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1976 - Das Jesus-Papier

1976 - Das Jesus-Papier

Titel: 1976 - Das Jesus-Papier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Stühlen trennte sie, doch sie machte keine Anstalten, die Distanz zu verringern, aber sie zwang ihn, fortzufahren.
    »Um Gottes willen, sagen Sie es doch. Alles.«
    Sie flüsterte, aber ihr Flüstern war wie ein Befehl, und in seiner Verwirrung und in seinem Leid befolgte er den Befehl.
    Als er geendet hatte, überkam ihn Erleichterung. Zum erstenmal seit Tagen war ein unerträgliches Gewicht von ihm genommen. Nicht für dauernd, es würde wiederkommen, aber für den Augenblick hatte er zur Vernunft zurückgefunden; sie wirklich wiedergefunden, nicht nur eine falsche Fassade, die ihn immer ein wenig kurzatmig ließ.
    Jane hatte gewußt, was er nicht verstanden hatte. Sie hatte es ausgesprochen.
    »Dachten Sie denn, Sie könnten so weiterleben und es immer in sich eingekapselt halten? Hatten Sie geglaubt, Sie könnten die Worte nicht aussprechen, nicht hören? Für was für eine Art Mann halten Sie sich denn?«
    Was für eine Art Mann? Eigentlich wußte er das nicht. Er hatte niemals darüber nachgedacht, was für eine Art Mann er war. Das war keine Frage, die ihn besonders beschäftigt hatte. Er war Vittorio Fontini-Cristi, erster Sohn von Savarone. Und jetzt würde er herausfinden, was er sonst noch war. Er fragte sich, ob Jane Teil seiner neuen Welt sein würde. Oder ob der Haß und der Krieg alles verzehren würden. Er wußte nur, daß der Krieg und der Haß sein Sprungbrett zurück ins Leben sein würden.
    Das war auch der Grund, weshalb er Alec Teague ermuntert hatte, als der MI-6-Mann ihn nach der fehlgeschlagenen Konferenz mit Brevourt in Abwehrabschnitt Fünf kontaktiert hatte. Teague wollte Hintergrundsmaterial - scheinbar unwichtige Gespräche, beiläufige Bemerkungen, hingeworfenen Worte, die sein Vater vielleicht wiederholt hatte -, alles, das auch nur entfernt Beziehung zu dem Zug aus Saloniki haben könnte. Aber Vittorio wollte auch etwas. Von Teague. Und so ging er haushälterisch mit den isolierten Informationsfetzen um: Ein Fluß, der vielleicht etwas mit Zürich zu tun hatte, vielleicht auch nicht, ein Distrikt in den italienischen Alpen, der den Namen Champoluc trug, aber keinen Fluß besaß. Was auch immer das für ein Zusammensetzspiel sein mochte, seine Stücke blieben einzeln. Aber Teague ließ nicht locker.
    Und während Taegue tastete und sondierte, holte Vittorio aus ihm die möglichen Optionen heraus, die MI 6 vielleicht für ihn haben könnte. Er sprach fließend englisch und italienisch und überdurchschnittlich französisch und deutsch. Er hatte intime Kenntnisse über ein Dutzend größerer europäischer Industrieunternehmen, hatte mit den führenden Köpfen der Finanzwelt Europas verhandelt. Da mußte doch irgend etwas sein.
    Teague sagte, er würde nachforschen. Gestern hatte Teague gesagt, er würde ihn heute um sechzehn Uhr dreißig anrufen; vielleicht würde er etwas haben. Diesen Nachmittag um exakt sechzehn Uhr dreißig hatte Teague angerufen; er hatte Vittorios »Befehle«. Da war also etwas gewesen. Fontini-Cristi fragte sich, was dieses Etwas wohl sein mochte, und noch mehr, weshalb seine Reise nach Schottland so plötzlich angesetzt wurde.
    »Hast du lange gewartet?« fragte Jane Holcroft, die plötzlich neben ihm in der schwach erleuchteten Bar stand.
    »Es tut mir leid.« Das tat es Vittorio wirklich; er hatte sie nicht kommen sehen. Und doch hatte er die ganze Zeit zur Tür gestarrt. »Nein, ganz und gar nicht.«
    »Du warst meilenweit entfernt. Du hast mich angesehen, und als ich lächelte, hast du die Stirn gerunzelt. Ich hoffe, das hat nichts zu bedeuten.«
    »Du lieber Himmel, nein. Du hattest recht, ich war meilenweit entfernt. In Schottland.«
    »Wie bitte?«
    »Ich werde dir bei Tisch davon erzählen. Das, was ich weiß, und das ist sehr wenig.«
    Sie wurden zu ihrem Tisch geführt und bestellten ihre Getränke.
    »Ich habe dir von Teague erzählt«, sagte er, zündete ihre Zigarette an und hielt dann das Streichholz unter seine eigene.
    »Ja. Der Mann von der Abwehr. Du hast nicht sehr viel über ihn erzählt. Nur daß er offenbar ein ganz brauchbarer Bursche ist und eine Menge Fragen gestellt hat.«
    »Das mußte er. Meine Familie hat das verlangt.« Fontini-Cristi hatte Jane nichts über den Güterzug aus Saloniki erzählt; dafür gab es keinen Grund. »Ich habe ihn ein paar Wochen lang bedrängt, einen Job für mich zu finden.«
    »Beim Militär?«
    »Irgendwo. Es war logisch, an ihn heranzutreten. Er kennt überall Leute. Wir waren uns beide einig, daß ich

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