne Doppeltür sah ich dieselben Burschen Pool spielen.
    »Er hat eine Nachricht hinterlassen. Er wird Sie um zwölf zurückrufen.«
    Ich hängte ein.
    Ich sah auf die Uhr meines Vaters: 23.35 Uhr.
    Ich hob ab und wählte erneut.
    Beim dritten Klingeln legte ich auf.
    Sie kann mich mal.
    Ich setzte mich auf den braunen Sessel in der Lobby, auf dem die Frau heute morgen gefurzt hatte; das Klackern der Billardkugeln und die Flüche der Burschen hielten mich wach.
     
    Punkt zwölf sprang ich aus dem Sessel und hing am Telefon, bevor einer der Burschen auch nur die Gelegenheit dazu hatte, mir zuvorzukommen.
    »Ja bitte?«
    »Ronald Gannon?« fragte AF.
    »Ich bin’s, Eddie. Hast du meine Nachricht gekriegt?«
    »Ja.«
    »Ich brauche deine Hilfe, und ich möchte dir helfen.«
    »Gestern nacht warst du dir da nicht so sicher.«
    »Tut mir leid.«
    »Das sollte es dir auch. Hast du einen Stift?«
    »Ja«, sagte ich und wühlte in meinen Taschen.
    »Du solltest mal mit Marjorie Dawson reden. Sie ist im Hartley-Pflegeheim in Hemsworth, seit Sonntag, seit Barry bei ihr war.«
    »Wie zum Teufel hast du das rausgekriegt?«
    »Ich kenne Leute.«
    »Ich will wissen, wer dir das erzählt hat.«
    »›Ich will‹ zieht bei mir nicht.«
    »Ach, Scheiße, AF. Ich muß es wissen.«
    »Das kann ich dir nicht sagen.«
    »Verdammt.«
    »Nur soviel: ich habe Jack Whitehead aus dem Gaiety kommen sehen, und er sah betrunken und wütend aus. Du solltest vorsichtig mein, mein Lieber.«
    »Du kennst Jack?«
    »Wir kennen uns seit langer Zeit.«
    »Danke.«
    »Schon gut«, lachte er und legte auf.
     
    In dieser Nacht wachte ich im Motelzimmer 27 dreimal hintereinander aus demselben Traum auf dem Fußboden auf.
    Jedesmal dachte ich, jetzt bin ich in Sicherheit, ich bin in Sicherheit, schlaf weiter.
    Jedesmal derselbe Traum. Auf der Brunt Street, Paula Garland, die eine rote Strickjacke um sich schlingt und mir zehn Jahre Lärm ins Gesicht schreit.
    Jedesmal stieß eine Krähe aus einem Himmel in tausend Grautönen und krallte sich in ihr blondes Haar.
    Jedesmal jagte sie sie die Straße entlang und wollte ihr in die Augen picken.
    Jedesmal erstarrte ich, erwachte frierend auf dem Fußboden.
    Jedesmal drang Mondlicht ins Zimmer, und Schatten erweckten die Photos an den Wänden zum Leben.
    Beim letzten Mal waren die Fensterscheiben blutüberströmt.

6. K APITEL
    Mittwoch, 18. Dezember 1974.
    7.00 Uhr früh und nichts wie raus aus diesem Zimmer.
    Tee und Toast mit Butter im Redbeck Café.
    Lastwagenfahrer hielten Titelseiten hoch:
    Stonehouse ausspioniert: Wilson streitet ab. Drei Bombenexplosionen: ein Toter. Benzinpreise schnellen hoch auf 74 Pence.
    Johnny Kelly tauchte auf den Rückseiten in der Lokalpresse auf:
    Der Lord Lucan der Rugby League ? Wo ist unser Weiberheld?
    Zwei Polizisten kamen herein, nahmen ihre Mützen ab und setzten sich an einen Fenstertisch.
    Mein Herz blieb stehen und flatterte dann über die hingekritzelten Namen in meinem Notizbuch:
    Arnold Fowler, Marjorie Dawson und James Ashworth.
    Drei Verabredungen.
     
    Mit neuem Wechselgeld wieder in der Lobby des Redbeck.
    »Arnold Fowler am Apparat?«
    »Plier spricht Edward Dunford von der Post Tut mir leid, daß ich Sie stören muß, aber ich arbeite an einem Artikel über die Angriffe auf Schwäne in Bretton Park.«
    »Ich verstehe.«
    »Ich hatte gehofft, wir könnten uns darüber unterhalten.«
    »Wann?«
    »Heute im Lauf des Vormittages ? Ich weiß, wie kurzfristig das ist.«
    »Ich bin heute morgen in Bretton. Ich unternehme dort eine Wanderung mit Schülern von der Horbury Junior School, aber erst gegen halb elf.«
    »Ich könnte gegen halb zehn don sein.«
    »Wir treffen uns in der Haupthalle.«
    »Ich danke Ihnen.«
    »Wiederhören.«
     
    Die schneidend scharfe Wintersonne durchbohrte auf dem Weg nach Bretton die Windschutzscheibe, die Heizung dröhnte so laut wie das Radio:
    IRA und Stonehouse, die Jagd auf die Nr. i der Weihnachtshitparade, Clare Kemplay, die nun auf allen überregionalen Sendern erneut starb.
    Ich sah in den Rückspiegel.
    Ich suchte mir einen Regionalsender:
    Auf Radio Leeds atmete Clare noch, Anrufer forderten, daß etwas unternommen werden müsse gegen so was, und was für ein Unmensch denn so was mache, und sowieso sei der Strick noch zu gut für solche, die so was täten.
    Die Polizei war plötzlich verstummt, keine Spuren, keine Pressekonferenz.
    Ich dachte, die Ruhe vor dem

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