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1974

1974

Titel: 1974 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Peace
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Redbeck, schluckte Pillen und verteilte noch mehr davon auf dem Boden, Lastwagenlichter und Weihnachtsbäume sahen aus wie Geister in der Nacht.
    Tränen kullerten mir über die Wangen, aber nicht vor Schmerz.
    »In was für einer blutigen Welt leben wir eigentlich.«
    Kinder wurden geschlachtet, und niemand interessierte sich einen Scheißdreck dafür. König Herodes lebt.
     
    In der hellerleuchteten Lobby nahm ich wieder einen Stapel Münzen und rief in der Wesley Street an; ich ließ es fünf Minuten lang klingeln.
    »Das kannst du mir nicht antun, Edward!«
    Ich wollte erst bei meiner Schwester anrufen, änderte dann aber meinen Entschluß.
     
    Ich kaufte mir die Evening Post und trank dann im Redbeck’s einen Kaffee.
    Die Zeitung war voll mit Preiserhöhungen und IRA. Es gab einen kurzen Artikel über die Untersuchungen im Fall Clare Kemplay, nichtssagende Äußerungen von Detective Superintendent Noble irgendwo auf Seite zwei, keine Autorenzeile.
    Was zum Teufel machte Jack?
    »Ich habe Jack Whitehead aus dem Gaiety kommen sehen, und er sah betrunken und wütend aus.«
    Die letzten Seiten waren ganz Leeds United gewidmet, Fußball hatte die Rugby League vom Platz gestellt.
    Kein Johnny Kelly, kein Wakefield Trinity, nur St. Helens, das mit sieben Punkten klar führte.
    »Wirklich? Ich dachte, seine Frau.«
    Ich zeichnete Kreise mit einem Löffel voller Kaffeeflecken:
    Vermißt: Clare Kemplay …
    Clare Kemplays Leiche wird von James Ashworth entdeckt …
    James Ashworth arbeitet bei Foster’s Construction …
    Foster’s Construction gehört Donald Foster …
    Donald Foster ist Vorsitzender des Wakefield Trinity Rugby League Club …
    Wakefield Trinitys Star heißt Johnny Kelly …
    Johnny Kelly, Bruder von Paula Garland …
    Paula Garland ist die Mutter von Jeanette Garland …
    Jeanette Garland: vermißt.
    »Hängt doch alles irgendwie zusammen. Nenn‘ mir zwei Dinge, die nicht zusammenhängen.«
    Barry Gannon, so als würde er mir gegenüber am Tisch sitzen.
    »Und was hast du vor?«
    Wieder in der hellen Lobby, es war gerade sechs geworden, blätterte ich durchs Telefonbuch.
    »Hier spricht Edward Dunford.«
    »Ja?«
    »Ich muß Sie sprechen.«
     
    »Kommen Sie besser rein.«
    Mrs. Paula Garland stand in der Tür zum Haus Nummer 11, Brunt Street, Castleford.
    »Danke.«
    Und wieder betrat ich ein warmes Zimmer in einem Reihenhaus, Coronation Street fing gerade an. Die rechte Hand hielt ich in der Tasche verborgen.
    Eine untersetzte, rothaarige Frau kam aus der Küche. »Hallo, Mr. Dunford.«
    »Scotch Clare, sie wohnt zwei Häuser weiter. Sie wollte gerade gehen, oder?«
    »Ja. Hat mich gefreut«, sagte die Frau und drückte mir die linke Hand.
    »Sie gehen doch nicht meinetwegen, hoffe ich?« log ich von Berufs wegen.
    »Ah, der hat ja wenigstens Manieren«, sagte die schottische Clare und ging zur hellroten Tür.
    Paula Garland hielt sie noch immer offen. »Ich seh’ dich morgen, meine Liebe.«
    »Ja. Hat mich gefreut, Mr. Dunford. Vielleicht sehen wir uns mal auf einen kleinen Weihnachtspunsch.«
    »Eddie, bitte. Das war’ nett«, sagte ich lächelnd.
    »Bis bald, Eddie. Fröhliche Weihnachten«, grinste Clare.
    Paula Garland ging ein Stück mit Clare auf die Straße hinaus.
    »Bis dann«, sagte sie draußen und kicherte.
    Ich stand einen Augenblick allein im Vorderzimmer und starrte das Photo auf dem Fernseher an.
    Paula Garland kam wieder herein und machte die rote Tür zu.
    »Tut mir leid.«
    »Nein, es tut mir leid, daß ich einfach so telefonisch …«
    »Stellen Sie sich nicht so an. Setzen Sie sich.«
    »Danke«, sagte ich und setzte mich auf das cremeweiße Ledersofa.
    Sie wollte gerade anheben: »Wegen gestern abend, ich …«
    Ich reckte die Hände hoch. »Vergessen Sie’s.«
    »Was ist denn mit Ihrer Hand passiert?« fragte Paula Garland, schlug sich die Hand vor den Mund und starrte den grau werdenden Klumpen Verband an meinem Arm an.
    »Jemand hat sie mir in meiner Wagentür eingeklemmt.«
    »Sie machen Witze.«
    »Nein.«
    »Wer?«
    »Zwei Polizisten.«
    »Sie machen Witze?«
    »Nein.«
    »Warum?«
    Ich sah auf und versuchte ein Lächeln. »Ich dachte, das könnten Sie mir vielleicht verraten.«
    »Ich?«
    An ihrem braunen ausgestellten Rock hing ein roter Baumwollfaden. Ich wollte mich schon unterbrechen und ihr das mit dem Stück Faden sagen.
    Statt dessen sagte ich: »Dieselben beiden Polizisten haben mich schon einmal gewarnt, nachdem ich am Sonntag hier bei Ihnen

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