1976 - Das Jesus-Papier
haben Sie diese Information?«
»Sie ist uns heute morgen durchgegeben worden.«
»Von wem? Wer hat sie aufgenommen? Wer sie weitergegeben?«
»Die griechische Botschaft«, erwiderte Stone im Flüsterton.
Fontine sank auf das Deck des Flugzeugs zurück. Was hatte Lübok gesagt?
Ich habe Ihnen ein Dutzend Gelegenheiten gegeben; Sie haben keine davon ergriffen... Es gibt Männer, die der Ansicht sind, dieser Krieg sei belanglos... Aus diesen Gründen habe ich getan, was ich getan habe. Sie werden es bald wissen... Man wird Sie jetzt in Frieden lassen. Für eine Weile zumindest!
Lübok hatte seinen Zug getan. Er hatte vor Tagesanbruch einen Flugplatz in Warschau aufgesucht und eine falsche Nachricht nach London gesandt.
Es gehörte nicht viel Fantasie dazu, um zu wissen, was jene Nachricht bewirkt hatte.
»Wir können nicht handeln. Wir haben uns gezeigt, und man hat uns aus dem Spiel genommen. Wir beobachten uns jetzt alle gegenseitig, aber keiner kann einen Zug tun oder zugeben, was wir suchen. Keiner kann sich das leisten.« Brevourt sagte das. Er stand an dem bleiverglasten Fenster, das den Blick auf den kleinen Innenhof freigab. »Schachmatt.«
Auf der anderen Seite des Zimmers stand ein wütender Alec Teague neben dem langen Konferenztisch. Sie waren allein.
»Das ist mir egal, verdammt. Was mich beunruhigt, ist, mit welchem Zynismus Sie die militärische Abwehr manipuliert haben. Sie haben ein ganzes Netz in Gefahr gebracht. Möglicherweise ist Loch Torridon erledigt.«
»Dann müssen Sie eben eine andere Strategie entwickeln«, sagte Brevourt geistesabwesend und blickte zum Fenster hinaus. »Das ist doch Ihre Aufgabe, oder?«
»Verdammt sollen Sie sein!«
»Um Himmels willen, Teague, hören Sie auf!« Brevourt drehte sich um. »Glauben Sie auch nur einen Augenblick, daß ich hier das letzte Wort hatte?«
»Ich glaube, daß Sie den, der über Ihnen steht, kompromittiert haben. Man hätte mich fragen müssen!«
Brevourt wollte antworten, hielt dann aber inne. Er nickte, während er langsam quer durch das Zimmer zu dem Konferenztisch ging und sich Teague gegenüberstellte.
»Vielleicht haben Sie recht, General. Sagen Sie, Sie sind der Fachmann. Worin lag unser Fehler?«
»Lübok«, sagte der Brigadier kalt. »Er hat Sie hereingelegt. Er hat Ihr Geld genommen und sich dann Rom zugewandt. Am Ende hat er selbst seine Entscheidung getroffen. Er war der falsche Mann.«
»Er war Ihr Mann. Aus Ihren Archiven.«
»Nicht für diesen Auftrag. Sie haben sich eingeschaltet.«
»Er kann sich frei in Europa bewegen«, fuhr Brevourt mit fast klagender Stimme fort, als hätte Teague ihn nicht unterbrochen. »Er ist unberührbar. Falls Fontini-Cristi abgesprungen wäre, hätte Lübok ihm überallhin folgen können. Selbst in die Schweiz.«
»Das haben Sie erwartet, nicht wahr?«
»Offen gestanden, ja. Sie sind ein zu guter Verkäufer, General. Ich habe Ihnen geglaubt. Ich dachte, Loch Torridon wäre wirklich Fontini-Cristis Erfindung. Alles schien doch so logisch. Der Italiener kehrt mit einer perfekten Deckung zurück, um seine eigenen Arrangements zu treffen.« Brevourt setzte sich müde und verschränkte die Arme vor sich auf dem Tisch.
»Ist es Ihnen denn nicht in den Sinn gekommen, daß er in dem Fall zu uns gekommen wäre? Zu Ihnen?«
»Nein. Wir hätten ihm weder seine Ländereien noch seine Fabriken zurückgeben können.«
»Sie kennen ihn nicht«, meinte Teague und nickte langsam. »Sie haben sich auch nie die Mühe gemacht. Das war Ihr erster Fehler.«
»Ja, das war er wohl. Ich habe den größten Teil meines Lebens mit Lügnern gelebt. Da verlernt man es, die einfache Wahrheit zu erkennen.« Plötzlich blickte Brevourt zu dem Abwehrmann auf. Seine Augen heischten Bedauern, seine fahle Haut spannte sich über seinen Knochen, und die dunklen Ringe um seine Augen zeigten seine Erschöpfung. »Sie haben es nicht geglaubt, nicht wahr? Sie glaubten nicht, daß er tot wäre.«
»Nein.«
»Ich konnte das Risiko nicht eingehen, verstehen Sie, ich durfte es nicht. Ich habe akzeptiert, was Sie sagten, daß die Deutschen ihn nicht exekutieren würden, daß sie ihm einen Spürhund anhängen würden, herausfinden, wer er war, ihn benutzen. Aber in seinem Bericht stand es anders. Wenn er also tot war, so bedeutete das, daß die Fanatiker in Rom oder Xenope ihn getötet haben. Und das hätten sie nicht getan, wenn sie nicht sein Geheimnis erfahren hätten.«
»Und wenn sie das hätten, dann würde die
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