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1976 - Das Jesus-Papier

1976 - Das Jesus-Papier

Titel: 1976 - Das Jesus-Papier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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auch wegen seiner ausgeprägten Exklusivität bekannt war.
    Wenn die Elite nach Norden zog, vergnügte sie sich in der Villa Lario. Um hier Zugang zu erhalten, brauchte man Geld und Familie. Die Comessi waren zurückhaltend, leise und fast unterwürfig, lasen ihrer Klientel jeden Wunsch von den Augen ab und achteten sorgfältig auf die Termine der Reservierungen. Es war nicht ungewöhnlich, daß ein Ehemann oder eine Ehefrau, ein Geliebter oder eine Geliebte, einen leisen, zur Vorsicht mahnenden Telefonanruf erhielt, in dem ein anderer Ankunftstermin vorgeschlagen wurde. Oder schnelle Abreise.
    Der Hispano-Suiza bog in den mit blauen Platten belegten Parkplatz. Zwei uniformierte Parkwächter kamen aus dem geheizten Wachhäuschen zu beiden Seiten des Automobils geschossen, öffneten die Türen und verbeugten sich.
    Der Mann auf Vittorios Seite sagte: »Willkommen in Villa Lario, Signore.«
    »Danke. Wir haben kein Gepäck. Wir fahren abends wieder. Kümmern Sie sich um Benzin und Öl. Ist der Mechaniker da?«
    »Ja, Signore.«
    »Er soll sich die Spurstange ansehen. Da ist zuviel Spiel.«
    »Selbstverständlich, Signore.«
    Fontini-Cristi stieg aus. Er war ein hochgewachsener Mann, gut einen Meter achtzig groß. Sein gerades, dunkelbraunes Haar fiel ihm über die Stirn, seine Gesichtszüge waren scharf -ebenso raubvogelhaft wie die seines Vaters -, und seine Augen, die er in dem hellen Licht immer noch zusammengekniffen hatte, wirkten gleichzeitig nachdenklich und wach. Er trat vor die weiße Motorhaube, betastete geistesabwesend die Kühlerhaube und lächelte seiner Begleiterin, der Comtessa d'Avenzo, zu. Dann gingen sie gemeinsam auf die steinerne Treppe zu, die zum Eingang der Villa Lario hinaufführte.
    »Was hast du denn den Dienstboten gesagt, wohin du fährst?« fragte Fontini-Cristi.
    »Traviglio. Du bist ein Pferdetrainer, der mir einen Araber verkaufen möchte.«
    »Erinnere mich daran, daß ich dir einen kaufe.«
    »Und du? Was hast du in deinem Büro gesagt?«
    »Eigentlich gar nichts. Nur meine Brüder könnten nach mir fragen, alle anderen warten geduldig.«
    »Aber nicht deine Brüder.« Die Comtessa d'Avenzo lächelte. »Das gefällt mir. Der wichtige Vittorio wird im Geschäft von seinen Brüdern bedrängt.«
    »Kaum. Meine süßen jüngeren Brüder haben zusammen drei Frauen und elf Kinder. Ihre Probleme sind ewig häuslicher Natur. Manchmal glaube ich fast, ich bin ein Schiedsrichter. Und das ist gut so. Sie sind beschäftigt und halten sich von den Geschäften fern.«
    Sie standen auf der Terrasse vor der Glastür, die in die Halle der Villa Lario führte, und blickten auf den ausgedehnten See hinunter und auf die Berge, die sich dahinter auftürmten.
    »Das ist schön«, sagte die Comtessa. »Hast du ein Zimmer bestellt?«
    »Eine Suite. Das Penthaus. Die Aussicht dort ist herrlich.«
    »Ich habe davon gehört. Ich bin nie oben gewesen.«
    »Das waren nur wenige Leute.«
    »Ich kann mir vorstellen, daß du sie monatlich mietest.«
    »Das ist nicht nötig«, sagte Fontini-Cristi und wandte sich den riesigen Glastüren zu. »Weißt du, die Villa Lario gehört mir nämlich zufällig.«
    Die Comtessa d'Avenzo lachte. Sie trat vor Vittorio in die Halle. »Du bist ein unmöglicher, unmoralischer Mann. Du bereicherst dich an deinesgleichen. Mein Gott, du könntest halb Italien erpressen!«
    »Nur unser Italien, meine Liebe.«
    »Das reicht!«
    »Kaum. Aber ich mußte das nie, falls es dich erleichtert. Ich bin nur ein Gast. Warte hier, bitte.«
    Vittorio ging zum Empfangstisch. Der befrackte Angestellte hinter der marmorbedeckten Theke begrüßte ihn. »Wie schön, daß Sie uns besuchen kommen, Signore Fontini-Cristi.«
    »Stehen die Dinge gut?«
    »Ausgezeichnet. Möchten Sie gern...«
    »Nein, ich möchte nicht«, unterbrach Vittorio. »Ich nehme an, meine Zimmer sind bereit.«
    »Natürlich, Signore. Ein frühes Nachtmahl ist vorbereitet, wie Sie es wünschten. Kaviar aus dem Iran, kalte gepreßte Ente, Veuve Cliquot achtundzwanzig.«
    »Und?«
    »Selbstverständlich Blumen. Der Masseur ist darauf vorbereitet, seine anderen Termine abzusagen.« »Und?«
    »Keine Komplikationen für die Comtessa d'Avenzo«, antwortete der Angestellte schnell. »Niemand aus ihrem engeren Kreis ist hier.«
    »Danke.« Fontini-Cristi drehte sich um, aber die Stimme des Angestellten hielt ihn auf.
    »Signore?«
    »Ja?«
    »Ich weiß, daß Sie nur in Notfällen gestört werden möchten, aber Ihr Büro hat

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