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1976 - Das Jesus-Papier

1976 - Das Jesus-Papier

Titel: 1976 - Das Jesus-Papier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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flache Stück reichte bis zu einer kurzen Felswand, die sich wie eine Mauer auftürmte. Diese Wand, diese kurze Klippe, war höchstens sechs Meter hoch und fast von Büschen und kleinen, knorrigen Bäumen verdeckt, die aus dem Felsen herauswuchsen. Aber der Boden unter der Klippe war eben. Sonst gab es überall natürliche Hindernisse, aber nicht dort, nicht an jener Stelle.
    »Geht dort hinüber«, befahl er den jungen Lefracs, sowohl um sie im Auge zu behalten als auch, damit sie ihm eine Perspektive boten. »Geht zu diesem flachen Stück zwischen den Felsen! Schiebt die Büsche auseinander und geht hinein! Soweit ihr könnt!«
    Er trat ein paar Schritte zurück und studierte den Kamm über sich. Er war ebenfalls eben oder schien zumindest so. Und dann war da noch etwas. Etwas, das einem eigentlich gar nicht auffallen würde, höchstens von der Stelle aus, wo er stand. Es war - irgendwie künstlich. Die Kante war zwar zackig, bildete aber einen fast perfekten Halbkreis. Wenn dieser Kreis sich fortsetzte, dann war der Kamm selbst wie eine kleine, abgelegene Plattform an einem unbedeutenden, winzigen Berg, aber immerhin hoch über den niedrigeren Alpenhügeln.
    Er schätzte die Größe von Lefracs Sohn.
    »Heb die Hände!« rief er.
    Mit ausgestreckten Armen erreichten die Hände des Jungen ein Drittel der kurzen Klippe.
    Angenommen, als Transportmittel war nicht ein Tier, sondern ein Fahrzeug eingesetzt worden. Eine Maschine mit schweren Rädern, ein Pflug vielleicht oder ein Traktor. Das paßte. An der ganzen Strecke von den Gleisen bis hierher gab es kein Teil des Weges, das ein solches Fahrzeug nicht hätte überwinden können. Und Pflüge und Traktoren waren gewöhnlich mit Winden ausgestattet.
    »Signore, Signore!« Das war das Mädchen. Ihre Rufe vermittelten ein seltsam wirkendes Gefühl der Freude, eine Kreuzung zwischen Hoffnung und Verzweiflung. »Wenn es das ist, was Sie suchen, dann lassen Sie uns gehen!«
    Andrew rannte zurück auf die Lefracs zu. Er drang in das Buschwerk ein, schob sich zum Felsen vor.
    »Dort unten!« Das war wieder das Mädchen.
    Unten, im leichten Schnee, zwischen dem Unterholz kaum zu sehen, war eine alte Leiter. Das Holz war verfault, die Sprossen waren an einem halben Dutzend Stellen aus ihren Fassungen gequollen. Aber davon abgesehen war sie intakt. Sie war jetzt nicht mehr zu gebrauchen, aber sie war auch nicht von Menschenhand zerstört worden. Sie war jahrelang in jenem Gebüsch gelegen, vielleicht Jahrzehnte, von nichts außer der Natur und der Zeit berührt.
    Fontine kniete nieder und berührte sie, hob sie auf, sah zu, wie sie ihm unter den Händen zerfiel. Er hatte ein menschliches Werkzeug gefunden, wo es kein solches geben sollte. Er wußte, daß keine sechs Meter über ihm...
    Über ihm! Sein Kopf fuhr in die Höhe, und er sah den Gegenstand herunterkrachen. Jetzt kam der Aufprall; sein Kopf explodierte in einem schmerzvollen Blitz, dem ein Augenblick der Gefühllosigkeit folgte, als schlügen hundert Hämmer auf ihn ein. Er fiel nach vorn, taumelte, um die Auswirkungen des Schlages abzuschütteln und wieder Licht zu sehen.
    Er hörte die Rufe.
    »Fuggi! Presto! A la traccia!« Der Junge.
    »Non senza te! Tu fuggi anche!« Das Mädchen.
    Lefracs Sohn hatte einen großen Felsbrocken auf dem Boden gefunden. Und der Haß hatte ihn seine Furcht verlieren lassen; die primitive Waffe in der Hand, hatte er sie auf den Kopf des Soldaten herunterkrachen lassen.
    Es wurde wieder Licht um ihn. Fontine richtete sich auf, und wieder sah er, wie die nur undeutlich zu erkennende Hand sich senkte, wie der Felsbrocken auf ihn zuschoß.
    »Du Scheißkerl! Du kleiner Scheißer!«
    Lefracs Sohn ließ den Felsbrocken los, schleuderte ihn nach dem Soldaten - wollte ihn irgendwo treffen, ein letzter Angriff -und rannte aus dem schneebedeckten Buschwerk hinaus, hinter seiner Schwester her.
    Andrew erkannte, wie seine eigene Wut anschwoll. Er hatte das vielleicht ein dutzendmal im Leben empfunden, und es war immer in der brütenden Hitze des Kampfes gewesen, wenn ein Feind ihm gegenüber einen Vorteil besaß, den er nicht kontrollieren konnte.
    Er kroch aus dem Gebüsch an den Rand des Pfades und blickte hinunter. Unter ihm, auf dem sich windenden Weg, konnte er Bruder und Schwester sehen. Sie rannten, so schnell sie auf dem schlüpfrigen Boden konnten.
    Er griff unter sein Jackett an das Halfter, das er an die Brust geschnallt trug. Die Beretta steckte in seiner Tasche. Aber eine Beretta

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