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1976 - Das Jesus-Papier

1976 - Das Jesus-Papier

Titel: 1976 - Das Jesus-Papier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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das dichte Unterholz eingedrungen und hatte sich Meter für Meter den steilen Abhang hinaufgearbeitet, durch ineinander verwachsenes Buschwerk und die scharfen Nadeln der Fichten.
    Jetzt saß er auf dem Felsvorsprung und atmete schwer. Seine Schultern schmerzten von der dauernden Anspannung. Er schätzte die Distanz vom ersten Plateau auf wenigstens drei Kilometer. Er hatte fast drei Stunden dafür gebraucht.
    Einen Kilometer pro Stunde, über Felsen und winzige Täler, quer über kalte Bäche und endlose Hügel. Nur drei Kilometer.
    Wenn das so war, hatte er noch zwei Kilometer vor sich, vielleicht weniger. Er blickte auf. Die dichte Wolkendecke war den ganzen Morgen nicht aufgerissen. Es würde den ganzen Tag so bleiben. Der Himmel über ihm war wie der Himmel in North Shore vor einem kräftigen Regenschauer.
    Früher waren sie zusammen im Regen gesegelt. Sie hatten gelacht, wenn sie dem Wetter ein Schnippchen schlugen, waren auf ihr Geschick im Umgang mit dem Boot stolz gewesen, hatten Regen und Wind des Long Island Sound herausgefordert.
    Nein, daran durfte er jetzt nicht denken. Er stand auf und sah sich seine Kopie der Leinkraus-Skizze an, jene Kopie, die er vom Einband einer Familienthora angefertigt hatte.
    Die Skizze war ganz eindeutig, nicht aber das ansteigende Terrain auf der anderen Seite. Er sah sein Ziel - im Nordosten, das dritte Plateau, hoch über einem Meer von Koniferen. Aber der Felskamm, auf dem er sich befand, führte nach rechts, nach Osten, zum Sockel einer weiteren Erhebung. Weg von jeder direkten Linie, die zu dem Plateau in der Ferne führte. Er ging um das Felssims herum, entlang am Rand des dunklen Gehölzes, durch das er heraufgekommen war. Der Boden fiel jäh nach unten ab, und die Felszacken in der Tiefe wirkten wie ein schäumender Fluß aus Gestein. Der Pfad in der Skizze führte vom Wald zum Felssims und wieder zum Wald; irgendwelche dazwischen liegende Felsen waren nicht erwähnt.
    In den Jahren, seit das letzte Mitglied der Familie Leinkraus das Grab besucht hatte, mußten geologische Veränderungen stattgefunden haben. Eine plötzliche Laune der Natur - ein Erdbeben oder eine Lawine - hatte den Weg ausgelöscht.
    Aber er konnte das Plateau sehen. Was ihn von dem Plateau trennte, schien undurchdringlich, aber sobald er es einmal geschafft hatte, würde er von seinem augenblicklichen Standpunkt aus einen sich windenden Pfad erkennen können, der zum Plateau führte. Es war zweifelhaft, daß sich auch das geändert hatte. Er rutschte die Böschung hinunter bis zu dem steinernen Fluß und kletterte ungeschickt und bemüht, nicht in eine der hundert Miniaturspalten zu rutschen, dem Wald entgegen.
    Es war die dritte Lichtung! Scioccezza di Cacciatori! Jägers Torheit. Längst aufgegeben, aber einst perfekt dazu geeignet, die Kassette zu entfernen. Der Pfad, der von den Bergen zum Schienenkörper führte, war begehbar und das Areal rings um die Schienen eben und zugänglich. Zuerst war Andrew nicht sicher gewesen. Die Stelle war trotz des ebenen Bodens zu beiden Seiten der Schienen kurz und endete in einer Kurve. Dann erinnerte er sich: Sein Vater hatte gesagt, der Zug aus Saloniki sei kurz gewesen. Fünf Wagen und eine Lokomotive.
    Fünf Einheiten konnten leicht in gerader Linie anhalten und hier Platz finden. Und gleichgültig, in welchem Wagen die Kassette verstaut gewesen war, man hatte sie ohne Schwierigkeiten ausladen können.
    Aber was ihn jetzt davon überzeugte, daß er seinem Ziel nahe war, war eine unerwartete Entdeckung. Im Westen der Gleise waren die unverkennbaren Spuren einer aufgegebenen Straße. Man sah, wo sie sich in den Wald hineinschnitt, weil die Bäume dort niedriger waren als die, die sie umgaben, das Unterholz dichter am Boden. Es war nicht länger eine Straße -nicht einmal ein Weg -, aber daß hier einmal eine existiert hatte, war nicht zu leugnen.
    »Lefrac!« schrie er den Achtzehnjährigen an. »Was ist dort unten?« Er deutete nach Nordwesten, wo der Wald abschüssig wurde.
    »Ein Dorf. Vielleicht acht oder zehn Kilometer entfernt.«
    »Liegt es nicht an der Bahnlinie?«
    »Nein, Signore. Das ist Weideland, unter den Bergen.«
    »Welche Straße führt in das Dorf?«
    »Die Hauptstraße von Aosta und...«
    »In Ordnung.« Er hinderte den Jungen aus zwei Gründen am Weitersprechen. Er hatte gehört, was er hören wollte, und einen halben Meter entfernt war das Mädchen aufgestanden und arbeitete sich auf den Wald an der Ostseite der Gleise zu.
    Fontine

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