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1976 - Das Jesus-Papier

1976 - Das Jesus-Papier

Titel: 1976 - Das Jesus-Papier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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heißt?«
    »Ich habe es Ihnen doch gesagt. Es sind keine Priester der Kurie hier. Bitte gehen Sie hinein. Brauchen Sie Hilfe?«
    »Nein, ich komme schon zurecht.« Victor stieg langsam aus dem Wagen, jede Bewegung kostete ihn Mühe, aber der Schmerz hinter seinen Augen ließ nach, und auch der Krampf in seinem Rücken lockerte sich. Er verstand. Sein Bewußtsein war dabei, sich neu zu orientieren. Er war nach Campo di Fiori gekommen, um Antworten zu holen. Zu einer Konfrontation. Aber er hatte nicht erwartet, daß es so sein würde.
    Er ging die breiten Marmorstufen hinauf, auf die Eichentür seiner Kindheit zu. Er hielt inne und wartete auf das, was er für unausweichlich hielt: ein Gefühl überwältigender Sorge. Aber es stellte sich nicht ein, weil es hier kein Leben gab.
    Er hörte, wie der Motor hinter ihm aufheulte und drehte sich um. Der Fahrer hatte den Wagen um die Einfahrt herum gesteuert, war an der Böschung vorbei wieder auf die Straße gefahren, die zum Haupttor führte.
    Während er ihm noch nachblickte, hörte Victor das metallische Geräusch eines Riegels. Er drehte sich wieder der mächtigen Eichentür zu; sie hatte sich geöffnet.
    Er konnte den Schock, den er empfand, nicht verbergen. Er bemühte sich auch gar nicht darum. In ihm wallte Zorn auf; er zitterte am ganzen Körper.
    Der Mann an der Tür war ein Priester! Er trug das schwarze Kleid der Kirche. Er war ein alter Mann, alt und gebrechlich. Wenn es anders gewesen wäre, hätte Fontine vielleicht nach ihm geschlagen.
    Statt dessen starrte er den alten Mann an und sagte leise: »Daß ein Priester in diesem Haus ist, bereitet mir großen Schmerz.«
    »Es tut mir leid, daß Sie so empfinden«, erwiderte der Priester im Italienisch eines Ausländers, mit dünner, aber fester Stimme. »Wir haben den Padrone der Fontini-Cristis verehrt. Wir haben unseren wertvollsten Schatz in seine Hände gelegt.«
    Sie starrten sich gegenseitig an, keiner senkte den Blick, aber langsam trat in Victor Ungläubigkeit an die Stelle von Zorn.
    »Sie sind Grieche«, sagte er mit kaum hörbarer Stimme.
    »Ja, das bin ich. Aber das hat nichts zu bedeuten. Ich bin ein Mönch von Konstantin. Bitte, treten Sie ein.« Der alte Priester trat einen Schritt zurück, um Victor vorbeizulassen. Dann fügte er leise hinzu: »Nehmen Sie sich Zeit. Lassen Sie Ihre Augen schweifen. Nur wenig hat sich verändert. Man hat von jedem Raum Fotografien angefertigt und Bestandslisten gemacht. Wir haben alles so erhalten, wie es war.«
    Ein Mausoleum.
    »Das haben die Deutschen auch.« Fontine trat in die mächtige Halle. »Es ist seltsam, daß diejenigen, die sich so angestrengt haben, Campo di Fiori zu besitzen, es nicht verändern wollen.«
    »Man schleift ein großes Juwel nicht und entstellt kein wertvolles Gemälde. Daran ist nichts seltsam.«
    Victor gab keine Antwort. Seine Hand umkrampfte seinen Stock, und er ging mit einiger Mühe auf die Treppe zu. Vor dem Bogen, der zu dem großen Saal zur Linken führte, blieb er stehen. Alles war so, wie es gewesen war. Die Gemälde, die Tische an den wuchtigen Mauern, die halb verblaßten alten Spiegel über den Tischen, die Perserteppiche auf den polierten Böden, die breite Treppe mit der glänzenden Balustrade.
    Er blickte durch den nördlichen Bogen in den Speisesaal. Die Schatten des Zwielichts fielen über den mächtigen Tisch, der jetzt entblößt dastand, poliert, leer, wo einmal die Familie gesessen war.
    Er beschwor ihr Bild herauf, konnte ihre Stimmen, ihr Lachen hören. Auseinandersetzungen, Anekdoten, Gespräche. Wenn die Familie sich zum Abendbrot versammelte, war das eine der wichtigsten Angelegenheiten des Tages in Campo di Fiori gewesen.
    Die Gestalten erstarrten, die Stimmen verstummten. Es war Zeit, den Blick abzuwenden.
    Victor drehte sich um. Der Mönch wies auf den südlichen Bogen. »Wollen wir in das Arbeitszimmer Ihres Vaters gehen?«
    Er ging vor dem alten Mann durch den Saal. Unwillkürlich - er wollte keine alten Erinnerungen wachrufen - fiel sein Blick auf die Möbel, die ihm plötzlich so vertraut waren. Jeder Stuhl, jede Lampe, jeder Wandteppich und jeder Leuchter exakt so, wie er ihn in Erinnerung hatte.
    Fontine atmete tief und schloß kurz die Augen. Es war makaber. Er schritt durch ein Museum, das einmal ein lebender Teil seiner Existenz gewesen war. In gewisser Weise war es grausam.
    Er ging weiter, durchschritt die Tür zu Savarones Arbeitszimmer. Es war nie das seine gewesen, obwohl sein Leben in jenem

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